Fast immer, wenn in den vergangenen Jahren über das Thema Homosexualität im Profisport berichtet wurde, war zu hören, es müsse schon aus statistischen Gründen in Deutschland mehrere schwule Bundesliga-Spieler geben. Doch im gleichen Atemzug haben Journalisten, Spieler oder Funktionäre den betreffenden Sportlern meist öffentlich von einem Outing abgeraten. Nur teilweise beherzigt hat dies nun ein junger Mann, der für einen Verein aus der Bundesliga aktiv ist.
Mehrere homosexuelle Spieler in der Liga
In einem in dieser Form einzigartigen Interview hat er dem Journalisten Adrian Bechtold über sein Leben als schwuler Fußallprofi erzählt. Der Spieler gab darin an, sich nicht outen zu wollen und gegenüber den Öffentlichkeit alles zu leugnen, käme seine Homosexualität bei einem Interview zur Sprache. In dem Gespräch, das im fluter., dem Jugendmagazin der Bundeszentrale für politische Bildung, erschienen ist, ging es auch um das Verhältnis des Spielers zu seinen Kollegen. Demnach gebe es in der Liga mehrere homosexuelle Spieler und auch seine heterosexuellen Mitspieler wüssten vermutlich Bescheid. Gesprochen werde aber nicht über das Thema.
Lahm: Fußball anders als Politik und Showgeschäft
Das Thema Homosexualität im Profisport generell, im Besonderen aber in der Männerdomäne Fußball, gilt als sehr heikel. Auch wenn sich in jüngerer Zeit immer mehr Spieler und Funktionäre tolerant und ermutigend geäußert haben, hatte noch kein Bundesliga-Spieler den Mut, sich zu outen. Daran konnten auch die Äußerungen von Nationalspielern wie Mario Gomez nichts ändern. Der Stürmer hatte 2010 in einem Interview mit der Zeitschrift Bunte Parallelen zur Gesamtgesellschaft gezogen und erklärt, in Zeiten in denen Spitzenpolitiker wie Klaus Wowereit oder Guido Westerwelle offen schwul leben könnten, müsse dies für Spitzensportler genauso möglich sein.
Denn fast immer, wenn über das Thema berichtet wird, gibt es auch Stimmen wie die vom Kapitän der Fußballnationalmannschaft, Philipp Lahm, der im Mai 2011 ebenfalls in einem Interview mit der Bunten, schwulen Profis davon abriet, sich zu outen. Der Fußball sei andersals das Showgeschäft oder die Politik. Im Sport sei man dem regelmäßigen öffentlichen Druck durch Fans und Gegenspieler ausgesetzt und müsse mit Schmährufen rechnen.
Situation im Frauenfußball nur bedingt anders
Anders ist dies im Frauenfußball. Vielleicht auch durch die geringere öffentliche Aufmerksamkeit bedingt, gibt es immer wieder Spielerinnen, die mehr oder weniger offen homosexuell leben. Ein Beispiel hierfür ist die ehemalige Torhüterin der deutschen Nationalmannschaft, Ursula Holl, die kein Geheimnis daraus macht, dass sie mit einer Frau verheiratet ist. Doch auch in dieser Branche wird das Thema gerne tabuisiert - vor allem, wenn es um die öffentliche Vermarktung des Frauenfußballs geht, die durch die WM 2011 in Deutschland eigentlich angeschoben werden wollte, nun aber schon wieder ins Stocken gekommen zu sein scheint.
DFB nicht immer souverän im Umgang mit Homosexualität im Fußball
Und auch wenn sich die Offiziellen gerade seitens des DFB ein vehementes Eintreten für die Gleichberechtigung schwuler Fußballprofis auf die Fahnen geschrieben haben - vor allem Ex-Präsident Theo Zwanziger hatte sich immer wieder eindeutig zu diesem Vorhaben bekannt - scheint der Umgang mit dem Thema Homosexualität im Fußball oftmals recht verkrampft. Dies zeigt zum Beispiel die Reaktion des Managers der deutschen Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, auf einen im Jahr 2011 ausgestrahlten Tatort, der das Outing eines schwulen Fußballprofis im Umfeld der DFB-Elf thematisierte. Bierhoff sagt damals gegenüber der Bild, er finde es schade, dass die Prominenz der Nationalmannschaft missbraucht würde, um "irgendein Thema" zu entwickeln und er werte dies als "Angriff auf die Familie der Nationalmannschaft". Auch der uneindeutige Kurs der DFB-Spitze in der Affäre um Manfred Amerell und Michael Kempter trug nicht dazu bei, das Bild zu vermitteln, der Verband ginge souverän mit dem Thema Homosexualität um.
Schwuler Profi wünscht sich weitere Outings
Der homosexuelle Profi, der sich nun in einem Interview geäußert hat, wünscht sich indes, dass andere Profis seinem Beispiel folgen. Vielleicht könne er in einem Jahr wieder ein Interview geben und dann seinen Namen unter den Text setzen, so seine Hoffnung.