Es war klar, dass es Kevin-Prince Boateng einmal in die Schlagzeilen schaffen würde. Die Frage war nur wie. Seit vergangener Woche kennen auch Menschen den 25-jährigen Fußballer, die eine Viererkette nicht von einer Perlenkette unterscheiden können.
Boateng hatte im Testspiel seines AC Mailand beim Viertligisten Pro Patria genug von den rassistischen Schmähungen der Patria-Fans. Er zog sein Trikot aus und verließ das Spielfeld, den Rest der Truppe im Schlepptau. Seither ist der Berliner ein Held. Einer, der sich gegen den Rassismus im italienischen Fußball gewehrt hat.
Kevin-Prince und Jérôme Boateng - zwei völlig unterschiedliche Charaktere
Eine Geschichte, die Boateng nicht in die Wiege gelegt war. Kevin-Prince ist nur mäßig ins Leben gestartet. Der ghanaische Vater hat die deutsche Mutter früh verlassen. Geld war knapp. Kevin-Prince wuchs im sozial schwachen Wedding auf. Sein älterer Bruder George war ihm auch keine Stütze, geriet später auf die schiefe Bahn und landete im Gefängnis. Da hatte der jüngere Jérôme das bessere Los gezogen. Der Halbbruder von Kevin-Prince, heute Bayern-Profi und deutscher Nationalspieler, lebte beim Vater im bürgerlichen Wilmersdorf. Es war nicht zuletzt die soziale Herkunft, die zwei völlig unterschiedliche Charaktere formte – so sehr sich die beiden äußerlich ähnlich sehen.
Jérôme, still und zurückhaltend, Kevin-Prince, laut und aggressiv. Ein Straßenkämpfer, der seinen Körper mit Tattoos zum Gesamtkunstwerk formen ließ und an dessen extravaganter Kopf- und Gesichtsbehaarung jeder Friseur seine Freude hat.
Vom Glück, in eine Fußball-Familie hineingeboren worden zu sein
Das Glück des wilden Kerls war es, in eine Fußball-Familie hineingeboren worden zu sein. Ein Großvater war Cousin der 54er-Legende Helmut Rahn, ein Onkel spielte für Ghanas Nationalelf. Dorthin hat es auch Kevin-Prince geschafft. Nachdem er in allen deutschen Jugend-Nationalteams gespielt hatte, entschied er sich 2009 für Ghana.
Damals war er noch weit davon entfernt, der zu werden, der er jetzt ist. Stattdessen hatte er den Staatsanwalt am Hals. Er wurde beschuldigt, an einem frühen Morgen 13 Autos beschädigt zu haben – und das auch noch in Wilmersdorf. Boateng zahlte 56 000 Euro Strafe und ersparte sich damit das Gericht.
Bei allem Talent hat er sich seine Karriere hart erarbeitet. In der Bundesliga, in England, in Italien. In die Quere durfte ihm dabei keiner kommen. Michael Ballack hat ein Boateng-Tritt die WM 2010 gekostet. Beim AC Mailand trägt Boateng inzwischen die prestigeträchtige Nummer 10. Das allein ist mehr, als ein dunkelhäutiger Junge aus dem Wedding erreichen kann.