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Hintergrund: Worum geht es in der BND-Affäre?

Hintergrund

Worum geht es in der BND-Affäre?

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    Innerhalb der weithin sichtbaren weißen Abhörkugeln der Spionageeinrichtung in Bad Aibling arbeiten Satellitenanlagen mit 18 Metern Durchmesser.
    Innerhalb der weithin sichtbaren weißen Abhörkugeln der Spionageeinrichtung in Bad Aibling arbeiten Satellitenanlagen mit 18 Metern Durchmesser. Foto: Stephan Jansen, dpa

    Für SPD-Chef Sigmar Gabriel scheint die Sache klar: „Was wir jetzt erleben, ist ein Geheimdienstskandal, der geeignet ist, eine sehr schwere Erschütterung auszulösen.“ Was ist bislang bekannt über die Bundesnachrichtendienst-Affäre – und kann die Politik daraus Lehren ziehen?

    Worum geht es in der BND-Affäre?

    Der amerikanische Geheimdienst NSA soll versucht haben, Politiker, Unternehmen und Bürger in Europa auszuforschen. Der BND soll ihm dabei möglicherweise umfassend geholfen haben.

    Wie lief die Spionage ab?

    Die NSA übermittelte bestimmte Suchmerkmale (sogenannte Selektoren) an den BND. Dazu zählen beispielsweise E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern. Die werden genutzt, um riesige Datenmengen nach verdächtigen Inhalten zu durchsuchen. Die NSA übermittelte Millionen solcher Suchbegriffe an den BND – offiziell, um Terrorismus zu bekämpfen.

    Wurden bei den umstrittenen Aktionen auch Bürger und Unternehmen ausspioniert?

    Viele Deutsche waren laut Spiegel wohl von der Überwachung ausgeschlossen. Und zwar dann, wenn sie Internetdomains mit der Endung .de und Telefonanschlüsse mit der Landesvorwahl „+49“ benutzen. Allerdings besitzen viele deutsche Unternehmen auch Domains mit den Endungen „.com“ oder „.eu“. Sie könnten deswegen in das Überwachungsnetz geraten sein. Zudem benutzen manche Deutsche auch ausländische Telefonanschlüsse.

    Treffen die Vorwürfe gegen die Geheimdienste zu?

    Vieles ist noch unklar. So ist offen, ob der BND der NSA illegal Spionagedaten übermittelt hat. Auch das Ausmaß der Datenaffäre ist unbekannt. Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse, was mit möglichen deutschen Daten bei der NSA geschah. Bekannt ist, dass die NSA Listen mit gewünschten Spähzielen an den BND übermittelte. Die Deutschen sollen geholfen haben, indem sie die Ziele in ihr Suchsystem einspeisten.

    Hat die NSA die Deutschen gezielt ausgetrickst?

    Für diesen Vorwurf gibt es bislang keine Belege. Allerdings ist die NSA für ihre „Datensammelwut“ bekannt. Bei der riesigen Zahl der Suchbegriffe könnten die Amerikaner darauf gesetzt haben, dass ein paar tausend verbotene Suchwörter nicht auffallen. Es gibt auch die Theorie, dass die NSA-Experten Suchmerkmale zu allen möglichen Zielen übermittelten, ohne auf deutsche Interessen Rücksicht zu nehmen. Der BND will die rechtswidrigen NSA-Suchbegriffe nicht bewusst eingesetzt haben. Kritiker vermuten, der Geheimdienst sei entweder zu gutgläubig oder sogar willfähriger Gehilfe der Amerikaner gewesen.

    Warum arbeiten BND und NSA überhaupt zusammen?

    Der Bundesnachrichtendienst greift seit Jahren große Datenmengen mithilfe seiner Abhörstation im bayerischen Bad Aibling ab. Überwacht wird dort internationale Satellitenkommunikation – angeblich vor allem aus Krisenregionen wie Afghanistan oder Somalia. BND und NSA vereinbarten vor Jahren, dass die Amerikaner zum Teil Zugriff auf diese Daten bekommen. Gedacht war dabei offiziell an eine Kooperation zur Terrorbekämpfung. Die Voraussetzung ist, dass deutsche Interessen gewahrt werden: BND-Vorschriften sehen vor, dass die Daten vor einer Weitergabe darauf geprüft werden, ob Rechte deutscher Bürger oder deutscher Unternehmen betroffen sind. Wenn ja, müssen sie aussortiert werden. Das gilt auch für europäische Institutionen.

    Warum erregt das Vorgehen des BND grundsätzlich Kritik?

    Der Geheimdienst-Experte Wolfgang Krieger von der Universität Marburg vergleicht das Vorgehen des BND mit dem eines Fischers. Der Geheimdienst werfe ein großes Netz im Daten-Ozean aus. Dadurch sammle der BND auch ungewollte Informationen. Es gebe allerdings „keine akzeptable Alternative“ zu den aktuellen Technologien, die „nicht weit genug entwickelt“ seien. Offiziell dienen sie für den Kampf gegen Terrorismus.

    Bereits vor zehn Jahren gab es die ersten Hinweise in der BND-Affäre. Was ist seitdem passiert?

    Der BND sortierte über die Jahre 40000 NSA-Selektoren aus. Angeblich, bevor sie bei der Suche nach verdächtigen Inhalten zum Einsatz kamen. Nach den Enthüllungen des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden im Juni 2013 schaute sich der BND die Suchmerkmale noch einmal genauer an und entdeckte im August 2013 laut Spiegel mehrere tausend Selektoren, die schon in der aktiven Suche eingespeist waren und auf Behörden statt auf verdächtige Informationen abzielten.

    Betrifft die BND-Affäre nur die Vergangenheit?

    Nein, sagt Geheimdienst-Experte Wolfgang Krieger. Er sieht vor allem weiterhin Probleme, weil „sich die Datenwirtschaft nicht durch nationale Gesetze regeln lässt“. Deswegen gebe es „wenig Hoffnung auf ausreichende internationale Regelungen“. (mit dpa)

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