Brüssel Eine europäische Bankenaufsicht, ein Euro-Finanzminister, Bankenunion und Euro-Bonds – bei der Frage, wie die EU aus der Krise findet, gibt es auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs aus den 27 Mitgliedstaaten viele Konzepte. Doch welches hilft wirklich?
Warum ist eine europäische Bankenaufsicht so wichtig, dass sie schon am Jahresanfang 2013 starten soll?
Die Kanzlerin verspricht sich davon, die Spirale der Schulden – klamme Geldinstitute rufen nach staatlicher Rettung und reißen dadurch Löcher in die Haushalte – endlich zu durchbrechen. Deshalb soll die gemeinsame Bankenkontrolle die Bedingung dafür sein, dass Institute in Schwierigkeiten mit Geldern aus dem ESM-Rettungsfonds wieder aufgepäppelt werden können.
Dann müssten doch alle dafür sein, denn Spanien braucht doch zur Stabilisierung Hilfen für seine Banken?
Der Streit dreht sich um die Frage, ob diese neue Institution wirklich bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt werden soll, die ja eigentlich für die Geldpolitik zuständig ist. Außerdem stellt sich die Frage, ob die Aufseher wirklich alle 6000 Banken der Euro-Zone durchleuchten sollen oder ob es nicht reicht, wenn sie die 23 Großbanken unter die Lupe nehmen. Spaniens Probleme liegen da anders.
Warum?
Die iberischen Banken brauchen 60 Milliarden Euro aus der ESM-Kasse. Die bekommen sie aber erst, wenn die Bankenaufsicht installiert wurde. Insofern wäre ein schneller Aufbau tatsächlich hilfreich. Aber das Land leidet zugleich an ausbleibenden innenpolitischen Reformen und seiner miserablen Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb ist Spanien für Geldanleger nicht attraktiv, was wiederum hohe Zinsen für frisches Geld nach sich zieht. Diesem Teufelskreis kann Madrid nur entkommen, wenn die EZB die im Wert gefallenen Staatsanleihen aufkauft. Das ist aber nur möglich, wenn die Regierung vorher offiziell ein Hilfsgesuch beim ESM stellt. Ministerpräsident Mariano Rajoy meidet das, weil ihm dann die Troika ins Haus steht und vorschreibt, welche Maßnahmen er umzusetzen hat.
Die EU hat doch angeblich schon eine schärfere Etat-Beobachtung eingeführt. Bringt das nichts?
Die 17 Euro-Staaten sowie acht weitere EU-Länder unterwerfen sich seit diesem Jahr der strengeren Etat-Überwachung. Dabei werden die Eckdaten des nächsten Haushaltes bei der Kommission eingereicht. Diese prüft, ob die Stabilitätskriterien eingehalten wurden, und spricht notfalls Empfehlungen aus. Das klingt gut, bringt aber wenig, weil es kein Druckmittel gibt.
Und was ist mit den Euro-Bonds?
Es wird sie vorerst nicht geben, weil sich Berlin querlegt. Die Bundesregierung will verhindern, dass es zu einer Vergemeinschaftung von Schulden kommt. Das würden Euro-Bonds nämlich mit sich bringen, da ihr Zinssatz ein Durchschnitt aller Euro-Staaten wäre. Also müssten Deutschland und andere, die derzeit für geringe Zinsen Geld aufnehmen können, mehr zahlen, während die, die hohe Zuschläge für frisches Kapital anbieten müssen, von niedrigeren Sätzen profitieren würden.
Hat Bundeskanzlerin Angela Merkel deshalb auch ein eigenes Budget für den Euro-Raum vorgeschlagen?
Ja, es soll die Forderungen nach Euro-Bonds verstummen lassen und dafür sorgen, dass sich die beteiligten Länder schneller zu Reformen und einer Wirtschafts- und Währungsunion zusammenschließen.
Wie schnell könnte eine solche Wirtschafts- und Währungsunion denn geschaffen werden?
Das hängt davon ab, ob man dafür die europäischen Verträge ändern muss (und will). Die meisten Mitgliedsstaaten scheuen ein neues Dokument, weil die Ratifizierung immer ein Risiko ist. Deutschland drängt aber auf eine neue Grundlage für die Gemeinschaft. Dazu wäre ein Konvent nötig, der rund ein Jahr arbeiten müsste. Ein weiteres Jahr dauert die Ratifizierung. Von heute aus gerechnet hieße das, dass ein Vertrag 2015 in Kraft treten könnte. Das Problem droht aber 2014: Dann stehen Europa-Wahlen an, eine neue Kommission muss installiert werden. Ein Streit um einen neuen europäischen Grundlagenvertrag würde nur stören.