In der SPD-Führungsspitze wird nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" ein formaler Ausschluss einer großen Koalition erwogen. Ein solcher Schritt könne auf die eigenen Anhänger und Wahlkämpfer motivierend wirken, berichtet das Blatt unter Berufung auf Parteikreise.
SPD: Kanzlerkandidat Steinbrück schließt große Koalition aus
Bundestagswahl 2013: Das Programm der SPD
FINANZPOLITIK: Die SPD will Finanzmärkte, -produkte und -akteure stärker regulieren. Unter anderem soll eine Finanztransaktionssteuer eingeführt und der Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren eingeschränkt werden.
ARBEITSMARKT: Es soll einen Mindestlohn, gleiche Löhne für Frauen und Männer und ein stärkeres Tarifsystem geben. 40 Prozent der Aufsichtsräte und Vorstände börsennotierter Unternehmen sollen weiblich werden.
FAMILIE: Arbeit, Kinderbetreuung und Pflege sollen besser miteinander vereinbar sein. Das gerade erste von der CDU beschlossene Betreuungsgeld will die SPD abschaffen. Eine Familienarbeitszeit soll Eltern erlauben, ihre Arbeitszeit auf eine 30-Stunden-Woche zu reduzieren.
BILDUNG: "Beruflich Qualifizierte" wie Meister sollen einen leichteren Zugang zu Hochschulen bekommen. Von der Kita bis zur Hochschule soll es keine Gebühren geben.
BREITBAND: Schnelles Internet für alle, soll Bürgerrecht werden.
ENERGIEWENDE: Die Belastung der Industrie und der privaten Haushalte soll verringert werden. Dazu will die SPD die Stromsteuer senken. Ein Energieministerium soll über erneuerbare Energien, Netzausbau und Energiespeicher wachen.
AUSSENPOLITIK: Die Türkei soll der Europäischen Union beitreten dürfen. Auch doppelte Staatsbürgerschaften sollen in Deutschland künftig möglich sein.
VORSORGE: Die Krankenvoll- und Pflegeversicherung soll von einer Bürgerversicherung ersetzt werden.
INNENPOLITIK: Die SPDist für ein Verbot der NPD.
BANKEN: Bankautomatengebühren sollen bei zwei Euro gedeckelt werden. Zudem will die SPD kostenloses Onlinebanking und Dispozinsen von maximal acht Prozent über dem Basiszinssatz sicherstellen.
TRANSPARENZ: Bundestagsabgeordnete sollen ihre Nebeneinkünfte offenlegen müssen. Parteispenden sollen auf 100.000 Euro gedeckelt werden. Wenn ein Bundestagsabgeordneter das Parlament verlässt, muss eine Ethikkommission oder die Bundeskanzlerin/der Bundeskanzler seine neue Tätigkeit absegnen.
STEUER: Das Ehegattensplitting soll abgeschafft werden. Anstatt dessen soll es einen Partnerschaftstarif geben, bei dem beide individuell besteuert werden. Die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen werden dabei berücksichtigt. Zudem soll es Steuererhöhungen für "einige wenige" geben.
PFLEGE: Arbeitnehmer sollen ihre Angehörigen in einer der Elternzeit ähnlichen Periode pflegen dürfen.
VERBRAUCHERSCHUTZ: Künftig sollen Unternehmen zum Beispiel für Versicherungen, Strom und Telefon nur noch Nettotarife anbieten dürfen.
UMWELTSCHUTZ: CO2-Emissionen sollen bis 2050 95 Prozent unter dem Basiswert von 1990 liegen. Die Zahl der von Lärm gesundheitlich beeinträchtigten Menschen in Deutschland will die SPD bis zum Jahr 2020 halbieren.
FORSCHUNG: Die Forschungsinvestitionen sollen über drei Prozent des jährliches Bruttoinlandsproduktes ausmachen.
RENTE: Wer viele Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlte, soll eine Rente deutlich über der Grundsicherung erhalten. (pli)
Quelle: Das komplette Wahlprogramm der SPD finden Sie hier www.spd.de/linkableblob/96686/data/20130415_regierungsprogramm_2013_2017.pdf
Bei anhaltend schlechten Umfragewerten könnte eine solche Festlegung erfolgen, womöglich in der "heißen Phase" des Wahlkampfes. Insbesondere SPD-Landespolitiker setzten demnach darauf, ein neues Bündnis mit der CDU/CSU vor der Wahl auszuschließen.
Mehrere SPD-Landespolitiker legten ihrer Partei nahe, der Festlegung ihres Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zu folgen, der für sich die Beteiligung an einer großen Koalition bereits mehrfach ausgeschlossen hat. "Die SPD sollte überlegen, ob sie als Partei in Gänze der Union eine Absage erteilt", sagte der rheinland-pfälzische SPD-Fraktionsvorsitzende Hendrik Hering. Er fügte hinzu: "Frau Merkel beherrscht das Regieren schlecht, gut indes beherrscht sie das Zerkleinern ihrer Koalitionspartner."
