Für die Fans ist es das wichtigste Spiel des Jahres, für den Schalker Vereinschef Clemens Tönnies "eine kleine Meisterschaft". Obwohl beide Clubs momentan auf internationaler Bühne im Rampenlicht stehen, hat das Revierduell zwischen den Erzrivalen Schalke 04 und Borussia Dortmund nichts an Brisanz verloren. Nicht nur für einen im nahen Umfeld aufgewachsenen Profi wie Julian Draxler steigt vor dem Derby im Pott der Nervenkitzel. "Es ist das Spiel, das die ganze Region elektrisiert", kommentierte der Schalkes Jungstar voller Vorfreude.
Schmach aus dem Hinspiel gutmachen
Jakub Blaszczykowski ist im Gegensatz zu Draxler zwar nicht "auf Kohle" geboren, weiß aber auch um die Bedeutung des Klassikers. Nicht zuletzt deshalb schwor der Pole seine Dortmunder Mitstreiter mit ähnlichem Pathos auf die 142. Auflage des Duells am Samstag (15.30 Uhr) in Gelsenkirchen ein: "Diese Partie ist genauso bedeutend wie unser Champions-League-Spiel am Dienstag gegen Donezk."
Nur vier Tage nach der 3:0-Gala gegen den ukrainischen Meister und dem umjubelten Einzug ins Viertelfinale der europäischen Königsklasse steht der BVB erneut unter Zugzwang. "Wir haben nach der Schmach aus dem Hinspiel etwas gutzumachen", bekannte Kapitän Sebastian Kehl mit Bezug auf die 1:2-Heimniederlage am 20. Oktober 2012.
Nach Siegen gegen Hannover und Donezk will der Tabellenzweite der Fußball-Bundesliga die knifflige Woche mit einem weiteren Erfolgserlebnis abschließen und der neuerlichen Qualifikation für die Champions League ein Stück näher kommen. "Es bietet sich die Möglichkeit, etwas mehr Abstand zu schaffen zu den Plätzen, die wir nicht mehr als Erfolg akzeptieren würden", sagte Trainer Jürgen Klopp.
Schalke sieht sich auf Augenhöhe mit dem BVB
Prognose: Bayern wird Meister, Fürth steigt ab
FC Bayern - Oben bleibt oben: Abgesehen von Naturkatastrophen und Epidemien gibt es nicht mehr viel, was die 23. Meisterschaft für den FC Bayern noch verhindern könnte. Die Konkurrenz schickt bereits kaum verhüllte Gratulationsbotschaften. Im Sommer löst Pep Guardiola den 67-jährigen Jupp Heynckes ab. Dabei würde es auch genügen, wenn die Münchner ihren Zeugwart auf die Bank setzen. Abgang: Weiser (Lautern/ausgel.) Prognose: Bayern wird Meister – und die Erde ist eine Kugel.
Bayer Leverkusen - Respektabler Vize: Bayer hat sich „Vizekusen“ schon 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen, auf dass damit „kein Schindluder getrieben werde“, wie es hieß. Dabei haben die Leverkusener den Begriff gar nicht selbst erfunden, sie haben nur die Idee dafür geliefert, indem sie ziemlich of Zweiter geworden sind. Immerhin: Sie präsentieren sich wieder als respektabler Vize. „Meisterkusen“ haben sie sich ebenfalls patentieren lassen. Für alle Fälle. Ab-/Zugänge: Augusto (São Paulo/3,5 Mio.), Pamic (Din. Zagreb 230 000)/Milik (Gornic Zabrze 2,8 Mio.) Prognose: Mehr als Platz zwei ist nicht drin, weniger schon.
Borussia Dortmund - Alter Meister: Es ist nicht despektierlich, vom BVB als Altmeister zu sprechen. Zwölf Punkte Rückstand auf Bayern sind auch mit Nuri Sahin nicht aufzuholen. Wenigstens könnte aus dessen leihweiser Rückkehr noch ein gutes Geschäft werden. Vor zwei Jahren musste die Borussia ihr Juwel für zehn Millionen Euro ziehen lassen. Nun kann sie Sahin für sechs Millionen zurückkaufen. Ab-/Zugänge: Perisic (Wolfsburg/7,5 Mio.) / Sahin (Real Madrid/ausgeliehen) Prognose: Dortmund überholt Bayer.
