„Wenn uns der TSV 1860, aus welchen Gründen auch immer, bitten sollte, aus dem jetzigen Vertrag auszusteigen, dann werde ich die Kapelle, die die Sechziger aus dem Stadion begleitet, persönlich mit dem Defiliermarsch anführen.“ Es ist noch gar nicht lange her, als Uli Hoeneß dem Bayerischen Rundfunk deutlich machte, wie ihm der lästige Nachbar auf die Nerven geht. 2010 hatte der Präsident des FC Bayern München noch diesen Traum, dass die Allianz-Arena nur noch in Bayern-Rot erstrahlt und nie mehr in Löwen-Blau.
Ein Jahr später scheint der Traum des FC Bayern vom eigenen Stadion endlich in Erfüllung zu gehen, denn der TSV 1860 steht vor der Insolvenz. Außer es finden sich noch Geldgeber, die bis zum Ende dieses Monats mindestens acht Millionen Euro an den maroden Klub überweisen. 3,5 Millionen Euro für die Sicherung des Spielbetriebs und 4,5 Millionen für Lizenz der kommenden Saison.
Löwen zahlen über gesamte Laufzeit 50 Millionen Euro
Doch anscheinend will Uli Hoeneß jetzt doch nicht mehr allein in der Arena spielen. Just in dem Moment, wo dem TSV 1860 das Wasser bis zur Oberlippe steht, entdeckt Hoeneß wieder sein Löwenherz und kämpft für die „Blauen“. Dass Hoeneß sich als „Löwen-Retter“ feiern lassen will, wäre allerdings nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit sieht der FC Bayern im Falle einer Insolvenz des TSV 1860 dicke Geldbündel die Isar runterschwimmen.
Schließlich haben die Bayern ja einen Vertrag mit dem TSV 1860 bis zum Jahr 2025. Bis zu diesem Zeitpunkt müssten die Löwen den Bayern locker 50 Millionen Euro Miete bezahlen. Da kann man auch als gestandener Bayern-Präsident ein kleines bisschen zum Löwen-Fan werden.
Die Geschichte war schon 2006 ernst. Damals dachten die Löwen laut darüber nach, Insolvenz anzumelden. „Wenn 1860 Insolvenz anmeldet, wäre das auch für den FC Bayern der Super-GAU“, warnte Hoeneß. Deshalb hat der FC Bayern den Löwen die Stadionanteile an der Arena abgekauft und den „Blauen“ großzügig ein Elf-Millionen-Darlehen vergeben. Auch auf dieses Geld müssten die Bayern verzichten, wenn 1860 in der Versenkung verschwindet.
Mit sämtlichen Tricks wurde zuletzt gearbeitet. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hätte der FC Bayern der Landesbank acht Millionen Euro für zwei Prozent Zinsen zur Verfügung gestellt und die Landesbank hätte den Betrag dem TSV 1860 mit vier Prozent Zinsen weiterreichen sollen. Die LfA-Förderbank hätte das Geschäft mit einer Bürgschaft absichern sollen. Dieser Deal ist aber gescheitert. Hoeneß machte dafür Wirtschaftsminister Martin Zeil verantwortlich. „Zeil hat mit Verspätung von dieser Rettungsaktion erfahren und war deshalb beleidigt“, meinte der Bayern-Präsident. Doch Zeil konnte laut einer Mitteilung seines Ministeriums gar nichts dafür. Der Verwaltungsrat der LfA-Förderbank lehne eine Förderung des Profisports generell ab.
Für den TSV 1860 beginnt nun der Wettlauf gegen die Zeit. Wieder einmal. Der Verein und seine Finanzen gleichen schon länger einem Verwirrspiel.
Oder war 1860-Präsident Dieter Schneider einfach nur zu optimistisch. Schließlich war die Insolvenz schon im Oktober ein Thema. Damals sagte Schneider der tz: „Der TSV 1860 lag auf der Intensivstation. Jetzt ist er nur noch Dauerpatient im Krankenhaus, der eine Therapie benötigt.“ Das klang so, als ob die Löwen das Schlimmste überstanden hätten, und so wurde es auch permanent nach außen getragen. Deshalb kam es schon ein wenig überraschend, dass der Klub nur ein halbes Jahr später wieder vor dem Ende steht.
Für den Traditionsverein, der 1966 unter Max Merkel deutscher Meister wurde, wiederholt sich womöglich Geschichte. Schon einmal, 1982, wurde dem Verein die Lizenz entzogen. Die Konsequenz war der Zwangsabstieg in die Bayernliga. Über Jahre kickte der TSV 1860 in Helmbrechts, Frohnlach oder Memmingen. Jetzt droht der nächste Absturz.