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Olympiapark: X-Games: Spiele der Superlative

Olympiapark

X-Games: Spiele der Superlative

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    Die X-Games machen zum ersten Mal Station in Deutschland. Die Wettbewerbe mit Skateboards, BMX-, Mountain- und Motocrossbikes sollen vor allem junge Zuschauer begeistern.
    Die X-Games machen zum ersten Mal Station in Deutschland. Die Wettbewerbe mit Skateboards, BMX-, Mountain- und Motocrossbikes sollen vor allem junge Zuschauer begeistern. Foto: EPA/NIC BOTHMA

    Coole Jungs schlurfen durch den Olympiapark, die Baseball-Caps schief auf dem Kopf. Das Skateboard klemmt unter dem Arm, die Hose hängt in den Kniekehlen. So stellt man sich München an diesem Wochenende vor. Und manchmal gibt es dieses Szenario tatsächlich, zwischen all den Familienvätern, Kindern und neugierigen Rentnern. Es sind Momente, in denen aus irgendeiner Ecke Musik dröhnt und sich die Sonne kurz durch eine Wolkenlücke zwängt.

    X-Games zum ersten Mal in Deutschland

    Oft ist es aber einfach nur so, wie man es befürchtet hat. Dann, wenn der Geruch von heißem Fett aus den Fritteusen der Essensstände durch die kühle Luft zieht. Wenn der Regen auf die beeindruckende Dachkonstruktion des Olympiastadions plätschert. Wenn Bier in Plastikbechern verkauft wird und Hersteller trendiger Sportgeräte für ihre bunten Produkte werben. Wenn japanische Touristen an einem Glücksrad um kleine Preise spielen.

    All dem zum Trotz erlebt München dieser Tage aber etwas Außergewöhnliches. Noch bis Sonntag gastieren die X-Games in der Landeshauptstadt, erstmals in Deutschland. Das Spektakel mit dem gelben X als Logo gilt als das Hochfest der Action-Sportarten. Ein Millionenspiel. Voll im Trend. Perfekt vermarktet. Durchgestylt. Und doch ganz speziell.

    Unsanftes Aufprallen und Schmerzensschreie

    Skateboard, BMX, Mountain- oder Motocrossbike heißen die Sportgeräte der Athleten. Damit stürzen sie sich Rampen hinab, katapultieren sich über Schanzen, hinein in aberwitzige Drehungen und Salti und landen dann wieder auf ihren fahrbaren Untersätzen. Meistens gelingt das auch. Bisweilen aber gehen Sportgerät und Sportler auf ihrem Flug getrennte Wege. Dann prallen die coolen Jungs mit den Baseball-Caps unsanft auf, schreien ihren Schmerz heraus und prügeln mit der Faust auf den Boden, ehe sie aufstehen, humpeln – und sich die nächste Rampe hinunterstürzen.

    Manchmal allerdings stehen sie nicht auf. Dann, wenn Knochen brechen und Bänder reißen. Denn im Ringen um immer noch wahnwitzigere Sprünge und noch höhere Wertungen der Punktrichter stoßen sie immer häufiger an die Grenzen der Physik.

    Winter-X-Games: Teilnehmer verunglückt tödlich

    Bei den Winter-X-Games im Januar endete einer dieser Stürze tragisch. Der 25-jährige Caleb Moore verunglückte bei einem Rückwärtssalto mit dem Schneemobil tödlich. Kurz darauf starb auch der Motocross-Freestyler Eigo Sato an den Folgen eines Sturzes.

    Das Nachrichtenmagazin Focus erzählte vor kurzem die Geschichte des 41-jährigen X-Games-Veteranen Kevin Robinson, der im Laufe seiner Karriere auf dem BMX 44 Operationen über sich ergehen lassen musste, 25 davon wegen diverser Knochenbrüche. Wie oft er ohnmächtig liegen geblieben ist, weiß er nicht mehr so genau.

    Stürze sind Teil der Show

    Die X-Games in München: Das Programm

    Samstag: 13 – 14.30 Uhr: BMX Park (Vorläufe und Finale) im Olympia-Eisstadion

    Samstag: 15.30 – 17 Uhr: Skateboard Big Air (Finale) Olympiasee

    Samstag: 19 – 20 Uhr: Enduro X Männer (1. Runde und Hoffnungslauf) Olympiastadion

    Samstag: 20 – 20.15 Uhr: Enduro X Frauen (Finale) Olympiastadion

    Samstag: 20.15 – 20.30 Uhr: Enduro X Männer (Finale) Olympiastadion

    20.30 – 22 Uhr: MTX Freestyle (Finale) Olympiastadion

    Sonntag: 13 – 14.30 Uhr: Street League Skateboarding (Finale) Eisstadion

    Sonntag: 15 – 16.30 Uhr: Mountain Bike Slopestyle (Finale) Olympiaberg

    Sonntag: 15 – 16.30 Uhr: Mountain Bike Slopestyle (Finale) Olympiaberg

    Sonntag: 17 – 19 Uhr: Ford RallyCross (1. Runde, Hoffnungslauf und Finale) FröttmaRing

    Stürze sind spektakulärer Teil einer gigantischen Show, die von dem amerikanischen TV-Sender ESPN aufwendig in Szene gesetzt wird. Das Logo des größten Sportkanals der Welt ist in München allgegenwärtig. 1995 stampfte der Sender, eine Tochter des Disney-Imperiums, die ersten X-Games aus dem Boden. Sie sollten eine Art Gegenentwurf zu den angestaubten Olympischen Spielen sein – jünger, moderner, cooler. Und wo sich die Weltspiele der Leichtathleten, Schwimmer, Turner oder Bogenschützen trotz aller Kommerzialisierung hinter dem Deckmäntelchen des olympischen Geistes verbergen, ging es bei den X-Games schon immer vor allem ums Geld.

