Mit einer schnellen Entscheidung des bei Mercedes ausgebooteten Formel-1-Rekordweltmeisters Michael Schumacher zu seiner Zukunft rechnen seine Wegbegleiter nicht. "Wir werden alles Weitere besprechen, sobald die Zeit dazu ist. Jetzt konzentrieren wir uns gemeinsam auf die nächsten sechs Rennen und dann auf das, was danach kommt", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug der dpa.
Michael Schumacher: Bald Rennfahrer oder Rentner?
"Alles ist möglich", erklärte Schumacher-Managerin Sabine Kehm der Bild am Sonntag. Für Konkretes sei es noch zu früh.
Weiter Rennfahrer, Funktionär oder einfach nur Frührentner? Eine Antwort auf diese Frage könnte also länger dauern. Schon bei der Entscheidung für oder gegen einen neuen Mercedes-Vertrag hatte sich der 43 Jahre alte Kerpener (zu) unschlüssig gezeigt. "Ich denke, Michael wird sich ein paar Monate nehmen, um darüber nachzudenken, was er in Zukunft macht", sagte sein langjähriger Vertrauter und Mercedes-Teamchef Ross Brawn der Nachrichtenagentur Reuters.
Schumacher könnte wieder zu Ferrari gehen
Schumacher prüft eine Reihe von Optionen. Markenbotschafter oder Berater bei Mercedes? Die Tür ist trotz der fehlenden Erfolge im Silberpfeil nicht zu. Allerdings genügte ihm eine vergleichbare Rolle schon bei Ferrari nach seinem Rücktritt Ende 2006 nicht, die Lust aufs Rennfahren war größer. Schumacher, fit wie eh und je, könnte daher auch noch mal wechseln und woanders anheuern.
Sauber hat ein Cockpit frei, vor allem aber ist Felipe Massa bei Ferrari noch immer nicht für die nächste Saison bestätigt. Die Scuderia wollte die Spekulationen nicht kommentieren. Ferrari-Boss Luca di Montezomolo blieb zuletzt aber ein Bekenntnis zu Massa schuldig. "Massa? Da muss ich noch ein paar Tage nachdenken", sagte Montezemolo noch kurz vor der Mercedes-Entscheidung.
Medien sehen den Rekordweltmeister wieder im Cockpit
"Ein Kapitel für Schumacher geht zu Ende, aber vielleicht noch nicht die Ära. Von ihm kommt jedenfalls keine Ankündigung eines Abschieds", stellte die Ferrari-nahe Gazzetta dello Sport fest. "Der unermüdliche Deutsche wird nach einem neuen Team suchen, um seine Karriere fortzusetzen", pflichtete der Daily Mirror bei.
Für den designierten MercedesAMG-Aufsichtsrat, Niki Lauda, ist die Schumacher-Zeit in der Formel 1 indes abgelaufen. "Ich bezweifle, dass er sich dauerhaft noch einmal mit den Besten, also Sebastian Vettel, Fernando Alonso und Lewis Hamilton messen kann", sagte der Österreicher der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Irgendwann sei alles nun mal vorbei, so der dreimalige Champion.
Lauda soll nun mit seinem Know How und wohl vor allem seinem Ansehen in der Königsklasse mithelfen, Mercedes mit Schumacher-Nachfolger Lewis Hamilton in die Erfolgsspur zu bringen. Der Brite darf allerdings nicht davon ausgehen, dass sein neuer Kollege Nico Rosberg nun die Nummer-2-Rolle bekommt. "Sicher nicht", sagte Haug der dpa. "Lewis hat das in keinem Gespräch erwähnt. Er wollte sicher sein, dass er gleich behandelt wird, aber hat nie einen Nummer-1-Status verlangt", sagte Brawn, nachdem Hamiltons Verpflichtung am Freitag bekanntgegeben und Schumachers Aus bei den Silberpfeilen nach den kommenden sechs Rennen besiegelt worden war.
Schumachers Zukunft schon seit längerer Zeit unsicher
Motorsportchef Haug will das ehrgeizige Projekt mit Schumacher aber nicht als gescheitert werten. "Nein. Mit einem Siegerauto hätte Michael gewonnen", sagte er. 52 Rennen, nur ein dritter Rang im Juni in Valencia. Mehr sprang für Schumacher nicht heraus, mehr gab der oft zickige Silberpfeil auch für einen 91-maligen Grand-Prix-Gewinner schlichtweg nicht her.
Der ausbleibende Erfolg wirkte auf seine Entscheidung nicht gerade wie ein Urteilsbeschleuniger. Schumacher zögerte mit einer möglichen Vertragsverlängerung. Auch, weil sich Mercedes lange nicht zu seinem weiteren Formel-1-Engagement bekannte.
"Michael war immer unsicher, was er machen will", sagte Brawn der der BBC. Schumacher habe dem Team nie ein klares Signal gegeben, ob er über das Saisonende hinaus bleiben wolle. Dagegen habe Hamiltons Management Verhandlungen über einen Wechsel des Briten zu Mercedes forciert. "Und Michael war bekannt, dass wir uns Alternativen erarbeiten mussten, und darüber wurde auch gesprochen", sagte Haug.
Schumacher leistete wichtige Aufbauarbeit hinter den Kulissen
So darf und muss Hamilton, der Weltmeister von 2008, nun die Sport- und Werbe-Ikone Schumacher ersetzen, der bei aller Kritik an seinen Leistungen auf der Strecke hinter den Kulissen wichtige Aufbauarbeit für Mercedes leistete. Vorher treten beide noch im Saisonendspurt gegeneinander an - für ihre alten Arbeitgeber. Eine skurrile Situation: Hamilton braucht im Titelrennen die Unterstützung des Teams, für das er nicht mehr fahren will. Schumacher benötigt für einen ordentlichen Abschied die Hilfe des Teams, das ihn nicht mehr haben will. AZ/dpa