Bei ihrem Besuch in Ankara hat sich Angela Merkel auf oblatendünnem Eis bewegt. Und sie ist nicht eingebrochen. Seit Monaten werfen ihre Kritiker der Kanzlerin vor, sie habe sich erpressbar gemacht. Die Argumentation geht so: Der türkische Präsident hat
Deshalb – so argwöhnen die Gegner der Kanzlerin – schaut sie schweigend zu, wie in der Türkei Menschenrechte quasi abgeschafft werden und das Land in Richtung Diktatur abrutscht. Doch diesmal hat Merkel eben nicht geschwiegen.
Merkels Worte waren eine Provokation für Erdogan
Sie hat ihre Kritiker Lügen gestraft und Erdogan ins Gesicht gesagt, was Demokratie bedeutet, was ihr am Weg seines Landes Sorgen bereitet. Ein solches Signal war richtig – und überfällig. Die Kanzlerin zeigt dem Präsidenten damit, dass sie nicht wegschauen wird, nur um den Flüchtlingsdeal zu retten.
Ob sich der Autokrat davon beeindrucken lässt? Wohl kaum. Aber ohne Frage waren Merkels Worte eine Provokation für ihn. Dementsprechend gereizt fiel seine Reaktion aus. Das Risiko der Kanzlerin blieb trotzdem überschaubar. Denn auch ihr Gegenüber hat etwas zu verlieren: Er braucht die EU als Partner, um die marode türkische Wirtschaft zu stabilisieren.
Die Bilder mit seiner Besucherin aus Deutschland wird Erdogan zur Selbstinszenierung nutzen – ob sie das will oder nicht. Aber das musste Merkel in Kauf nehmen.