Eintracht Frankfurt - Blick Richtung Europacup: Frankfurt hat das Prädikat „Überraschungsmannschaft der Saison“ locker in die Winterpause gerettet. Inzwischen spricht selbst der notorisch pessimistische Vorstandschef Heribert Bruchhagen vom Europacup. Momentan arbeitet der Klub noch an seinem Rückrundenpersonal. Lakic soll vom VfL Wolfsburg ausgeliehen werden, dafür wollen die Hessen Friend, Koemaha und Köhler abgeben. Zugang: Russ (Wolfsburg/ausgel.) Prognose: Frankfurt spielt international.
SC Freiburg - Breisgauer Streich-Konzerte: Man muss kein Schwarzwälder sein, um den SC Freiburg zu mögen. Er ist bis heute der etwas andere Klub geblieben, der die Bundesliga mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten bereichert. Eine Kategorie, in die auch Christian Streich gehört, das sympathische Gesicht der Breisgauer. Es passt zum Sportclub, dass er der Effizienz-Tabelle (Verhältnis von Personalkosten zu gewonnenen Punkten) Spitzenreiter ist (620 000 Euro für jeden der 26 Zähler). Zum Vergleich: Schlusslicht Wolfsburg: 4,7 Millionen Euro pro Punkt. Abgang: Keine Prognose: Am Ende wird kein internationaler Platz bleiben.
FSV Mainz - Mainz bleibt Mainz: Der feingeistige Thomas Tuchel ist in so ziemlich allem das Gegenteil von Freiburgs Christian Streich. Für die Mainzer ist Tuchel aber exakt dasselbe was Streich für die Freiburger ist: Programmatischer Geist. Mainz startet unverändert in die Rückrunde, also mit Torjäger Szalai (9 Treffer), für den es namhafte Interessenten gibt. Ab-/Zugänge: Keine Prognose: Mainz fällt aus den internationalen Rängen heraus.
FC Schalke 04 - Ein Mann des Übergangs: Man wird sich erst daran gewöhnen müssen, dass Huub Stevens nicht mehr auf der Schalker Bank sitzt und nach dem Spiel die Journalisten anraunzt. Es war ja schon fast Weihnachten, als Schalkes „Jahrhunderttrainer“ gehen musste. Eine Verzweiflungstat. Keiner wusste, wie sonst die Talfahrt zu stoppen wäre, die Schalke nach dem besten Saisonstart seit langem ins Mittelmaß abrutschen ließ. Stevens’ Nachfolger Jens Keller ist ein Mann des Übergangs, der auch nach Niederlagen noch ganze Sätze spricht. Zugänge: Edu (Fürth), Raffael (Dyn. Kiew/ bd. ausgeliehen) Prognose: Platz vier bis sechs.
Mönchengladbach - Der Prototyp entwickelt sich: Die Borussia hat sich mühsam daran gewöhnen müssen, dass Reus jetzt in Dortmund zaubert und Dante in München verteidigt. Gladbach erlebt eine Zwischensaison. Lucien Favre bastelt noch an einer neuen Mannschaft. Sein Prototyp entwickelt sich, auch wenn im Moment noch keiner sagen kann wohin. Ab-/Zugänge: Keine Prognose: Zwischen Platz acht und zwölf – mit Tendenz zu zwölf.
VfB Stuttgart - Weiter mit Labbadia: Der Verein muss sparen. Keine erfreuliche Botschaft für einen Trainer. Er muss dann mit den Spielern auskommen, die er hat. Reicht deren Qualität aber nur für Mittelmaß während Präsidium und Fans von Spitzenklasse träumen, hat der Trainer ein Problem. Das ist der Grund, warum sich die Vertragsgespräche des VfB mit Bruno Labbadia in die Länge ziehen. Abgang: Maza (Club America/2,0 Mio.) Prognose: Labaddia bleibt; der VfB pendelt um Platz zehn.
