Jonas Hector hat noch nie einen Titel gewonnen. Unter dem Punkt „Erfolge“ steht in den Informationsbroschüren des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bei ihm ein Strich. Das ist insofern erwähnenswert, als die meisten der 21 Akteure, die Bundestrainer Joachim Löw für die WM-Qualifikationsspiele gegen Tschechien und Nordirland nominiert hat, bereits haufenweise Trophäen gesammelt haben.
Der 26-jährige Verteidiger des 1. FC Köln aber hat noch nicht einmal Europa League, geschweige denn Champions League gespielt. Das hat weniger mit Hector zu tun, als mehr mit dem 1. FC , der (noch) kein Anwärter auf die großen Fußball-Bühnen ist. Demnach ist Hector auch weit und breit der einzige Kölner in Löws Kader.
Jonas Hector ist alles andere als ein Fußball-Held
Weil sich daran kurzfristig wenig ändern dürfte, wird Hector noch einige Zeit mit dem Strich leben müssen. Der 26-Jährige hat seinen Vertrag bei den Geißböcken bis 2021 verlängert. Das passt zu ihm.
Hector ist in vielem anders als andere Fußball-Profis. Man könnte mit seinem Namen beginnen. Jonas und Hektor. Der eine Bibel-, der andere Sagenfigur. Beides irgendwie Helden. Aber das würde in seinem Fall auf die falsche Fährte führen. Jonas Hector ist völlig unheroisch. Fußball-Pathos ist ihm fremd.
Inmitten des überdrehten Getriebes der Branche wirkt er wohltuend normal. Ein Wesenszug der Spätberufenen, die sich an der Talentschulung des DFB vorbei entwickelt haben. Als Hector 18 war, lockte der VfL Bochum mit einem Profi-Vertrag. Hector blieb lieber als Amateur bei seinem saarländischen Heimatclub SV Auersmacher, mit dem er gerade in die Oberliga aufgestiegen war. Anschließend kickte er in der zweiten Mannschaft des 1. FC Köln, ehe er den Sprung in die Zweitliga-Elf schaffte.
Mehmet Scholl riet Hector, es langsam angehen zu lassen
Dazwischen absolvierte er ein Probetraining beim FC Bayern II. Dessen damaliger Trainer Mehmet Scholl riet ihm, die Karriere Schritt für Schritt zu gehen. Was hieß: Erst mal einen Schritt zurück.
Der 1,85 Meter große Verteidiger ist kein Jahrhunderttalent. Er muss sich den Fortschritt erarbeiten. Dafür ist er mit Schnelligkeit, Ausdauer und Offensivgeist gesegnet. Eigenschaften, die ihn Anfang 2015 nach seinem Bundesliga-Aufstieg mit Köln in die Nationalelf befördert haben. Dort hat sich der Kölner zur Konstante auf der linken Seite der Viererkette entwickelt.
Gegen Tschechien stand Hector zum 22. Mal in Folge in der Startformation. Ein typischer Hector-Auftritt: Erst seinen Gegenspieler müde gelaufen, dann Thomas Müller den Ball im Stile eines Außenstürmers zum 3:0-Endstand serviert.
Hector verliert darüber keine großen Worte. Lieber blickt er gelassen über den Tellerrand des Fußballs hinaus. Er studiert an einer Fern-Uni Betriebswirtschaft. Dass er gelegentlich Brille trägt, hat ihm den Spitznamen „Schlaubi“ eingebracht, angelehnt an den nervigen Schlumpf, der alles besser weiß. Tatsächlich aber ist Hector auch hier anders.
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