Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Landgericht München: Urteil: Demjanjuk muss fünf Jahre ins Gefängnis

Landgericht München

Urteil: Demjanjuk muss fünf Jahre ins Gefängnis

    • |
    John Demjanjuk im Landgericht in München. dpa
    John Demjanjuk im Landgericht in München. dpa

    Am Donnerstag ist vor dem Landgericht München II in Anwesenheit zahlreicher Nebenkläger das Urteil gegen John Demjanjuk gefallen: fünf Jahre Freiheitsstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft verlangt, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

    Demjanjuk ist der Beihilfe zum Mord an mindestens 28.060 Menschen im Jahr 1943 im Vernichtungslager Sobibór schuldig gesprochen worden. Er soll dort tätig gewesen sein, nachdem er als Rotarmist in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war und als KZ-Hilfswachmann angeheuert wurde. Zwar konnte Demjanjuk keine konkrete Tat zugeschrieben werden. Das Gericht schloss sich jedoch der Argumentation der Anklage an: Da das Lager Sobibór im besetzten Polen allein zur planmäßigen Ermordung von Menschen diente, habe sich jeder mitschuldig gemacht, der dort Dienst tat.

    Am Mittwoch hatten die Verteidiger ihre Schlussvorträge beendet, ein mögliches letztes Wort hatte der 91-jährige Angeklagte am Donnerstag mit einem schlichten "Nein" abgelehnt.

    Die zehn meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher

    Ivan (John) Demjanjuk: Der gebürtige Ukrainer war als Aufseher im NS-Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen an der Ermordung von Juden beteiligt. Nach der Auslieferung aus den USA wurde der 89-Jährige in München vor Gericht gestellt und 2011 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil gegen Demjanjuk wurde nicht rechtskräftig.

    Sandor Kepiro: Der ungarische Polizeioffizier soll an der Ermordung von mehr als 1200 Zivilisten im serbischen Novi Sad teilgenommen haben. Kepiro steht seit Mai 2011 in Budapest vor Gericht.

    Milivoj Asner: Der Ex-Polizeichef in Kroatien soll an der Deportation Hunderter Serben, Juden, Sinti und Roma beteiligt gewesen sein. Er lebt im österreichischen Klagenfurt und gilt als verhandlungsunfähig.

    Sören Kam: Der frühere dänische SS-Mann, der 1956 die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, soll unter anderem an der Entführung und Ermordung eines dänischen Journalisten im Jahr 1943 sowie an der Deportation dänischer Juden beteiligt gewesen sein. Kam lebt im Allgäu. Ein Gericht lehnte 2007 seine von Dänemark beantragte Ausweisung 2007 wegen mangelnder Beweise ab.

    Klaas Carl Faber: Er wurde 1944 in den Niederlanden wegen der Ermordung von Gefangenen zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde 1948 in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Faber flüchtete 1952 und lebt seitdem in Deutschland.

    Heinrich Boere: Das ehemalige niederländisch-deutsche Mitglied eines SS-Sonderkommandos wurde wegen des Mordes an drei niederländischen Zivilisten 1949 in den Niederlanden in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Boere floh nach Deutschland. Hier wurde er wegen dreifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Karoly (Charles) Zentai: Nahm 1944 an der Verfolgung und dem Mord an Juden in Budapest teil. Seine Abschiebung aus Australien nach Ungarn wurde 2008 gestoppt - in letzter Minute.

    Michail Gorschkow: Er soll laut Wiesenthal-Zentrum an der Ermordung von Juden in Weißrussland beteiligt gewesen sein. Die USA entzogen ihm die Staatsbürgerschaft entzogen, in Estland wird gegen ihn ermittelt.

    Algimantas Dailide: Er nahm Juden fest, die später von Nazis und litauischen Kollaboratoren getötet wurden. Er wurde dafür 2006 im Alter von 85 Jahren verurteilt, musste aber wegen seines hohen Alters nicht ins Gefängnis.

    Harry Mannil: Nahm Juden fest, die danach von Nationalsozialisten und estnischen Kollaborateuren ermordet wurden. Er starb 2010 in Costa Rica - unbelangt für seine Taten.

    Der Prozess gegen Demjanjuk begann im November 2009 und war ursprünglich auf 41 Termine angesetzt. Am Donnerstag war bereits der 93. Verhandlungstag. Zu den Gründen für die lange Dauer zählen der Gesundheitszustand des greisen Angeklagten, der nur rund drei Stunden Verhandlung pro Tag zulässt, sowie eine Flut von Anträgen der Verteidigung, die diese teils tagelang verlas. (dapd, dpa, AZ)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden