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Porträt: Sahra Wagenknecht - die Unnahbare

Porträt

Sahra Wagenknecht - die Unnahbare

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    Sahra Wagenknecht gibt sich bedeckt, was ihre Kandidatur für den Parteivorsitz betrifft. Sie hoffe, dass diese Variante nicht notwendig sein wird.
    Sahra Wagenknecht gibt sich bedeckt, was ihre Kandidatur für den Parteivorsitz betrifft. Sie hoffe, dass diese Variante nicht notwendig sein wird. Foto: Soeren Stache dpa

    Ein Dementi klingt anders. Die Frage, ob auch sie für den Parteivorsitz kandidiert, beantwortet Sahra Wagenknecht nicht einfach mit Ja oder Nein, sondern mit einem dieser typischen Wagenknecht-Sätze, die alles bedeuten können und auch wieder nichts. „Ich hoffe“, sagt sie, „dass diese Variante nicht notwendig sein wird.“

    Mit dem Gedanken, das Machtvakuum bei der Linken zu füllen, hat sie demnach schon gespielt. Die passende Konstellation dafür aber müsste noch gefunden werden. Eine Doppelspitze mit Dietmar Bartsch, dem Intimfeind ihres Lebensgefährten Oskar Lafontaine, verbietet sich von selbst. Für zwei Frauen als Parteichefinnen können sich zwar viele Linke begeistern, dafür aber gibt es bereits andere Anwärterinnen.

    Fraglich, ob sich ein Mann findet, der sich als Nummer zwei neben ihr einsortiert

    Und ob sich noch ein Mann findet, der sich erstens gegen Bartsch durchsetzt und sich dann zweitens wie selbstverständlich als gefühlte Nummer zwei neben einer Vorsitzenden Wagenknecht einsortiert – das ist eine Woche vor dem Parteitag nicht allzu wahrscheinlich. Dennoch fällt der Name der 42-Jährigen in den Diskussionen über die künftige Linken-Spitze immer häufiger. „Sie hat Ausstrahlung weit über die Partei hinaus“, lobt der amtierende Vorsitzende Klaus Ernst. Und fügt hinzu: „Ich halte sie für besonders geeignet.“

    Sahra Wagenknecht ist lange genug in der Politik, um zu wissen, dass man nie nie sagen sollte. Schließlich hat auch sie selbst eine bemerkenswerte Metamorphose durchlebt: Die flammende Kommunistin, die in der Nacht des Mauerfalls Kants Kritik der reinen Vernunft las und erst nach einem halben Jahr zum ersten Mal nach Westberlin fuhr, schreibt heute Bücher über die soziale Marktwirtschaft.

    Aus Protest gegen den Wehrunterricht in Hungerstreik getreten

    Die führt zwar bei ihr noch immer direkt in den Sozialismus. Verglichen mit früher aber klingt die neue Wagenknecht oft wie weichgespült. Aus der Außenseiterin ist eine etablierte Linke geworden, die es bis zur stellvertretenden Partei- und Fraktionsvorsitzenden gebracht hat. Zu links für die Linke, eine verkappte Stalinistin gar? Die Zeiten, in denen selbst ihre Partei an ihr verzweifelte, sind lange vorbei.

    In die SED ist die Tochter einer Deutschen und eines Iraners erst im Wendejahr 1989 eingetreten – eine Einzelgängerin, kühl, unnahbar und belesen wie wenige. Nachdem sie aus Protest gegen den Wehrunterricht in eine Art Hungerstreik getreten war, durfte sie in der DDR nicht studieren.

    Später schloss sie ihr Studium mit einer Arbeit über den jungen Marx ab und konzentrierte sich fortan ganz auf die Politik. Europaabgeordnete, Bundestagsabgeordnete, gern gesehener Talkshowgast: Nach Lafontaines Verzicht könnte Sahra Wagenknecht nun das neue Gesicht der Linkspartei werden. Wenn sie es will.

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