Bundestagswahl 2013: Das Programm der Union
EUROPA: «Wir stehen für einen starken Euro und stabile Preise.» Eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden lehnt die Union ab. Wirtschaftlich schwächelnde Euro-Länder werden zu weiteren Reformen und Anstrengungen aufgefordert. Die Beziehungen zu Frankreich und Polen werden als besonders eng herausgestellt. Eine Vollmitgliedschaft der Türkei lehnt die Union weiterhin ab.
FINANZEN: Die Union will die Neuverschuldung abbauen und durch Umschichtungen im Bundeshaushalt neue Spielräume schaffen. So seien Einsparungen und zugleich Investitionen kein Widerspruch.
MINDESTLOHN: Wo es keine Tarifverträge gibt, sollen Arbeitgeber und Gewerkschaften gesetzlich verpflichtet werden, gemeinsam in einer Kommission einen tariflichen Mindestlohn zu finden - spezifisch nach Regionen und Branchen. «Eine Lohnfestsetzung durch die Politik lehnen wir ab.»
STEUERN: Die Union schließt Steuererhöhungen aus und will Ungerechtigkeiten im System beseitigen (kalte Progression). «Wir wollen deshalb die Leistungsträger in der Mitte unserer Gesellschaft weiter entlasten.» Die Lohnzusatzkosten sollen stabil bleiben.
INVESTITIONEN: Die Ausgaben für den Straßenbau sollen pro Jahr um etwa eine Milliarde Euro steigen. Insgesamt sollen bis 2017 rund 25 Milliarden Euro in die Bundesfernstraßen fließen.
FAMILIE: Das Ehegattensplitting soll um ein Familiensplitting erweitert, Kinder-Freibeträge auf Erwachsenen-Niveau und Kindergeld und Kinderzuschlag angehoben werden.
MIETEN: Die Länder können in Gebieten mit knappem Wohnungsangebot die Grenze für Mieterhöhungen innerhalb von drei Jahren von 20 auf 15 Prozent senken. Bei Neuvermietungen können Erhöhungen auf 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränkt werden. Diese Regel soll nicht für Erstvermietungen in Neubauten gelten.
RENTE: Ab 2014 sollen Erziehungszeiten für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, mit einem zusätzlichen Rentenpunkt belohnt werden. Das entspricht bei zwei Kindern durchschnittlich 650 Euro mehr Rente im Jahr. Ferner sollen Armutsrenten verhindert werden. Jeder, der 40 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt und privat vorgesorgt hat, soll einen Zuschuss zur Rente auf 850 Euro erhalten. Für die 2,6 Millionen Selbstständigen soll eine Altersvorsorgepflicht eingeführt werden.
FRAUENQUOTE: «Wir werden gesetzlich regeln, dass ab 2020 eine feste Quote von 30 Prozent für Frauen in Aufsichtsräten von vollmitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen gilt.»
ENERGIE: «Wir treiben den Ausbau der Stromnetze voran und entwickeln neue Speichertechnologien.» Die Akzeptanz der Bürger soll dadurch erhöht werden, dass sie Anteile erwerben können und dann sogenannte «Bürgerdividenden» bekommen.
SICHERES DEUTSCHLAND: Die Union plant bessere steuerliche Anreize für Investitionen in die Sicherheit der eigenen vier Wände.
DIGITALISIERUNG: Bis 2018 will die Union flächendeckend ein schnelles Internet verfügbar machen.
Der sächsische SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Martin Dulig sowie die niedersächsische SPD-Fraktionschefin Hanne Modder äußerten sich ähnlich. "Niemand in der SPD will eine große Koalition", sagte auch der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner.
SPD will ihre Forderungen zuspitzen
Innerhalb der SPD wird laut "Welt am Sonntag" darüber nachgedacht, eigene inhaltliche Positionen zu formulieren, die als nicht verhandelbar bezeichnet werden. Stegner kündigte an: "Wir werden in den nächsten Wochen unsere Forderungen zuspitzen." Dann werde deutlich: "Es gibt keine Basis für ein gemeinsames Regieren mit Merkel." Die SPD habe Verantwortung übernommen wie keine andere Partei in Deutschland, "oft genug bei Inkaufnahme des Machtverlustes". Eine große Koalition sei "absolutes Gift für die weiteren Wahlen", zitiert "Welt am Sonntag" einen bedeutenden SPD-Landespolitiker: "Wollen wir, dass unsere Mehrheit im Bundesrat sogleich zu bröckeln beginnt?" afp