    ESPN waren Anfang der 90er Jahre die jungen Zuschauer im Alter zwischen zwölf und 25 Jahren weggebrochen. Diese Generation konnte man mit den klassischen Sportarten nicht mehr begeistern. Für sie entwarfen die ESPN-Manager die X-Games – und das Konzept ging auf.

    Bis zu 300 Millionen Fernsehzuschauer

    120 Millionen Euro verdient der Sender inzwischen pro Jahr allein durch Lizenzgeschäfte und Merchandising mit dem Spektakel. Bis zu 300 Millionen größtenteils jugendliche Zuschauer weltweit verfolgen die Bilder aus München vor den Bildschirmen und treiben damit die Preise für die Werbeblöcke nach oben. Rund 100 000 Besucher werden von Donnerstag bis Sonntag in München erwartet. Stimmt diese Zahl, wären die X-Games die größte Veranstaltung im Olympiapark seit den Sommerspielen von 1972.

    Bei all diesen Superlativen gibt es aber auch Ärger, denn ESPN wacht streng darüber, wie und wo über die X-Games berichtet wird. Dabei geht es vor allem um die Rechte an Bildern und Videos.

    Nachrichtenagentur zieht Berichterstattung zurück

    Die größte deutsche Presseagentur, dpa, die auch unsere Zeitung abonniert hat, zog sich am vergangenen Mittwoch überraschend aus der Berichterstattung über die X-Games zurück. „Die Veranstalter haben der dpa einen Vertrag für Foto- und Videoberichterstattung vorgelegt, der für die dpa wegen zahlreicher Regeln, Verbote und Verpflichtungen nicht akzeptabel war“, heißt es zur Begründung in einer Mitteilung. Und weiter: „Für eine Berichterstattung über die X-Games reduzierte der Vertrag die Berichterstattung auf ausgesuchte Bereiche, enthielt diverse Lizenzbestimmungen und traf Regelungen zur Verwendung von Kameras.“ Die Arbeit der Fotografen sei unangemessen eingeschränkt oder behindert worden, daher verzichte die Agentur auch auf eine Wortberichterstattung.

    Für Arno Hartung, Pressesprecher der X-Games in München, ist dieser Schritt nicht nachvollziehbar. „Alle anderen Agenturen haben den Vertrag unterschrieben“, sagt er. Verträge dieser Art seien inzwischen bei fast allen Großveranstaltungen üblich. „Im Grunde ging es darum, dass ESPN nicht will, dass die Bilder für werbliche Zwecke verwendet werden. An Zeitungen hätte dpa ihre Bilder problemlos verkaufen können.“ Als im vergangenen Jahr die Deutsche Tourenwagen-Masters (DTM) im Münchner Olympiastadion gastierte, habe dpa einen Vertrag dieser Art noch ohne Murren unterschrieben.

    Finale der X-Games in Los Angeles

    Auf seinem Siegeszug um die Welt dürfte sich der US-Sender von derlei Querelen aber nicht aufhalten lassen. Erstmals haben die X-Games in diesem Jahr die USA verlassen. Südamerika und Europa haben sich die Marketingstrategen als neue Märkte erkoren, auch wenn es etwas weniger kommerziell klingt, wenn ESPN-Sprecherin Amy Lupo die Expansion so umschreibt: „Es geht uns darum, einer globalen Community Actionsportarten zu präsentieren. Skateboarden beispielsweise ist eine Sprache, die man weltweit versteht.“

    In Brasilien (Foz do Iguacu) und Spanien (Barcelona) haben die X-Games in diesem Sommer schon Station gemacht. Nach München kehrt der Tross in seine Heimat Los Angeles zurück. Dort steigt Anfang August das Finale.

    Gigantische Rampe im Olympiasee

    So spektakulär wie in München sind aber selbst in L. A. die Anlagen nicht. Mitten im Olympiasee ragt zum Beispiel eine gigantische Rampe auf. In der Sprache der X-Games heißt das Monstrum „Megaramp“. 26 Meter ist es hoch mit einem Neigungswinkel von 53 Grad.

    Mit Trockner, Wischlappen und Heizstrahler kämpfen die Helfer gegen den Regen. Denn damit dort die „Big Air“-Wettbewerbe mit dem Skateboard und dem BMX-Rad ausgetragen werden können, muss die Rampe trocken sein. Wer hier die Kontrolle über sich und sein Gefährt verliert, hat gute Chancen, außer dem Olympiapark auch ein Münchner Krankenhaus kennenzulernen.

    Spektakulärer Mountain Bike Parcour

    Gleiches widerfährt demjenigen, der wenige Meter weiter einen Fehler macht. Von der Spitze des Olympiabergs führt der Parcours im Mountain Bike Slopestyle hinab zum Olympiasee. Diese Disziplin erlebt in München ihre Weltpremiere. „Über Kicker, Drops, Quarterpipes und Gaps“ geht es laut offizieller Beschreibung den Hang hinab. Frei übersetzt ist es eine „Buckelpiste mit verschiedenen Schanzen“.

    Und wenn man die Athleten dabei beobachtet, wie sie diesen Parcours bewältigen, sind die X-Games dann doch genau so, wie man sie sich vorgestellt hat: Spektakulär.

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