Sie stehen mit dem Smartphone auf und gehen mit ihm ins Bett. Sie sind praktisch rund um die Uhr online, kommunizieren mit ihren Freunden ausschließlich über soziale Netzwerke und informieren sich auch über das Weltgeschehen nur noch über Facebook, Twitter, WhatsApp und Co. Doch die Jugendlichen in Deutschland sind immer weniger in der Lage, zwischen seriösem Journalismus und interessengeleiteten Informationen zu unterscheiden, weil sie sich nicht für die Quelle einer Botschaft interessieren. Und auch an der Schule findet keine Vermittlung von Medien- und Nachrichtenkompetenz statt, da das Thema weder in der Lehrerausbildung noch in den Lehrplänen eine wichtige Rolle spielt.
Das sind die Ergebnisse einer Studie der Technischen Universität Dresden, die im Auftrag der „Stiftervereinigung der Presse“ erstellt und am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. „Die digitale Revolution verändert die Art und Weise, wie wir kommunizieren und uns informieren, doch die Kinder werden in der Schule nur mangelhaft auf die Herausforderungen der Mediengesellschaft vorbereitet“, sagte Kommunikationswissenschaftler Lutz M. Hagen, der zusammen mit Anja Obermüller und Rebecca Renatus die Studie erstellt hatte. Ein qualitativ hochwertiger Journalismus auf der einen Seite brauche auf der anderen Seite auch ein „zur Nachrichtenaufnahme fähiges Publikum“, das klar unterscheiden könne, ob eine Quelle seriös oder unseriös sei. Sein bitteres Fazit: „Die Schülerinnen und Schüler machen keine Unterschiede zwischen hobbymäßigen Bloggern, einer PR-Agentur oder professionellen Journalisten.“
Angehende Lehrer werden alleine gelassen
Das Problem: Es gibt niemanden, der den Jugendlichen die dringend benötigte Nachrichtenkompetenz beibringt. Weder die Eltern noch die Lehrer sind darauf vorbereitet, da ihnen selber das nötige Wissen über die Aufgaben und Arbeitsweisen von Journalisten fehlen, so der Dresdner Kommunikationswissenschaftler Hagen.
Bei der Analyse der Vorgaben der Kultusministerkonferenz, der Lehrpläne aller Bundesländer, der Schulbücher in den Fächern Deutsch, Geschichte, Sozial- oder Gemeinschaftskunde und Ethik sowie den Studienordnungen für das Lehramtsstudium stellten sie fest, dass das Thema zwar grundsätzlich als bedeutend genannt wird, in der Praxis aber kaum eine Rolle spielt. Große Defizite gibt es auch an den Universitäten – die angehenden Lehrer werden im Studium alleine gelassen.
Können Schüler sich schlechter konzentrieren?
Die ständige Beschäftigung mit dem Smartphone hat aber noch eine andere Seite. Immer mehr Lehrer klagen über die nachlassende Konzentrationsfähigkeit ihrer Schüler, die teilweise hunderte Nachrichten von Freunden und Kameraden bekämen. Darunter würden nicht zuletzt die Hausaufgaben leiden. Das Gymnasium Friedberg hat deshalb im vergangenen Frühjahr in einem Brief an alle Eltern appelliert, zumindest bei Unterstufenschülern täglich drei smartphonefreie Stunden durchzusetzen.