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Fall Christian Wulff: Wulff will neben Ehrensold Büro für 280.000 Euro im Jahr

Fall Christian Wulff

Wulff will neben Ehrensold Büro für 280.000 Euro im Jahr

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    Christian Wulff soll angeblich neben dem Ehrensold auch ein Büro mit Mitarbeitern bekommen.
    Christian Wulff soll angeblich neben dem Ehrensold auch ein Büro mit Mitarbeitern bekommen. Foto: dpa

    Ist eine Reform des Ehrensolds in Sicht? Die Diskussion um die Regelungen für ehemaliger Präsidenten geht laut Spiegel in eine neue Runde. Angeblich erhält Christian Wulff neben den jährlichen 199.000 Euro auch noch ein Büro mit Mitarbeitern.

    Spiegel: Wulff will gleiche Regelungen wie ehemalige Präsidenten

    Wulff wünsche die gleiche Behandlung wie die vier anderen noch lebenden ehemaligen Staatsoberhäupter, berichtet das Nachrichtenmagazin. Die Kosten für den Stab beliefen sich auf etwa 280.000 Euro pro Jahr. Wulff, der mit 52 Jahren nach kurzer Amtszeit zurückgetreten war, soll bereits einen Ehrensold von jährlich 199.000 Euro erhalten. Die Regelung löste eine heftige Debatte über eine Reform der Ruhestandsbezüge für Ex-Präsidenten aus.

    Nach Informationen der Bild am Sonntag nimmt der 2010 zurückgetretene Horst Köhler seinen Ehrensold nicht in Anspruch. Offenkundig habe er nach seinem freiwilligen Ausscheiden Doppelbezüge vermeiden wollen, hieß es. Denn der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds IWF und Ex-Präsident des Sparkassenverbands habe Pensionsansprüche erworben, die den Ehrensold übersteigen könnten. Vom Bundespräsidialamt war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

    Politiker wollen Reform des Ehrensolds

    Politiker aus Regierung und Opposition dringen auf eine Reform der Ruhestandsbezüge für Ex-Bundespräsidenten. Der Bund der Steuerzahler forderte von Wulff eine öffentliche Erklärung, ob er den Ehrensold annimmt. Geschäftsführer Reiner Holznagel sagte dem Hamburger Abendblatt: "Die Menschen erwarten eine Erklärung von ihm. Sie sind empört." Sein Verband habe hunderte E-Mails dazu erhalten.

    Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte der Berliner Zeitung B.Z.: "Man könnte überlegen, ob der Bundespräsident ein abgesenktes Ruhestandsgehalt bekommt, wie es die Kanzler und alle anderen Personen des öffentlichen Lebens beziehen." Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte er der Bild-Zeitung: "Jungpensionäre "á la Christian Wulff soll es nach künftigem Recht nicht mehr geben, das muss vermieden werden."

    Barthle: Wulff steht Rente zu

    Dagegen plädierte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), dafür, Wulff den Ehrensold selbst im Falle einer Verurteilung zu zahlen. "Oder wollen Sie eine Debatte führen, dass jeder straffällig gewordene Deutsche künftig keine Rente mehr erhalten soll?", fragte er in der Welt am Sonntag.

    Chronologie der Affäre Wulff

    25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.

    18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.

    12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.

    13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.

    14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.

    15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.

    19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.

    20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.

    22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.

    2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.

    4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.

    19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.

    16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.

    17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.

    18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.

    29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.

    9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.

    9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

    9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.

    12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.

    14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.

    9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.

    19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.

    27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)

    Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) warnte vor der Diskussion. "Natürlich ist es für Bürger, die ihre Arbeitsstelle verloren haben, schwer, diese Regelung zu akzeptieren - trotzdem sollte man diese Debatte nicht zu lange führen", sagte er der Rhein-Zeitung. Von Ex-Präsidenten werde auch nach dem Ausscheiden würdevolles Agieren erwartet. Sie sollten sich nicht aus rein finanziellen Gründen einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen.

    Verfahren gegen Christian Wulff läuft

    Die Diskussion um den Ehrensold von jährlich 199.000 Euro war durch den Rücktritt von Wulff nach nur 20 Monaten Amtszeit ausgelöst worden. Wulff war am 17. Februar zurückgetreten, unmittelbar nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover angekündigt hatte, gegen ihn wegen Vorteilsannahme förmlich ermitteln zu wollen. Inzwischen ist das Verfahren eingeleitet.

    Die Linke kritisierte, dass die Durchsuchung in Wulffs Wohnhaus in Großburgwedel bei Hannover am Freitagabend "einvernehmlich" erfolgt sei. Nur ohne Vorwarnung könne sichergestellt werden, dass der Verdächtige mögliche Beweismittel nicht beseitige, erklärte der Fraktionsvorstand Wolfgang Neskovic, ein Ex-Richter. Allerdings hätte Wulff theoretisch auch vorher schon genug Zeit dafür gehabt, wenn er das gewollt hätte.

    Interesse der Staatsanwaltschaft: Wulffs Handy- und Computerdaten

    Die Staatsanwaltschaft interessiert sich vor allem für Wulffs Handy- und Computerdaten. Bei der Durchsuchung seien davon Kopien erstellt worden, sagte ein Behördensprecher in Hannover. Die Staatsanwaltschaft hatte auch Büroräume und die Wohnung des mit Wulff befreundeten Filmproduzenten David Groenewold durchsucht. Er steht im Verdacht, Wulff einen Hotelaufenthalt bezahlt zu haben; Wulff will das Geld erstattet haben. dpa/AZ

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