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Helmut Haller: "Er war nie bösartig, immer guter Laune und zu allen freundlich"

Helmut Haller

"Er war nie bösartig, immer guter Laune und zu allen freundlich"

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    Augsburg nimmt Abschied von seinem größten Fußballspieler. Rund 1000 Menschen erweisen Helmut Haller die letzte Ehre. Darunter waren viele Prominente.
    Augsburg nimmt Abschied von seinem größten Fußballspieler. Rund 1000 Menschen erweisen Helmut Haller die letzte Ehre. Darunter waren viele Prominente. Foto: Schöllhorn

    Es lässt uns frösteln, wenn der Tod gegenüber dem Leben die Oberhand gewinnt. Manchmal ist es deshalb zumindest etwas tröstlich, wenn es auch jenen so ergeht, die täglich damit konfrontiert werden. Dazu zählt Pfarrer Herbert Mayr. Bis in den hintersten Winkel der St.-Peter-und-Paul-Kirche in Augsburg spürt man, dass er um Fassung ringt, dass ihm seine Stimme zu versagen droht.

    Wer im wenig vornehmen Stadtteil Oberhausen aufgewachsen ist, der muss nicht besonders gläubig sein, um Pfarrer Mayr zu kennen. Bei dem Geistlichen weiß man schon seit Jahrzehnten, dass er ein großes Herz für den Fußball hat. Ein besonders Großes für den FC Augsburg. Mayr war auch eng mit Haller befreundet.

    Es ist ein bewegender Abschied von Augsburgs Fußball-Idol, das am Donnerstag vergangene Woche nach schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren verstorben ist. Als Haller nach dem Requiem beigesetzt wird, begleiten rund 1000 Menschen den früheren Nationalspieler auf seinem letzten Weg. „Der Tod kann uns einen lieben Menschen nehmen, aber nicht die Erinnerung“, hat Mayr zuvor in seiner Ansprache gesagt. Und die wird an diesem Tag lebendig.

    FC Bologna, Juventus Turin oder FC Augsburg

    Nicht nur, weil in der Aussegnungshalle die Trauerreden mit einem kleinen Film untermalt werden, der Ausschnitte zeigt aus der großen Karriere des Helmut Haller. Es sind noch einmal Szenen aus Spielen in der deutschen Nationalmannschaft, aus Partien mit dem FC Bologna, Juventus Turin oder beim FC Augsburg zu sehen.

    Helmut Haller: Die Fußball-Legende aus Augsburg

    Der Augsburger Helmut Haller war in den 60er und 70er Jahren ein Aushängeschild des deutschen Fußballs. Bis heute wird er als Fußball-Idol verehrt.

    Geboren wurde Helmut Haller am 21. Juli 1939 in Augsburg.

    Von 1948 bis 1962 spielte er beim Ballspiel-Club Augsburg (BC Augsburg, BCA).

    Von 1957 bis 1959 und in der Saison 1961/1962 spielt er in der Oberliga Süd.

    Für gerade einmal 300.000 Mark wechselte das Nachwuchstalent 1962 nach Italien und bestritt dort für den FC Bologna Punktspiele in der Serie A.

    Haller war einer der ersten deutschen Fußballer, die in der italienischen Serie A zum Weltstar reiften. Mit Juventus Turin und dem AC Bologna wurde er insgesamt dreimal Meister.

    1964 wurde Helmut Haller zum italienischen «Fußballer des Jahres» gewählt.

    1958 wurde er erstmals in der deutschen Elf eingesetzt, im A-Länderspiel gegen Dänemark. Deutscher Trainer war damals Sepp Herberger.

    Der offensive Mittelfeldspieler trug insgesamt 33 Mal das deutsche Trikot.

    Haller nahm 1962, 1966 und 1970 an der Fußball-Weltmeisterschaft teil.

    Seinen größten WM-Erfolg feierte der Augsburger mit dem zweiten Platz bei der WM in England. Damals siegte England durch das berühmte "Wembley-Tor" gegen Deutschland. Haller schoß damals das deutsche Führungstor zum 1:0.

    Bei der WM 1970 kam Helmut Haller mit der Auswahl auf den dritten Platz.

    Mit seiner Heimkehr nach Augsburg und damit zum - damals aus BCA und Schwaben Augsburg entstandenen - FCA löste Helmut Haller 1973 eine regelrechte Fußball-Euphorie aus.

    1979 beendete Haller seine Karriere als Fußballspieler.

    Zuletzt hatte sich Helmut Haller auch aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

    2006 erlitt er einen Herzinfarkt, von dem er sich nie wieder richtig erholte.

    Im Oktober 2012 starb Helmut Haller im Kreis seiner Familie.

    Die Erinnerung lebt auch auf, weil alte Weggefährten aus der deutschen Nationalmannschaft wie Franz Beckenbauer, Uwe Seeler, Sepp Maier, Hans Tilkowski oder Wolfgang Fahrian (siehe auch Kasten „Unter den Trauergästen“) gekommen sind, um ihrem ehemaligen Mitspieler die letzte Ehre zu erweisen.

