18 Tage sind es im Durchschnitt von dem Zeitpunkt, ab dem klar ist, dass ein Mensch sterben wird, bis zu dem Tag, an dem er es tatsächlich tut. Viele Menschen leiden unter Schmerzen, der Darm wird träge, oder sie bekommen nicht mehr richtig Luft. Außerdem stehen schwere Entscheidungen an, wie zum Beispiel die Frage, ob eine Magensonde noch notwendig ist oder nicht. Daher brauchen Menschen in dieser Zeit eine besondere Betreuung. Die sollen auch Sterbende in Pflegeheimen bekommen, fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz.
Im Bundestag wird derzeit die Sterbehilfe diskutiert. Doch Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz, geht es um ein Problem, das alle Menschen betrifft, deren Leben ein Ende nimmt. In Deutschland herrsche derzeit ein „Zwei-Klassen-Sterben“: Die jährlich rund 25.000 Menschen, die ihre letzten Tage in einem Hospiz verbringen, bekommen eine angemessene Versorgung. Aber Pflegeheime sind nicht aufs Sterben spezialisiert. Die Stiftung fordert daher dieselbe Betreuung für die jährlich rund 200.000 Menschen, die im Pflegeheim sterben.
In Pflegeheimen sollte es palliativ ausgebildetes Personal geben
Die momentane Situation skizziert der Vorsitzende wie folgt: Die Versorgung werde in vielen Pflegeheimen in Sparten unterteilt. Ein Arzt sieht mal vorbei, dann kommt mal der Pfleger, ein anderer wiederum sei für die psychosoziale Begleitung zuständig. „Wir bauen hier doch kein Auto zusammen“, sagt Brysch.
Die Idee der Stiftung: Auch in Pflegeheimen soll es palliativ ausgebildetes Personal geben. Nur ein kleiner Personenkreis soll sich um den Betroffenen kümmern, etwa 1,2 Pfleger pro Sterbendem. Zu den Aufgaben der Fachkräfte gehöre es beispielsweise auch, mit ihm zu sprechen. In Gießen sind Pflegekräfte zu diesem Thema befragt worden. Etwa ein Drittel antwortete, dass viele Menschen in ihren Heimen alleine sterben oder in ein Krankenhaus verlegt werden.
Das soll ein Ende haben. Doch die Stiftung ist sich darüber im Klaren, dass es bei dieser Forderung auch ein großes Aber gibt: das Geld. Die Pflegeheime bräuchten mehr Personal und die Pfleger wiederum bräuchten eine zusätzliche Qualifikation zur Palliativ-Kraft – das kostet. Die Stiftung hat ein Modell erarbeitet, wonach diese Änderung 728 Millionen Euro zusätzlich für die Krankenkassen bedeuten würde. Das zweite große Aber: In der Pflege-Branche fehlt der Nachwuchs. Doch Brysch hofft, dass ein zusätzliches Berufsfeld Pflegekräfte und solche, die es werden wollen, motivieren wird. Für kleine Pflegeheime mit weniger als 25 Betten sieht das Modell eine extra Lösung vor. Sobald dort ein Arzt feststellt, dass der Tod eintreten wird, sollen die Patienten die Möglichkeit haben, in ein stationäres Hospiz zu wechseln.
Diskussion zum "Zwei-Klassen-Sterben"
Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) liegt das Modell vor. Die aktuellen Beratungen der Bundesregierung zum Hospiz- und Palliativgesetz bieten Brysch zufolge die beste Chance, jetzt „Nägel mit Köpfen zu machen“. Laut Stiftung sind vorerst nur kleine Schritte zu erwarten. Doch man werde die Diskussion zum Zwei-Klassen-Sterben auch weiterhin lebendig halten.