Hamburger SV - Alles hängt an Sylvie: Dass Sylvie van der Vaart die bedeutendste Spielerfrau im deutschen Fußball ist, war schon vor der Trennung von Ehemann Rafael klar. Nun, da in Hamburg gerade wieder Hoffnung aufkeimt, der HSV könne den Abstieg vielleicht auch ohne Sylvie an Rafaels Seite vermeiden, soll alles plötzlich ganz anders sein. Sylvie spricht von Wiedervereinigung. Hamburg ist verwirrt. Eine Frau macht beim HSV das Spiel. Abgang: Mickel (Fürth) Prognose: Der HSV bleibt in der Liga.
Hannover 96 - Spieler bräuchten jetzt Pause: Eigentlich ist es so, dass am Ende einer Spielpause alle gesund und fit sind, um sich mit neuen Kräften ans Werk zu machen. In Hannover aber fehlt vor der Partie heute Abend in Gelsenkirchen gleich ein halbes Dutzend Stammkräfte. Nicht zuletzt deshalb hätten die 96er Pawel Wloszek dringend gebraucht. Der polnische Nationalspieler aber hat das Geschäft um ihn platzen lassen. Ab-/Zugänge: Hauger (Elfsborg/200 000)/Hoffmann (Duisburg/800 000), Djourou (Arsenal, ausgel.), Franca (Coritiba FC/1,3 Mio.) Prognose: Hannover wird Mühe haben, Platz elf zu halten.
Werder Bremen - Elia trifft: Die gute Bremer Nachricht: Elia, 5,5-Millionen-Euro-Einkauf, hat getroffen. Die schlechte: Es war ein Betonklotz, den der Holländer mit seinem VW Golf gerammt hat. Auf ein Ligator wartet Elia seit 17 Partien vergebens. Ab-/Zugänge: Affolter (Bern), Stevanovic (PEC Zwolle, ausgel.) / Pavlovic (Zagreb/650 000) Prognose: Werder führt Schlussdrittel an.
Fortuna Düsseldorf - Gespräche mit den Fans: Der Ruf der Düsseldorfer Fans ist nicht mehr der beste, seit jecke Fortunen vergangenen Mai freudetrunken den Platz gestürmt haben, obwohl das Spiel noch nicht beendet war und nebenbei auch einen Elfmeterpunkt verschwinden ließen. Ähnliches soll nicht mehr vorkommen. Fans und Verein haben diese Woche miteinander gesprochen. Wenigstens die Elfmeterpunkte dürften jetzt sicher sein. Ab-/Zugänge: Furuholm (Halle), Omae (Shimizu), Bolly (Lilleström/500 000), Tesche (HSV/ausgel.), Latka (Slavia Prag) Prognose: Düsseldorf bleibt oben
1. FC Nürnberg - Schäfer sagt, was wichtig ist: „Es bringt nichts, wenn wir vorne drei Tore schießen und hinten vier kassieren“, hat Schäfer diese Woche erklärt. Damit hat der Torhüter das Wesen des Spiels erkannt. Alles Weitere erfahren die Nürnberger von Trainer Michael Wiesinger, der die Nachfolge des nach Wolfsburg abgewanderten Dieter Hecking angetreten hat. Ab-/Zugänge: Keine Prognose: Relegation oder Abstieg.
VfL Wolfsburg - Neues Gespann, neuer Kurs: Kein Verein hat zuletzt so viel Geld ausgegeben und so wenig damit erreicht. Das soll nun anders werden. Dafür will das neue Manager/Trainer-Gespann Thomas Allofs/Dieter Hecking sorgen. Muss es auch. Der VW-Konzern will sparen. Ab-/Zugänge: Park (Fürth), Russ (Frankfurt, bd. ausgel.)/Perisic (BVB/7,5 Mio.) Prognose: Gesichertes Mittelfeld.
TSG Hoffenheim - Wiese ist wieder Nummer 1: Eigentlich ist Tim Wiese in den Kraichgau gekommen, um Europacup zu spielen. Stattdessen hat Hoffenheim auf einem Relegationsplatz überwintert. Der Klub entwickelt sich mit 41 Gegentoren zur Schießbude der Liga und Trainer Babbel degradiert Wiese zur Nummer 2. Nun ist Babbel weg und Wiese zurück. Babbel-Nachfolger Marco Kurz setzt auf Wiese, wenn auch nicht mehr als Kapitän. Zugang: Advincula (Sp. Lima/900 000) Prognose: Die TSG rettet sich.
