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Interview: „Mit Poschmann begann der Niedergang des ZDF-Sports“

Interview

„Mit Poschmann begann der Niedergang des ZDF-Sports“

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    Bernd Heller
    Bernd Heller

    Wetzlar Für viele war er der beste Sportstudio-Moderator, den das ZDF je hatte. Charmant, eloquent, informativ. Aber auch unbequem, unangepasst, kritisch. 1993 war für Bernd Heller Schluss. Der ausgebildete Rechtsanwalt ging zum Nachrichtensender n-tv. Inzwischen ist der ehemalige süddeutsche Meister im Stabhochsprung 65.

    Herr Heller, um Sie ist es still geworden. Was machen Sie heute?

    Heller: Ich produziere Filme, in erster Linie für Industrie und Wirtschaft.

    Können Sie rückblickend für sich behaupten, bei Ihrem Abschied vom ZDF 1993 alles richtig gemacht zu haben?

    Heller: Ja, denn ich habe mich noch nie verbiegen lassen. Als unser damaliger Chefredakteur Klaus Bresser den Wunsch des Intendanten Dieter Stolte über eine Ablösung als Sportstudio-Moderator an mich herantrug, war mir klar, dass ich beim Zweiten keine Zukunft mehr haben werde. Nur noch Reporter bei der Leichtathletik oder beim Fußball zu sein, das wollte ich auf keinen Fall.

    Warum mussten Sie das Sportstudio verlassen?

    Heller: Im Zusammenhang mit der Affäre um den Sprinter Ben Johnson habe ich den Umgang deutscher Funktionäre mit dem Thema Doping angeprangert, und nicht nur dabei. Der damalige Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, Willi Daume, saß im ZDF-Aufsichtsrat und empfand meine Berichte und Kommentare in Sachen Doping als zu sehr Unruhe stiftend.

    Bühne frei für die jungen Wilden, wie den damals auch nicht viel jüngeren Wolf-Dieter Poschmann, Rudi Cerne, Michael Steinbrecher und Johannes Kerner …

    Heller: Und vor allem für Christine Reinhardt, die sich mit meiner Nachfolge keinen Gefallen getan hat. Die Frau war völlig überfordert.

    Tut es Ihnen heute weh, samstagabends das Sportstudio anzuschalten?

    Heller: Weh ist sicher nicht der richtige Ausdruck, ich bin eher traurig. Als Wolf-Dieter Poschmann die Nachfolge von Karl Senne antrat, begann der Niedergang des ZDF-Sports. Er hat alle Leute, die Profil hatten, verprellt, er hat stets versucht, alle klein zu halten, damit nur er glänzen konnte. Die heutige Monothematik des Sportstudios ist unerträglich geworden.

    Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Kollegen wie Dieter Kürten oder Harry Valérien, mit denen Sie 13 Jahre lang das ZDF-Sportstudio im Wechsel präsentiert haben?

    Heller: Nein! Nur Günther Jauch hat nach meiner Demission mal angerufen. Ansonsten herrscht Funkstille. Bestes Beispiel: Michael Steinbrecher, mit dem ich noch zwei Jahre zusammengearbeitet habe. Ich bin mal auf einer Bahnfahrt in ein Abteil zugestiegen, in dem er saß. Er tat so, als würde er mich nicht kennen und hat später das Abteil grußlos verlassen.

    Wenn Sie einen der zahlreichen Fernseh-Reporter zu loben hätten …

    Heller: Mir fallen eigentlich nur zwei Reporter ein, die gut sind. Tom Bartels in der ARD und natürlich Béla Réthy vom ZDF. Er ist der Einzige, der es versteht, nicht das zu kommentieren, was ich ohnehin sehe. Interview: Alexander Fischer

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