Mehmet Scholl ist einer der beliebtesten TV-Experten. Bei Spielen, die in der ARD übertragen werden, glänzt er mit pointierten Analysen und nimmt kein Blatt vor den Mund - auch wenn er bisweilen über das Ziel hinaus schießt. Der derzeit verletzte Mario Gomez kann davon ein Lied singen. Nach dem 1:0-Auftaktsieg der deutschen Mannschaft bei der EM gegen Portugal kritisierte er die Laufbereitschaft des Torschützen Gomez mit den Worten: "Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wundliegt und mal gewendet werden muss."
Brisant war diese Aussage aber nicht nur wegen der Wortwahl, sondern auch, weil Scholl und Gomez inzwischen wieder den gleichen Arbeitgeber haben: den FC Bayern. Scholl betreut bei den Münchnern seit dieser Saison wieder die zweite Mannschaft.
Kritik an Thomas Müller
Das aber hat ihn auch gestern nicht davon abgehalten, einen Nationalspieler in Diensten des FCB zu kritisieren. Als Thomas Müller nach dem glücklichen 2:1-Sieg sagte, dass er sich den Erfolg von niemandem kaputt machen lasse, musste Scholl das erste Mal tief durchatmen. Als Müller dann noch hinterher schob, es sei ihm lieber, so zu gewinnen, als mit zehn Übersteigern zu verlieren, reichte es dem Ex-Nationalspieler. "Mir gefällt nicht die Art und Weise, wie Müller das erklärt hat. Wir haben versucht alles nur spielerisch zu lösen. Das wird in solchen Spielen schwer."
Die Bayern-Bosse in München dürften Scholls Auftritt aufmerksam verfolgt haben, denn über dessen Nebenjob sind sie schon seit längerem nicht besonders glücklich. Passend dazu berichtet die Sport Bild jetzt, dass der FC Bayern seinen Angestellten vor die Wahl gestellt hat. "Er muss sich irgendwann entscheiden, welchen Weg er gehen will: den des Trainers oder den des Experten. Beides harmoniert nicht", wird Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge zitiert.
Und weiter: "Es ist klar, wenn Scholls Verträge mit Fernsehen und Werbung, die hier kritisch gesehen werden, auslaufen, werden sie auch nicht verlängert. Basta". ako