Wenn Schiedsrichter über Tage hinweg in den Schlagzeilen stehen, kann man sich dafür nicht viele Gründe vorstellen: einen unberechtigten Elfmeter in der Nachspielzeit eines WM-Finales vielleicht, eine Bestechungsaffäre, nichts Positives jedenfalls. Auch für Wolfgang Stark dürften die vergangenen Wochen eher unerfreulich gewesen sein.
Skandalspiel
Der 41-Jährige hat zuletzt viel Zeit in Gerichtssälen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verbracht. Was dort behandelt wurde, ist in den Medien in den einfachsten Varianten als „Skandalspiel“ betitelt worden. Es ging um die Vorgänge rund um die Relegationspartie zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC, um Randale, Beleidigungen und Handgreiflichkeiten im Kabinengang.
Stark hat in diesem Tumult stets die Übersicht behalten. Ein Sportrichter lobte ihn während der Anhörung für seine „bayerische Bierruhe“. „Wir sind sehr froh, dass wir unseren erfahrensten Mann für dieses Spiel angesetzt haben“, gab Herbert Fandel, der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichterkommission, zu Protokoll.
Heikle Aufgabe
Am heutigen Dienstag kehrt Stark auf den Platz zurück. Es ist sein erster Auftritt als Schiedsrichter nach dem Spiel von Düsseldorf – und es ist erneut eine heikle Aufgabe. In Warschau wird Stark die Vorrundenpartie zwischen Polen und Russland leiten, sportlich wie politisch ein Duell mit Brisanz. Bange ist ihm trotzdem nicht. „Wir fühlen uns körperlich sowie mental bestens gerüstet“, hatte Stark vor seiner Abreise nach Polen gesagt.
Seit Anfang vergangener Woche wohnt der Bankkaufmann aus Ergolding bei Landshut im streng abgeriegelten Schiedsrichterhotel in Warschau. Dort bereitet er sich auf seine erste Europameisterschaft vor, die auch seine letzte sein wird. Aus Altersgründen scheidet der 1,90-Meter-Mann danach aus dem Kandidatenkreis aus. Doch Stark hat sich im Lauf seiner Karriere als Schiedsrichter derart bewährt, dass der europäische Fußballverband Uefa gut daran getan hat, den aktuell wohl besten deutschen Unparteiischen nun noch für die EM zu nominieren.
Stark war Schiedsrichter bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, stand bei etwa 260 Bundesligapartien auf dem Rasen, zuletzt hat er das Europa-League-Finale zwischen Atlético Madrid und Athletic Bilbao gepfiffen. Die EM ist einer der letzten Höhepunkte, der ihm noch fehlt. „Es ist das große Ereignis der Uefa, da möchte man natürlich auch als Schiedsrichter dabei sein“, sagt Stark. Beim Finale allerdings kann er nur dabei sein, sollte die deutsche Mannschaft in der Vorrunde scheitern.