Die Bedeutung des Wortes Euphemismus mag vielleicht nicht jedem klar sein. Einem Euphemismus begegnet sind wir aber alle schon einmal. Denn wer die Dinge freundlicher darstellen will, als sie tatsächlich sind, der bedient sich bestimmter euphemistischer Formulierungen. Das passiert jeden Tag.
Viagogo und der Euphemismus
Der Klassiker unter den Euphemismen ist die Freistellung. Sollte jemand nur offizielle Mitteilungen von Firmen lesen – er würde nie auf das Wort Entlassung stoßen. Denn, so schwer die Zeiten auch sein mögen, heutzutage wird kein einziger Mitarbeiter mehr entlassen. Er wird freigestellt. Das klingt schön. Juhu. Freiheit! Endlich!
Was Kamenew dem FCA und Viagogo vorwirft
Nimmt bereits jetzt direkt und indirekt Einfluss auf den Verkaufspreis der Tickets.
Bietet Spekulationen mit Tickets und Dauerkarten eine Plattform. Die Preistreiberei ist dabei Bestandteil des Geschäftsmodells.
Nistet sich in integrale Schnittstellen der Organisationsstrukturen des FC Augsburg ein.
Strebt die möglichst umfassende Kontrolle über das Ticketing des FC Augsburg sowie möglichst vieler weiterer Bundesligisten an.
Verringert durch das exklusive und überteuert angebotene eigene Kartenkontingent die Menge an frei zu erwerbenden Tickets in prinzipiell ausgebuchten Kategorien (Stehblock, Gegengerade).
Fördert nicht nur den Schwarzmarkthandel, sondern durch Viagogo wird der Schwarzmarkthandel sogar vereinsseitig legalisiert.
Die vom FCA behaupteten „Vorteile für Mitglieder“ sind zu 95% Vorteile für Leute, die die Mitgliedschaft zum Zwecke der Ticketspekulation nutzen. Darunter leiden das Gros der Mitglieder und auch die übrigen Anhänger, die langfristig mit deutlich steigenden Preisen rechnen müssen.
Welchen Sinn haben offizielle eigene Verkaufspreise, wenn diese über eine zweite, vom FCA legalisierte, aber völlig intransparente Schiene ausgehebelt werden?
Der vom DFB geforderte Sicherheitsaspekt beim Verkauf von Stehplatzkarten (Trennung Fangruppen) wird über die beliebige bundesweite Streuung der Tickets ad absurdum geführt.
Viele Punkte finden sich auch in den FCA eigenen Ticket AGBs: „Zur Vermeidung von Gewalttätigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit dem Stadionbesuch, zur Durchsetzung von Stadionverboten, zur Trennung von Anhängern der aufeinander treffenden Mannschaften während eines Fußballspiels und zur Unterbindung des Weiterverkaufs von Tickets zu überhöhten Preisen, insbesondere zur Vermeidung von Ticketspekulationen und zur Aufrechterhaltung der vom Club auch unter Berücksichtigung von Fanbelangen und sozialen Aspekten entwickelten Preisstruktur, liegt es im Interesse des Clubs und der Sicherheit der Zuschauer, die Weitergabe von Tickets einzuschränken“
Die 2006 gegründete Firma Viagogo floriert. Aus wirtschaftlichen Gründen musste hier noch niemand in die Freiheit entlassen werden. Im Umfeld von Viagogo taucht allerdings beharrlich ein anderer Euphemismus auf: Zweitmarkt. Viagogo bezeichnet sich als das führende Unternehmen im Bereich des Ticket-Zweitmarktes. Das klingt gut. Einen Zweitwagen fährt der Mensch heutzutage gern, Zweitfernseher sind auch ganz praktisch. Da kann es doch nicht schaden, wenn wir jetzt auch einen Zweitmarkt haben. Oder?
Die aufgehübschte Version des Schwarzmarktes
In letzter Konsequenz ist der Zweitmarkt nur die aufgehübschte, legale Version des Schwarzmarktes. Man nehme eine Ware, die auf dem Erstmarkt einen festen Preis besitzt. Transferiere sie auf den Zweitmarkt. Und lasse dort den Preis Verhandlungssache sein.
Wenn der „kleine“ Ticketbesitzer einmal eine Karte nicht nutzen kann und ihm die Möglichkeit geboten wird, diese weiterzuverkaufen, vielleicht auch teurer, als er sie erstanden hat, dann ist dagegen nichts einzuwenden.
Ärgerlich aber ist, dass es immer mehr Firmen gibt, die den Zweitmarkt als Geschäftsfeld nutzen. Heute sind im Sport, aber sogar noch mehr im Konzertbereich, professionelle Einkäufer unterwegs, die dem Durchschnittsfan Tickets vor der Nase wegschnappen.
Auf Zweitmarkt sind Tickets teurer
Man versuche nur mal, beim Start des Vorverkaufs für das Konzert eines großen Stars am eigenen PC eine Karte zu ergattern. Nach Sekunden bricht das System zusammen. Aber auf dem Zweitmarkt tauchen bald Tickets auf. Natürlich teurer.
Ähnlich ärgerlich ist, wenn Veranstalter sogar mit dem Zweitmarktler zusammenarbeiten, ihm vertragsgemäß ein Kartenkontingent zukommen lassen, das er über dem eigentlichen Preis losschlagen kann. Das hat nichts mit Service für den Fan zu tun. Das ist Abzocke. Das war jetzt kein Euphemismus.