Mehr als zwei Monate ist er jetzt außer Dienst, und trotzdem in der US-Politik irgendwie allgegenwärtig. Donald Trump macht ihn für alles Mögliche verantwortlich, beschimpft ihn als "kranken Typ", einen "Saustall" habe er hinterlassen. Während die Republikaner sich gern weiter an Barack Hussein Obama reiben würden, weil sie das so lange kräftigend geeinigt hat, werden aus den Reihen der Demokraten Rufe nach ihm als einer Art Revolutionsführer laut.
Für beides steht der 44. Präsident der USA nach Lage der Dinge nicht zur Verfügung. Er hat andere Pläne.
Die Washington Post zitiert enge Mitarbeiter der Obamas, das Paar sei - wie nach einem längeren Tauchgang - immer noch in einer Dekompressionsphase. Dem Wahlkampf 2004 seien zwölf Jahre voll extremer Anspannung und Verantwortung gefolgt, nun dauere das Runterkommen eine Zeit.
Dabei hilft Erholung satt. Weißer Sand statt Weißes Haus: Palm Springs, die Karibik, Hawaii, fast unverschämt entspannte Bilder eines gut trainierten, strahlenden Mannes beim Kite-Surfen. Zuletzt landete Obama auf dem lieblichen Tetiaroa in der Südsee an, das einst Marlon Brando gehörte. Dort will er seine Biografie schreiben, Millionenumsätze garantiert. Bei kurzen öffentlichen Auftritten wirkte das Paar entspannt und erholt.
Obama äußert sich nur selten
Kritiker halten dem Ex-Präsidenten allerdings entgegen, er lasse seinen Nachfolger allzu sehr gewähren. Wolle er denn der Trump'schen Abrissbirne beim Einreißen all seiner Errungenschaften nur zusehen? In Medienberichten hält Obamas ziemlich gut organisiertes Umfeld dem entgegen, der Ex-Präsident folge der eisernen Regel, einen Nachfolger nicht zu kritisieren.
Nur selten äußert sich Obama, und dann nur per Mitteilung: Im tobenden Streit über einen Einreisebann freute er sich über das vielfältige bürgerschaftliche Engagement im Land, ohne Trump beim Namen zu nennen. Ein anderes Mal warb er eindringlich, die nach ihm benannte Gesundheitsversicherung "Obamacare" nicht abzuschaffen, was den Republikanern ja auch irgendwie gelang.
Dass die Republikaner Obama vermissen würden, kann man wirklich nicht sagen. Und doch fehlt er ihnen. Führende Parteivertreter ließen zuletzt offen erkennen, dass konstruktives Regieren viel schwerer sei als gemeinsam einfach gegen alles zu sein, was von Obama kam. Wie ein Wasserzeichen ist das Prägende der zwei Amtszeiten Obamas in Amerika präsent, so rasch Trump das auch ausradieren will.
Bürgerrechtler: Obama soll offen gegen Trump kämpfen
"Über den Dingen stehen" oder "Aus dem Parteischlamm heraushalten": So beschreiben Wegbegleiter die aktuelle Strategie Obamas. Aber ob er sich damit zufriedengeben wird, eine Milliarde US-Dollar für seine Bibliothek in Chicago zu sammeln, wie andere Ex-Präsidenten mehr oder minder unpolitisch sein Vermächtnis aufzubauen? Kaum. Dafür ist er mit 55 auch einfach zu jung.
Obama glaube noch immer fest daran, dass Amerika über alle Grenzen hinweg zusammenkommen könne, heißt es. Auch wenn ihm diese Einigung in den acht Jahren im Weißen Haus nicht gelungen ist, im Gegenteil. Nun wird der Aufbau einer großen, breiten Bewegung bürgerschaftlichen Engagements als eines seiner größten Ziele beschrieben. Das andere ist der komplizierte Kampf gegen das Gerrymandering, den von Republikanern betriebenen Neuzuschnitt von Bezirken zu ihren Gunsten.
Nicht alle sind damit glücklich. Obama solle sich offen in die Anti-Trump Front einreihen - oder zur Seite gehen, schimpfen Bürgerrechtler. Obama aber glaubt, seine Ziele besser unbenetzt von den trüben Wassern der Parteien zu erreichen, will sich also nicht zu offensichtlich engagieren. Hinter den Kulissen nimmt er durchaus weiter Einfluss. Dass er seinem Ex-Arbeitsminister Tom Perez an die Spitze der Demokraten verhalf, ist unwidersprochen, und es verdrießte die Progressiven durchaus. Die Demokraten gerieten unter Obama in keinen guten Zustand.
Obama und Trump sollen länger nicht mehr gesprochen haben
Eine Obama-Stiftung soll seinen Zielen einen Rahmen bieten, vermutlich wird sie viel mit der Bibliothek zu tun haben. Einstweilen sind allein in Washingtons West End immerhin 15 Menschen für den ehemaligen Präsidenten tätig.
Abseits aller Spekulationen über die politische Zukunft zieht das ehemals berühmteste Paar der Welt im wirklichen Leben nach wie vor Aufmerksamkeit auf sich wie wenige andere. Wenn Obama mit Sonnenbrille, in dunkler Jeans und lässiger Lederjacke ein Museum verlässt, ist das der Vogue eine lobende Erwähnung wert. Als Michelle am Valentinstag auf Instagram ein Foto ihres und seines nackten Fußes an körnigem Sandstrand verbreitete, rauschte das nur so durchs Internet.
Die Obamas werden nicht verschwinden, im Gegenteil. Weil Tochter Sasha erst 2019 die Sidwell Friends Highschool abschließt, bleiben sie auch in der Hauptstadt präsent, haben gerade ein Haus im Stadtteil Kalorama renovieren lassen. Im Amtsübergang noch bemüht freundlich, hat Obama mit Trump nun angeblich seit Wochen nicht mehr geredet. Zumindest räumlich werden sich Nummer 44 und 45 wieder annähern. Politisch eher nicht. Martin Bialecki, dpa
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