Angela Merkel ist „Person des Jahres“! Weltweit. Welch’ Ehre. Doch Vorsicht: Die Macher des US-Magazins Time sind dafür berüchtigt, dass sie ihre Auswahl nicht unbedingt nach moralischen Gesichtspunkten treffen, sondern schlicht die Person küren, die dem ausgehenden Jahr ihren Stempel aufgedrückt hat. Warum sonst wären der IS-Chef Bagdadi oder der Polit-Berserker Donald Trump gleich hinter der Kanzlerin ins Ziel gekommen?
Time: Angela Merkel ist die Kanzlerin der Welt
Im Falle Merkels liegt die Sache anders: Die Auszeichnung ist – so wie bei der Auswahl von Willy Brandt 1970 – von fast schwärmerischer Sympathie der Time-Redaktion getragen: „Europas mächtigste Führungsfigur ist ein Flüchtling aus einer Zeit und von einem Ort, wo ihre Macht unvorstellbar gewesen wäre“, verweisen sie ehrfurchtsvoll auf ihre Herkunft aus der früheren DDR. Dass diese Person nun angesichts des Flüchtlingsstroms „Barmherzigkeit wie eine Waffe einsetzt“, macht sie für das Magazin zur „Kanzlerin der freien Welt“. Wenn das nach allen Anfeindungen wegen ihrer Offenheit gegenüber Migranten nicht mal ein Grund für eine zufriedene Raute und ein Lächeln ist.
Die Pfarrerstochter steht jetzt in einer Reihe mit Charles Lindbergh (1927), Mahatma Gandhi (1930) oder Konrad Adenauer (1953). Bevor jetzt der Vorwurf der „Political Correctness“ kommt. Es stimmt: Hitler holte 1938 den Titel – woran gerade aus der braunen Ecke immer mal wieder gerne erinnert wird. Doch der Nazi-Führer wurde damals „Mann des Jahres“, weil er „zur größten Bedrohung für die demokratische, die Freiheit liebende Welt“ geworden war – so urteilte Time damals hellsichtig.