Sieben Kandidaten, eine Wahl, aber kaum Kampf: Vier Frauen und drei Männer wollen Oberbürgermeister von Ulm werden - mehr als sonst bei einer OB-Wahl im Südwesten üblich. Seit Wochen werben sie um die Gunst der Ulmer. Die Wahl am 29. November verspricht eigentlich einen spannenden Ausgang: Amtsinhaber Ivo Gönner (63, SPD) räumt nach 24 Jahren und drei Amtsperioden den Rathaussessel. Der Kommunalpolitiker hinterlässt große Fußstapfen, parteiübergreifend genießt er hohes Ansehen.
Sieben Kandidaten gibt es für die Oberbürgermeister-Wahl in Ulm
Rund 90 000 Ulmer dürfen seinen Nachfolger bestimmen. Aber wen nur? Da ist zum Beispiel der langjährige Finanzbürgermeister Gunter Czisch (CDU). Der 52-Jährige ist gut vernetzt und will mit seiner Verwaltungserfahrung beim Wähler punkten.
Der Landtagsabgeordnete und Stadtrat Martin Rivoir (SPD, 55) ist im Kampf ums Rathaus wohl sein größter Kontrahent. Auch er kann kommunalpolitischen Stallgeruch vorweisen. Rivoir wirbt damit, Landesgelder nach Ulm geholt zu haben. Sein Hauptversprechen: Pro Jahr 700 neue Wohnungen bauen. Sein Lebensmotto: "Alles wird gut."
Auch die Büroangestellte Birgit Schäfer-Oelmayer (Grüne) sitzt schon lange im Stadtrat. Trotzdem verspricht sie neuen Wind in der Stadtverwaltung. "Die patriarchalischen Strukturen sind überholt", kritisiert die 53-Jährige. Und: "Wir hatten 24 Jahre einen König."
Aber Gönner hat das Feld aus Sicht vieler Ulmer gut bestellt. Die Donaustadt steht nicht übel da. Die Wirtschaft brummt, das Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt feiert 125. Jubiläum. Die Wissenschaftsstadt gedeiht und vernetzt Wirtschaft und Forschung, die Stadt rückt bald mit einer neuen Straßenbahnlinie enger zusammen.
Oberbürgermeister-Kandidaten müssen sich mit Konflikthemen auseinandersetzen
Dennoch gibt es auch reichlich Themen mit Konfliktstoff: Bezahlbaren Wohnraum etwa auch für Geringverdiener, für Studenten und Flüchtlinge. Die schwächelnden Stadtwerke, die von der Stadt bezuschusst werden müssen. Der Scala-Streit der Ulmer Sparkasse, der Sparer überregional auf die Palme bringt und kurz vor dem Bundesgerichtshof steht. Viele Baustellen, unter anderem direkt am Hauptbahnhof, wo mit den Sedelhöfen ein neues Stadtquartier entstehen soll. Doch die Kandidaten scheuen eine harte Auseinandersetzung.
Auch das Thema Flüchtlingskrise hält sich bislang eher im Hintergrund. Das Wort "Flüchtlinge" kommt etwa im 21-seitigen Wahlprospekt von Martin Rivoir kein einziges Mal vor. Offenbar sind mit dem Thema wenig Stimmen zu gewinnen.
Etwas Schwung in den Wahlkampf brachte die späte Kandidatur von Kulturmanager Ralf Milde. Der 61-jährige Stadtrat gehört als Parteiloser der FDP-Fraktion an. Seiner Meinung nach muss das Stadtoberhaupt nicht besonders viel wissen, sondern vor allem sozial kompetent sein. "Für Fachkompetenz habe ich ja den Finanzbürgermeister und den Baubürgermeister", sagte er vor kurzem auf einer Wahlveranstaltung und erntete das Gelächter der Ulmer.
Die Dokumentarin Anja Hirschel (32, Piratenpartei) ist hingegen kommunalpolitisch ein vergleichsweise unbeschriebenes Blatt. Die IT-Spezialistin fordert mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung. Auch die Ethnologin Sevda Caliskan und die Softwareentwicklerin Lisa Collins sind recht unbekannte Gesichter.
Am Ende wird wohl der Sympathie-Faktor entscheiden. Aber ob einer oder eine der sieben Bewerber und Bewerberinnen am 29. November bereits die Mehrheit der Stimmen für sich verbuchen kann, ist unwahrscheinlich. Beobachter rechnen bereits mit einem erneuten Wahlgang am 13. Dezember. Dann genügt die einfache Mehrheit. Vielleicht kommt dann etwas mehr Kampf in die Ulmer Wahl. (dpa/lsw)