Wohnungsmieten werden immer teurer. Vor allem in deutschen Großstädten steigen die Quadratmeterpreise. Geht es nach dem Deutschen Mieterbund liegt das aber nicht nur an der begrenzten Wohnfläche. Angesichts drastisch gestiegener Mieten in Ballungsräumen und Großstädten versuchten immer mehr Vermieter, Altmieter mit niedrigen Mieten zu vertreiben. Das Ziel: die Wohnungen anschließend deutlich teurer neu vermieten oder als Eigentumswohnungen gewinnbringend verkaufen.
Neuverträge sind lukrativer für Vermieter
Das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ des SWR hat diesen Trend nun aufgegriffen und unter die Lupe genommen. Die Reportage zeigt drastische Fälle von Mietervertreibung in deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg und München. Der Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, sagt im Interview: „Es ist im Moment besonders lukrativ, Altmieter loszuwerden, weil in Deutschland die Neuvertragsmiete keiner Grenze unterworfen ist, und man daher nahezu jeden Preis da nehmen kann, wo es der Markt hergibt – und das ist insbesondere in den Ballungszentren.“
Mieterbund spricht von Schikane gegen Mieter
Mietervereine in deutschen Großstädten stellten laut Siebenkotten fest, dass dabei vermehrt Druck auf Mieter ausgeübt werde, weil Vermieter auf diese Weise ihre Wohnungen schneller freistellen können. „Die Schikanen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Wir kriegen immer mehr Klagen dieser Art, bei denen uns gesagt wird, es wird Psychoterror ausgeübt, wir werden mit Schreiben zugeschüttet und ähnliches, was natürlich den Mieter mürbe machen kann“, sagt Siebenkotten.
Häufig würden Mieter derzeit auch durch Modernisierungsmaßnahmen hinausgedrängt, weil die Mieten danach stark erhöht werden könnten und weil massiver Baulärm und Schmutz über einen längeren Zeitraum den Mietern stark zusetzten. Auch rabiates Verhalten von Bauarbeitern führe dazu, dass sich Mieter schutzlos fühlten und das Weite suchten. Zugemauerte Fenster, aufgerissene Wände, demontierte Aufzüge sowie monatelang unterbrochene Strom- und Gasversorgung zählten zu den Schikanen.
Sozialstruktur der Städte verändert sich
Die Vertreibung von Mietern, die sich nur eine niedrige Miete leisten könnten, führe dazu, dass sich die Sozialstruktur der Städte derzeit ändere. Gerade sozial schwache Mieter würden zunehmend an den Stadtrand gedrängt. „Aus unserer Sicht ist das eine erschreckende Entwicklung und der muss Einhalt geboten werden“, sagt Siebenkotten.
„Wir glauben, dass die Neuvertragsmieten, die zum Teil heute durch die Decke schießen, eine Begrenzung benötigen. Das würde sofort dämpfend auf den Markt wirken und dazu führen, dass Schikanen gegen Mieter nicht mehr in solchen Größenordnungen und in dieser Menge stattfinden.“
Mieterbund fordert Obergrenze für Mieten
Im Moment seien die Mieter, vor allem in dynamischen Regionen und Gebieten wie süddeutschen Großstädten, aber auch in Berlin, nicht hinreichend vor den Forderungen der Vermieter geschützt, betonte der Berliner Mieterverein-Geschäftsführer Wild: „Das Mietrecht muss deswegen angepasst werden. Vor allen Dingen muss bei Neuabschluss eines Mietvertrages die Miete begrenzt werden, sie darf nach unserer Einschätzung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent übersteigen. Aber auch für bestehende Mietverhältnisse brauchen wir eine Verbesserung. Und bei Modernisierung von Wohnungen dürfen die Kosten nicht mehr im vollen Umfang wie jetzt auf die Miete umgelegt werden.“
Mehr zum Thema am Dienstag, 21. August, im "Report Mainz" im Ersten. AZ