Udo Vetter, Betreiber des "lawblog", Deutschlands größtes Blog zu Rechtsfragen, hat sich im Interview mit augsburger-allgemeine.de zur Klage Bettina Wulffs gegen den Suchmaschinenbetreiber Google geäußert. Er glaubt nicht, dass sie allzu große Chancen haben wird.
Herr Vetter, wie bewerten Sie die Erfolgsaussichten der Klage von Bettina Wulff gegen Google?
Udo Vetter: Google wird nicht zum ersten Mal wegen der Auto-Vervollständigen-Funktion verklagt. Ich erinnere mich an den Fall des Autors und Comedians Bastian Sick, der dem Unternehmen untersagen wollte, zu seinem Namen die Begriffe "Buhrufe", "Eklat" und "sichtlich verwirrt" anzuzeigen. Der Autor argumentierte, dies sei irreführend, da es keinen tatsächlichen Eklat wegen seines Zustands gegeben habe, sondern dies in einem satirischen Artikel über ihn lediglich suggeriert wurde. Wenn allerdings jemand den entsprechenden Artikel nicht anklicke, sondern nur oberflächlich bei Google suche, könne er den satirischen Hintergrund nicht erkennen.
Wie war das Ergebnis?
Die Klage wurde in zweiter Instanz abgewiesen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Google nur auf einen legal existierenden Artikel verlinkt. Man muss sich das wie einen Wegweiser vorstellen. Steht am Straßenrand ein Schild, das die Richtung nach München zeigt, bleibt es auch der Interpretation desjenigen, der dem Wegweiser folgt, überlassen, ob er die bayerische Landeshauptstadt für einen wunderbaren Ort oder einen überteuerten Sündenpfuhl hält.
Solange Google also ohne redaktionelle Bewertung der Inhalte nur als Mittler zwischen dem Suchenden und dem Anbieter fungiert, macht sich das Unternehmen auch nicht juristisch angreifbar. Bettina Wulff hat also meines Erachtens mit ihrer Klage kaum Erfolgsaussichten.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang "legal existierender Artikel"?
Udo Vetter: Viele Medien berichten zur Zeit über die Rechtsstreitigkeiten zwischen Frau Wulff und verschiedenen Stellen. In jedem dieser Artikel tauchen die fraglichen Schlagworte auf, ohne dass eines der Gerüchte wiederholt oder gar erneuert wird. Somit ist es nur verständlich, wenn bei einem Thema, das die Öffentlichkeit in einem solchen Maße beschäftigt, viele Suchanfragen registriert und von Google die entsprechenden Stichworte dazu angeboten werden.
Das ist Bettina Wulff
Bettina Wulff war die jüngste "First Lady". Mit 36 Jahren zog sie ins Schloss Bellevue.
Bettina Wulff war einst Pressereferentin bei Continental in Hannover.
Pfingsten 2006 traf sie erstmals mit Christian Wulff zusammen – es sollte Liebe werden.
Wenig später gab Christian Wulff bekannt, dass er sich von seiner Frau Christiane nach 18 Ehejahren getrennt hatte.
Während der Amtszeit ihres Mannes als Bundespräsident zog Bettina Wulff die Fotografen an wie Motten das Licht.
In geschmackvollen Roben brachte sie bei offiziellen Anlässen mit ihrer unkonventionellen Art frischen Glanz in die oft etwas angestaubten Empfänge.
Die gebürtige Hannoveranerin umgab ihren Ehemann mit Glamour, den dieser so dringend benötigte.
Sodass auch frühe Kritiker Wulffs einräumen mussten, Wulff und seine Frau seien ein Paar, das Deutschland würdig in der Welt vertrat.
Doch dann kam die Kreditaffäre Wulffs.
Ehefrau Bettina Wulff stärkte ihrem Mann immer den Rücken. Bei seinem Rücktritt zeigte sie sich selbstbewusst und stark.
Doch im Hintergrund setzten Bettina Wulff die Gerüchte um ihre eigene Person zu.
Bettina Wulff ist mit ihrem Buch «Jenseits des Protokolls» im September 2012 an die Öffentlichkeit gegangen.
Anfang 2013 wurde offiziell bekannt: Bettina und Christian Wulff haben sich getrennt.
Im Übrigen könnte die entsprechende Suchanfrage ja auch auf Artikel verweisen, die die Gerüchte explizit entkräften. Es ist also kaum möglich, bestimmte Begriffe nur in eine Richtung zu interpretieren.
Spielt bei der Bewertung der Angelegenheit eine Rolle, dass Frau Wulff eine Person des öffentlichen Lebens ist?
Udo Vetter: Auch das spielt natürlich eine Rolle. Eine Privatperson hat mehr Anspruch auf Schutz als jemand, der sich selbst in die Öffentlichkeit stellt, wie es Frau Wulff getan hat, indem sie beispielsweise autorisiert hat, dass die Bild Vorabinformationen aus ihrem jetzt erscheinenden Buch abdruckt. Es ist also sogar möglich, dass sie mit ihrem eigenen Verhalten der vergangenen Tage dazu beigetragen hat, die Erfolgsaussichten ihres Prozesses zu mindern.