Vier Wochen vor WM-Anpfiff hat Brasilien eine erste größere Protestwelle erlebt, bei der tausende Menschen in mehreren Austragungsorten der Weltmeisterschaft auf die Straße gingen. In der WM-Eröffnungsstadt São Paulo kam es dabei zu Tumulten. Maskierte Randalierer demolierten Geschäfte und Banken und zündeten Müll auf der Straße an. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein.
Entspannung zeichnete sich indes in der WM-Stadt Recife ab, wo ein dreitägiger Polizeistreik für Unruhe und Plünderungen sorgte. Die Polizei beendete ihren Ausstand und wollte noch in der Nacht zum Freitag wieder an die Arbeit gehen.
Statt Stadienausbau: Geld für Schulen und Hospitäler
An dem sogenannten "Internationalen Tag des Kampfes gegen die WM" nahmen zahlreiche soziale Organisationen teil. Obdachlosenverbände forderten bezahlbare Wohnungen und streikende Lehrer mahnten in Rio und São Paulo bessere Arbeitsbedingungen an.
Das sind die WM-Gruppen
Gruppe A: Brasilien, Kroatien, Mexiko, Kamerun
Gruppe B: Spanien, Niederlande, Chile, Australien
Gruppe C: Kolumbien, Griechenland, Elfenbeinküste, Japan
Gruppe D: Uruguay, Costa Rica, England, Italien
Gruppe E: Schweiz, Ecuador, Frankreich, Honduras
Gruppe F: Argentinien, Bosnien-Herzegowina, Iran, Nigeria
Gruppe H: Deutschland, Portugal, Ghana, USA
Gruppe H: Belgien, Algerien, Russland, Südkorea
Viele Demonstranten trugen Plakate, auf denen in Anspielung auf die neuen und modernen WM-Stadien die Forderung stand: "Schulen und Hospitäler nach FIFA-Standard". In São Paulo wurden über 20 Menschen festgenommen, die laut Polizei unter anderem Molotow-Cocktails bei sich trugen. Protestaktionen wurden auch aus den WM-Spielorten Belo Horizonte, Fortaleza und Brasília gemeldet.
Etwa 2000 Menschen blockierten im Osten von São Paulo zeitweise die Zufahrt zum Stadion Arena Corinthians, wo die WM am 12. Juni eröffnet wird. In dem Viertel besetzten obdachlose Familien schon Anfang des Monats unter dem Motto "Copa do Povo" (WM des Volkes) ein Fläche, die etwa vier Kilometer vom neuen Stadion entfernt liegt.
"Wir wollen den Widerspruch aufzeigen, der darin liegt, dass Milliarden für dieses Ereignis (WM) ausgegeben werden, während das Volk selbst Wohnungen braucht", sagte Maria das Dores Cerqueira, eine der Organisatorinnen.
Regierung: "Protest richtet sich nicht gegen Fußball-WM"
Aus Sicht der Regierung richteten sich die Proteste nicht gegen die Fußball-WM. Die Demonstranten nutzten lediglich die Gelegenheit, "um Forderungen zu präsentieren, die legitim sind, aber wenig mit der WM zu tun haben", sagte Präsidialamtsminister Gilberto Carvalho. Die Proteste schreckten die Regierung nicht. "Was uns besorgt ist, wenn antidemokratische Methoden, wenn Gewalt angewendet wird, sei es aufseiten der Polizei oder aufseiten der Demonstranten", sagte Carvalho.
Nach Regierungsangaben werden für die Weltmeisterschaft insgesamt 26,5 Milliarden Reas (8,7 Mrd. Euro) investiert. Davon stammen rund 84 Prozent aus öffentlichen Mitteln. Über ein Drittel des Geldes floss in Projekte für den öffentlichen Nahverkehr, rund 28 Prozent wurden für die WM-Stadien ausgegeben und 26,5 Prozent für Flughäfen.
Im nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco, in dessen Hauptstadt Recife die DFB-Elf am 26. Juni ihr Gruppenspiel gegen die USA bestreitet, wurde die WM-Stimmung durch einen Streik der Polizisten und Feuerwehrleute getrübt. Der Ausstand wurde aber am Donnerstagabend (Ortszeit) beendet. Der Fußballverband CBF hatte zuvor wegen der angespannten Sicherheitslage eine am Wochenende im WM-Stadion Arena Pernambuco geplante Zweitliga-Partie verschoben.
Die WM wird vom 12. Juni bis 13. Juli in zwölf brasilianischen Städten ausgetragen. 2013 waren zum Confederations Cup bis zu eine Million Menschen aus Protest gegen Korruption, Misswirtschaft und die Milliarden-Ausgaben für die WM auf die Straße gegangen.