    Doch fußballerische Genialität hin oder her – eines wird auch gestern wieder klar: Helmut Haller war vor allem Mensch. „Helmut war für mich wie ein Kind, das nicht älter werden wollte. Er war immer zu Späßen aufgelegt. Ich werde ihn nie vergessen“, sagt der ehemalige österreichische Nationalspieler Hans „Buffy“ Ettmayer, der Mühe hat, seine Tränen zurückzuhalten. Hans Tilkowski , der beim denkwürdigen Weltmeisterschafts-Finale 1966 zwischen England und Deutschland im Tor stand, geht es noch schlechter. Ettmayer muss den Ex-Keeper, der nach der Aussegnung hemmungslos weint, stützend in die Arme nehmen.

    Wie beliebt und geschätzt Helmut Haller war, zeigt sich auch, als fast das gesamte Meisterteam der Saison 1973/74, mit der Helmut Haller nur knapp am Bundesliga-Aufstieg scheiterte, zur Beerdigung kommt. „Bis auf Hans Höbusch, Hans Hauser und den erkrankten Klaus Walleitner sind alle hier“, freut sich der ehemalige Verteidiger Alwin Fink.

    „Was wären wir denn ohne den Helmut gewesen? Wir hätten irgendwo im Niemandsland Fußball gespielt. Ihm haben wir so viel zu verdanken“, erzählt Fink.

    "Das war ein absoluter Wahnsinn damals"

    „An diese Ära denkt man immer wieder gern zurück. Das war ein absoluter Wahnsinn damals“, sagt der damalige Mittelfeldspieler Klaus Vöhringer und lächelt. Aufgrund der Fußball-Begeisterung Anfang der siebziger Jahre wurde Augsburg in den Medien sogar mit den enthusiastischen Fans aus Neapel verglichen. Ohne Haller undenkbar.

    Was der damalige Italien-Heimkehrer für eine Leidenschaft entfacht hat, war für Augsburger Verhältnisse nahezu gigantisch. „Dieser alte Helmut Haller ist der größte Kassenknaller“, lautete die Überschrift in der Bild-Zeitung, als 1973 der FCA vor über 90 000 Zuschauern in der Regionalliga Süd (damals vergleichbar mit der zweiten Bundesliga) beim TSV 1860 München ein 1:1 erreichte.

    In seiner Rede gibt Fink seinem ehemaligen Leitwolf noch einen Auftrag mit auf den Weg: „Helmut, dribble weiter im Paradies.“

    Italien und Augsburg – das waren zwei Eckpfeiler in Hallers Leben. Wie eng die beiden Klubs FC Bologna und Juventus Turin mit ihrem „Il Biondo“ (Der Blonde) noch verbunden waren, zeigt sich auch gestern, als eine kleine Abordnung der zwei Vereine in der Kirche erscheint. Dies dokumentiert auch der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, als er sagt: „Was für eine Symbolik! Die Augsburger Stadtfarben und die Flagge Italiens sind Rot-Grün-Weiß. Diese Farben, die ihm so viel bedeutet haben, liegen jetzt vor seinem Sarg.“

    Beileidswünsche übermittelt Niersbach auch vom ehemaligen Weltklassespieler und heutigen Uefa-Präsidenten Michel Platini. „Platini spricht in seinem Schreiben von einer Legende. Das ist ein Zeichen, wie Helmut Haller in der ganzen Welt wahrgenommen wurde.“

    Und immer wieder wird deutlich: Hallers großes Plus war sein Charakter – viel Humor und eine Prise Sensibilität. Außerdem geriet Helmut Haller niemals in den Verdacht, eitel oder arrogant zu sein. Das sagt FCA-Finanzmanager Peter Bircks auch in seiner Rede: „Er war nie bösartig, war immer guter Laune und zu allen freundlich – und das bei allen Schicksalsschlägen.“

    Beisetzung von Helmut Haller

    Weihnachten 2006 begann seine Leidenszeit. Nach einem schweren Herzinfarkt kam Haller nicht mehr richtig auf die Beine. Damals lag er gar längere Zeit auf der Intensivstation. Ein weiterer Rückschlag folgte, als er sich 2009 einem chirurgischen Eingriff an der Hauptschlagader unterziehen musste. Von da an ging es gesundheitlich mit dem Fußball-Star deutlich bergab. Haller wurde ein Pflegefall.

    Seine Tochter Karin Watzka, die ihn bis zu seinem Tod aufopferungsvoll pflegte, sagte, nachdem ihr Vater gestorben war: „Für ihn war der Tod wie eine Erlösung.“

    Und doch spürt man, wie sehr ihr und Hallers Söhnen, Jürgen und Sascha, diese Trauerfeier unter die Haut geht. Sie erweisen ihrem Vater die schönste Geste des Tages. Nach den Trauerreden streifen sich Karin Watzka, Jürgen Haller, dessen Sohn Marco, Sascha Haller und die Freunde der Familie, Johanna Meisl, Peter Stiller und Sepp Fuchs, Trikots der Vereine Juventus Turin, FC Bologna, FC Augsburg und der deutschen Nationalmannschaft über. In dieser Aufstellung tragen sie den Sarg von Helmut Haller ans offene Grab.

    „Man sollte ihm den unvergänglichen Siegespokal im Himmel schenken“, sagt Pfarrer Mayr am Ende des Trauergottesdienstes.

    Warum nicht? Mit seinem Charme und Humor kann Helmut Haller den lieben Gott sicherlich überzeugen.

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