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FC Bayern München: Hoeneß und die Ultras: der "Metzger" und die Meute

FC Bayern München

Hoeneß und die Ultras: der "Metzger" und die Meute

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    Bayern-Fans  verliehen beim Heimspiel gegen Gladbach ihrer Abneigung gegen Stadtrivale 1860 München mit Plakten Ausdruck. Der Vorstand des FC Bayern München hat die heftigen Beleidigungen einiger seiner Fans gegen Präsident Uli Hoeneß mittlerweile "aufs Schärfste" verurteilt.
    Bayern-Fans verliehen beim Heimspiel gegen Gladbach ihrer Abneigung gegen Stadtrivale 1860 München mit Plakten Ausdruck. Der Vorstand des FC Bayern München hat die heftigen Beleidigungen einiger seiner Fans gegen Präsident Uli Hoeneß mittlerweile "aufs Schärfste" verurteilt. Foto: dpa

    Es war nur ein Plakat von vielen, aber die Worte darauf trafen. "Wer den Blauen Millionen zuschiebt, hat unser Vertrauen nicht verdient. Hoeneß, du Lügner!" Kein anderes Banner sprach so eine deutliche Sprache. Und kein anderes ließ so tief Blicken in die Psyche einer Fankultur, die für Außenstehende nur schwer zu begreifen ist.

    Selbst Tage nach dem Skandal im Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach bleibt Uli Hoeneß noch immer stumm. Er sei tief getroffen, traurig und gekränkt, heißt es in München. Uli Hoeneß, der personifizierten Abteilung Attacke, fehlen die Worte. Und so waren es gestern die anderen Größen des FC Bayern, die zu den Vorgängen in der Südkurve am vergangenen Wochenende Stellung bezogen - mit deutlichen Worten.

    Der Vorstand empfinde die Beleidigungen gegenüber Uli Hoeneß als unverschämt, untragbar und nicht akzeptabel, hieß es. „Wir sind über die blamablen Vorkommnisse in der Allianz Arena nach wie vor extrem irritiert", versicherten die Vorstände Karl-Heinz Rummenigge und Karl Hopfner. „So ein Auftreten und Fehlverhalten gegenüber Uli Hoeneß entspricht nicht dem Stil des FC Bayern und wird von uns niemals akzeptiert. Die Verdienste von Uli Hoeneß sind nicht hoch genug zu bewerten und wurden hier mit Füßen getreten. So etwas darf in Zukunft nie wieder vorkommen.“

    Die Verdienste des Uli Hoeneß - sie scheinen dieser Tage in den Hintergrund zu rücken. Seitdem der gebürtige Ulmer 1979 den Managerposten bei den Bayern übernahm, ist der Umsatz von zwölf Millionen Mark auf 312 Millionen Euro gestiegen. Mit Hoeneß als Spieler, Manager und Präsident wurde der FCB 20-mal deutscher Meister sowie elfmal DFB-Pokalsieger und fuhr sieben internationale Titel ein.

    Aber für manche Fans gibt es anscheinend Dinge, die bewegender sind. Beim Kern der roten Ultra-Bewegung heißt das Bewegensde davon TSV 1860 München. Es ist kein Geheimnis, dass der FCB in der Vergangenheit den klammen Löwen immer wieder finanziell unter die Arme griff. Mit der Erklärung, den von der Pleite bedrohten Löwen einen Zahlungsaufschub ihrer Verbindlichkeiten von 2,1 Millionen Euro zuzugestehen, war für die tiefrote Szene das Maß nun voll. Man begehe einen durch nichts zu entschuldigenden Tabubruch damit, einem Verein wieder Lebensatem einzuhauchen, "der seit Jahrzehnten keinen anderen Existenzgrund mehr hat, als unserem FC Bayern ans Bein zu pi... ", heißt es in einer Erklärung des Ultra-Fanclubs Schickeria.

    Die Bayern-Bosse betonten gestern erneut, "zum Wohle des FC Bayern München zu handeln". Da durch eine Insolvenz von 1860 Einnahmen des Schuldners ausbleiben könnten, müsse die Bayern-Führung an einer Verhinderung einer Löwen-Pleite mitwirken, argumentierten sie. Über die Stundung der 2,1 Millionen Euro hinaus werde es aber weder ein Darlehen noch eine Bürgschaft oder Investition zugunsten des TSV geben.

    Jene, die am Samstag Plakate mit der Aufschrift "Blaue Schweine schlachtet man und rettet sie nicht. Und du willst Metzger sein, Uli?" in die Höhe hoben, interessiert das nicht. Für sie geht es um den Grundsatz. Und es ist nicht das erste Mal, das sie den mit Plakaten kundtun. Als sich die Gerüchte um einen möglichen Wechsel von Schalke-Keeper Manuel Neuer zu den Bayern verdichteten, ragten im drauffolgenden Heimspiel gegen den FC Schalke 04 hunderte "Koan Neuer!"-Schilder in der Südkurve empor. Die Botschaft der Schickeria an den "Schalke-Ultra Neuer": Den "Möchtegern-Torwart-Titan" wolle man ihn in München auf keinen Fall sehen. Die Bayern-Bosse suchten nach dem Spiel peinlich berührt nach Entschuldigungen.

    Der Konflikt schwelt bereits schon länger. Auf der einen Seite die Bayern-Führung, vor allem Hoeneß. Auf der anderen die kleine, aber laute Minderheit, die immer mehr darauf drückt, die Vereinspolitik zu beeinflussen. Der Auftritt des Bayern-Manager Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung im November 2007 bleibt unvergesslich. „Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?“, schrie er den Fans damals entgegen. Zuvor hatten die sowohl Vorstand als auch Stimmung im Stadion kritisiert.

    Die rote Fan-Szene ist nach dem Eklat im Gladbach-Spiel gespalten. Nicht nur, weil die Mehrheit der Anhänger mit der fanatischen Ultra-Mentalität nichts anfangen kann. Sondern auch, weil sie Hoeneß' Einsatz und Herzblut an erster Stelle würdigen. Und das nicht nur im Bemühen, den Verein sportlich voran zu bringen. Als 2008 Jürgen Klinsmann die Säbener Straße für den Fanbesuch sperren wollte, stellte sich Hoeneß dagegen. Es ist ein Beispiel von vielen. Die Preispolitik des FCB ermöglicht es Südkurvenfans, mit einer Jahreskarte für im Schnitt sieben Euro zu den Spielen zu kommen. Die finanzielle Hauptlast tragen die Logenbesitzer und Zuschauer auf den Haupttribünen. Hoeneß wollte das so. Immer wieder setzte er sich für die Nähe zu den Fans ein - sich selbst eingeschlossen. Seit seinem Amtsantritt findet regelmäßig das "Präsidentengespräch" statt.  Es wird sich zeigen, wann der Präsident wieder spricht.

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