Mittelmaß ist langweilig. Das Fanvolk bevorzugt Helden. Wie Pelé, Franz Beckenbauer, Boris Becker oder Michael Schumacher. Verlierer bleiben nur im Gedächtnis haften, wenn sie von der Lachnummer zur Legende werden. Wie Michael Edwards, besser bekannt als Eddie the Eagle. Der Brite hatte zwar kein Geld, keinen Trainer, keinen Schnee und keine Trainingsmöglichkeiten. Dennoch schaffte es der Mann mit den flaschenbodendicken Brillengläsern zu Olympia 1988 in Calgary. Auch dort stürzte der schlechteste Skispringer aller Zeiten zwar wie ein Backstein den Hang hinunter, doch er brachte es aufgrund seiner einzigartigen Geschichte zu Weltruhm.
Warum uns jetzt Eddie the Eagle oder der um ein Haar in Sydney 2000 abgesoffene Eric the Eel, dem Aal, einfallen? Weil ab Samstag in Brasilien neue Figuren aus dem Kuriositäten-Kabinett die Bühne betreten, wenn die Inselkicker aus Tahiti auf die Weltstars aus Brasilien oder Spanien treffen.
Während Deutschland die Qualifikation für den Confederations Cup verpasste, darf die Elf aus dem Pazifik-Archipel nach Brasilien fliegen. In Südamerika betreten die Feierabendkicker in vielerlei Hinsicht Neuland. Vom Profifußball sind die Insulaner mindestens so weit entfernt wie vom Festland.
Einziger Profi ist Marama Vahirua vom griechischen Klub Panthrakikos. Zehn Spieler sind arbeitslos, die anderen verdingen sich als Strandverkäufer, räumen im Supermarkt Regale ein oder führen Touristen über die Insel. Trainiert wird erst nach Dienstschluss.
Hinter Syrien und vor Afghanistan auf Platz 139 der Weltrangliste
Das Märchen im Südpazifik begann, als Tahiti im Juni 2012 als erstes pazifisches Land die Ozeanien-Meisterschaft gewann. Mit einem 1:0 im Finale über Neukaledonien auf den Salomonen. Eine Sensation. Hatten bis dahin Australien und Neuseeland den Titel unter sich ausgemacht, gewann jetzt die Nummer 139 der Fifa-Weltrangliste. Brasiliens Huren pauken Englisch für die WM
Seither hat sich auf dem Archipel der Größe Rügens einiges geändert. Plötzlich weiß zumindest rund die Hälfte der 200 000 Einwohner, dass sie ein eigenes Fußball-Team haben. Volkssport sind Bootsrennen mit einbaumähnlichen Pirogen.
Nationaltrainer Eddy Etaeta ließ fleißig trainieren und simulierte mit Geschrei vom Band den ungewohnten Lärmpegel. Im legendären Maracanã-Stadion wartet eine Kulisse mit 100 000 Zuschauern. Zu Hause spielen die Amateure vor 100 bis 200 Fans auf mehr Sand als Gras. Die Fußballwelt ist gespannt auf die Titanen aus Tahiti.