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Insolvenz: Wirtschaftsministerin Aigner: Kein Staatshilfe für Weltbild

Insolvenz

Wirtschaftsministerin Aigner: Kein Staatshilfe für Weltbild

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    Wo geht es lang für Weltbild? Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz will das insolvente Medienhaus Weltbild im Ganzen oder in Teilen erhalten.
    Wo geht es lang für Weltbild? Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz will das insolvente Medienhaus Weltbild im Ganzen oder in Teilen erhalten. Foto: Fred Schöllhorn

    Drei Tage nach dem Insolvenz-Antrag des katholischen Weltbild-Verlages hat Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz den Beschäftigten keine große Hoffnung gemacht. Es gebe nichts zu beschönigen, soll Geiwitz Teilnehmern zufolge auf der Versammlung am Montag erklärt haben. Allerdings sei es auch zu früh, die Chancen zu bewerten.

    Aber auch die Guthabenseite sei nicht leer. Eine Firmenauflösung bezeichnete der Insolvenzverwalter als „Albtraum“. Gleichzeitig betonte Geiwitz aber auch, dass das Umfeld des Unternehmens äußerst schwierig sei.

    Aigner: Keine Staatshilfe für Weltbild

    Von der bayerischen Staatsregierung kamen am Montag indes widersprüchliche Aussagen zu Weltbild. Während Horst Seehofer die volle Unterstützung für die Mitarbeiter signalisierte und von "Bürgschaften bis Überbrückungen" alles für möglich erklärte, schloss Wirtschaftsministerin Ilse Aigner Staatshilfen kategorisch aus.

    "Es werden hier definitiv keine Steuergelder für die Rettung eingesetzt", sagte sie dem Münchner Merkur. Am Donnerstag will sie zusammen mit Arbeitsministerin Emilia Müller (CSU) mit den betroffenen Mitarbeitern sprechen.

    Einigkeit bestand hingegen darin, dass in erster Linie die Gesellschafter in der Pflicht gesehen werden. Das Kabinett erinnerte die Kirche am Montag an ihre "besondere Verantwortung". Wirtschaftsstaatssekretär Franz Pschierer (CSU) sagte nach der Sitzung, es sei ungewöhnlich und eigenartig, dass die Banken weiter finanzieren, aber die Gesellschafter nicht mitmachen wollten. "Normalerweise erleben wir das in solchen Fällen andersrum."

    Finanzstaatssekretär Johannes Hintersberger (CSU) betonte: „Wir helfen nicht bei der Vergangenheitsbewältigung, aber wir unterstützen tragfähige Zukunftspläne.

    Auch Betriebsrat sieht Kirche in der Pflicht

    Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz wollte gestern noch keine Bewertung abgeben. „Es kann durchaus sein, dass ein strategischer Investor gefunden wird“, erklärte er. Die Gefahr sei jedoch, dass dieser nur die lukrativen Teile übernehme. „Unser Ziel ist es, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten“, bekräftigte Fitz. Bei diesem Vorhaben sehe er vor allem die Kirche in der Pflicht. 

    Indes wiesen Münchens Erzbischof Reinhard Kardinal Marx und der dortige Generalvikar Peter Beer die scharfe Kritik der Gewerkschaft Verdi an der Kirche zurück. Beer, der auch Aufsichtsratsvorsitzender von Weltbild ist, sagte im Interview mit unserer Zeitung zu dem Vorwurf, die kirchlichen Eigentümer hätten jahrelang „fette Gewinne“ abgeschöpft: „Ein solcher Vorwurf ist unangebracht. Die Gesellschafter haben vielmehr etwaige Überschüsse ganz überwiegend in das Unternehmen reinvestiert.“

    Das Unternehmen Weltbild

    Zahlen und Fakten zur Augsburger Weltbild-Gruppe:

    Weltbild beschäftigte einst insgesamt rund 6800 Mitarbeiter, davon 2200 am Standort Augsburg.

    Weltbild gehörte den zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin.

    Weltbild startete 1948 als Winfried-Werk in Augsburg. Der Verlag gab katholische Zeitschriften heraus. Als zusätzlichen Service gab es einen Bücherdienst.

    In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, es kaufte Verlage und Zeitschriften dazu. 1994 eröffnete man die ersten Filialen.

    Seit 1997 gibt es den Onlinehandel. Während das Buchgeschäft floriert, kränkelte das Zeitschriftengeschäft. 2008 stieß Weltbild den kompletten Bereich ab.

    Unter dem Dach der Holding DBH waren die Buchhandlungen Hugendubel, Weltbild und Jokers gebündelt. Zum Konzern gehörten auch die Vertriebsmarken Weltbild, Jokers, Kidoh und buecher.de.

    2012 verkündete die Verlagsgruppe 1,59 Milliarden Euro Umsatz.

    In den vergangenen Jahren geriet das Unternehmen unter Druck - die Konkurrenz von Amazon und anderen machte Weltbild zu schaffen.

    Im Januar 2014 meldete Weltbild Insolvenz an.

    In den folgenden Monaten bekamen hunderte Beschäftigte die Kündigung ausgesprochen.

    Im Mai kündigte Investor Paragon an, Weltbild zu übernehmen.

    Wenig später stieg Paragon wieder aus. Anfang August übernahm dann die Beratungs- und Investmentgruppe Droege die Mehrheit an Weltbild.

    Der Online-Medienhändler bücher.de gehört ab August 2014 vollständig zur Weltbild-Gruppe.

    September 2014: Nach der Mehrheitsübernahme durch den Düsseldorfer Investor Droege gibt es eine neue Geschäftsführung: Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm.

    Nach nur sieben Wochen tritt Gerd Robertz ab und widmet sich wieder nur dem Onlinegeschäft bücher.de.

    Im November kündigt die Geschäftsführung von Weltbild an, in der Verwaltung rund 200 Arbeitsplätze zu streichen.

    2015: Weltbild verkauft 67 Filialen an die kleine Kette "Lesenswert".

    Juli 2015: Rund ein halbes Jahr nach der Übernahme der 67 Filialen ist der Käufer pleite.

    Juli 2015: Knapp ein Jahr nach der Übernahme des Weltbild-Konzerns durch den Düsseldorfer Investor Droege muss der Logistikbereich von Weltbild erneut Insolvenz anmelden.

    Die Bistümer seien aber von einer Verdoppelung des Betrags für eine Sanierung überrascht worden. Statt 65 Millionen wären 135 Millionen Euro nötig gewesen. Beer sicherte den betroffenen Mitarbeitern Hilfen in Millionenhöhe zu. „Das Wichtigste ist, dass die Kirche jetzt nicht einfach davonläuft, sondern das Möglichste tut, um zu helfen“, sagte er. Ein „Schlecker 2“ „sollte auf jeden Fall vermieden werden“.  mke, monik, wida, jub, drs, dpa

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