FC Augsburg - Der Managermacher: In anderen Vereinen ist der Trainerjob der unsicherste, in Augsburg ist es der Managerposten. Der FCA hat es in einem halben Jahr auf respektable drei Akteure in diesem Amt gebracht. Nach Manfred Paula und Jürgen Rollmann darf sich nun Stefan Reuter versuchen. Nicht auszuschließen, dass es bei fortgesetztem Misserfolg zur Abwechslung mal wieder den Trainer trifft. Ab-/Zugänge: –/Parkhurst (Nordsjaelland), Ji (Sunderland/ausgeliehen) Prognose: Viel Glück vorausgesetzt – der Relegationsplatz.
Greuther Fürth - Großes Herz, kleiner Ertrag: Der Aufsteiger steht dort, wo er hingehört – ganz unten. So groß das Herz ist, mit dem die Fürther in der Bundesliga ums Überleben kämpfen, so gering sind die Erträge. Auch das neue Personal wird die Franken nicht mehr retten. Ab/-Zugänge: Mikkelsen (Trondheim) / Edu (Schalke)/ Djurdjic (FK Haugesund, 1,0 Mio.), Zimmermann (Mönchengladbach, ausgeliehen), Mickel (Hamburger SV), Park (Wolfsburg) Prognose: Fürth steigt ab.
Einfach wird das nicht. Schließlich präsentierte sich der lange Zeit wankende Rivale zuletzt wieder in stabiler Verfassung. Nach dem 2:1 über Düsseldorf und dem 4:1 in Wolfsburg liebäugeln die Schalker wieder mit einem Platz in der Champions League. Bei nur noch zwei Punkten Rückstand auf den Tabellenvierten Frankfurt liegt das Ziel in greifbarer Nähe. Der Coup im Hinspiel und der Aufwärtstrend sorgen für Selbstvertrauen. "Wir brauchen uns nicht zu verstecken, sind auf Augenhöhe", sagte Marco Höger der "Bild" (Freitag) ungeachtet des üppigen Zehn-Punkte-Rückstandes auf den BVB.
Die beiden Bundesliga-Erfolge taten nicht nur dem Schalker Punktekonto, sondern auch dem Betriebsklima gut: Erstmals seit seinem kritisch beäugtem Amtsantritt kurz vor Weihnachten konnte Trainer Jens Keller zuletzt ohne Medienschelte arbeiten. Weitere Erfolge gegen Dortmund und im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League am Dienstag gegen Galatasaray Istanbul könnten dazu führen, dass die Interims- plötzlich als Dauerlösung angesehen wird. Entsprechende Fragen beantwortete Keller gewohnt zurückhaltend: "Ich bin bereits beim FC Schalke angekommen - unabhängig vom Ausgang des Derbys."
Polizei erwartet schwieriges Spiel
Aufsichtsratschef Tönnies lobte in einem Interview mit den Zeitungen der WAZ-Gruppe die Arbeit des Fußball-Lehrers: "Ich freue mich auch darüber, dass sich die Entscheidung für Jens Keller als richtig erweist. Diesem Trainer muss man es hoch anrechnen, wie er die Dinge in einer schwierigen Phase angepackt hat."
Weniger Vorfreude auf die Partie als bei den Profis herrscht bei der Polizei. Mehr als 1000 Beamte werden am Samstag eingesetzt. Bereits am Mittwochabend hatte es am Dortmunder Flughafen eine Schlägerei zwischen rivalisierenden Fangruppen gegeben. Dennoch herrscht Zuversicht, dass ähnliche Vorfälle ausbleiben. "Wir erwarten ein friedliches Revierderby", sagte Polizeisprecher Guido Hesse. Ähnlich äußerte sich Schalkes Sportvorstand Horst Heldt: "Wir sind gut vorbereitet und hoffen, dass die Rivalität nur auf dem Platz ausgetragen wird." dpa/AZ