Man muss viel Phantasie haben, um in diesem Kerl noch etwas von jenem Harry Potter zu sehen, als der er vor Jahren als Trainer die Mainzer Fußballbühne betreten hat. Damals war Jürgen Klopp 34 und sah aus wie 14. Schnittlauchmähne, Nickelbrille, Kapuzenshirt. Ein pfiffiger Schelm und streitbarer Diskutant, dem die Plattitüden des Fußballs zuwider sind. Auf einen solchen Zauberlehrling hatte der Fußball gewartet.
Ein paar verpasste Friseurbesuche später ist Klopp 43. Er hat die Bühne gewechselt. Von der Mainzer Provinz nach Dortmund, wo zu jedem Heimspiel 80.000 Menschen kommen, für die ein Stadionbesuch kein Event, sondern eine Herzenssache ist.
Unten steht Kloppo. Er ist jetzt nicht mehr zu jedem so nett wie früher. Manchmal schnauzt er den Schiedsrichter derart an, dass er sich hinterher entschuldigen muss. Der Job hinterlässt nicht nur äußerlich Spuren.
Im tiefsten Innern aber ist Jürgen Klopp noch immer Zauberlehrling. Einer, der Fußballtalent entdeckt, wo andere nur einen Grobmotoriker sehen. Einer, dem keiner zu jung ist, der im Zweifel den Milchgesichtern den Vorzug gegenüber alten Haudegen gibt.
So hat Klopp aus einem überschuldeten Pleiteverein die beste Mannschaft des Landes gezaubert. Klopps Truppe, die jüngste, die je für Borussia Dortmund gespielt hat (Altersschnitt 22,3 Jahre), wird am Saisonende Meister werden.
Am Samstag haben die Schwarz-Gelben den FC Bayern 3:1 besiegt – man könnte auch sagen gedemütigt. Wer das wagt, muss damit rechnen, bald auf der Münchner Gehaltsliste zu stehen.
Klopp war bereits einmal Kandidat – dann haben sich die Bayern für Klinsmann entschieden. Noch einmal wird er nicht so leicht davonkommen. Klopps Vertrag in Dortmund läuft bis 2014, aber wenn die Bayern einen brauchen, dann kriegen sie den auch.