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Baden-Württemberg: Politisches Erdbeben: Grün-Rot schafft Machtwechsel

Baden-Württemberg

Politisches Erdbeben: Grün-Rot schafft Machtwechsel

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    Winfried Kretschmann (r), Spitzenkandidat der Grünen gibt nach Schließung der Wahllokale im Plenarsaal des Stuttgarter Landtags Nils Schmid, Spitzenkandidat der SPD, die Hand.
    Winfried Kretschmann (r), Spitzenkandidat der Grünen gibt nach Schließung der Wahllokale im Plenarsaal des Stuttgarter Landtags Nils Schmid, Spitzenkandidat der SPD, die Hand. Foto: dpa

    Historischer Machtwechsel in  Baden-Württemberg: Nach fast 58 Jahren CDU-Vorherrschaft haben  Grüne und SPD dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge die  Mehrheit im Stuttgarter Landtag errungen. In Rheinland-Pfalz verlor  die SPD am Sonntag mit Ministerpräsident Kurt Beck laut  Hochrechnungen die absolute Mehrheit, kann aber mit starken Grünen  weiterregieren. Die FDP blieb dort unter fünf Prozent.

    In Baden-Württemberg erzielten die Grünen unter dem Eindruck der  Atomdebatte ein spektakuläres Ergebnis: Sie erreichten 24,2 Prozent  der Stimmen und damit mehr als die SPD mit 23,1 Prozent. Damit  dürfte ihr Spitzenkandidat Winfried Kretschmann der erste grüne  Ministerpräsident Deutschlands werden. Kretschmann sprach von einer  "historischen Wende". Der baden-württembergische  SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid sagte, nach 20.997 Tagen  CDU-Regierung in dem Bundesland sei "der historische Wechsel  geschafft".

    CDU-Regierungschef Stefan Mappus wurde nach nur gut einem Jahr  im Amt abgewählt. Die baden-württembergische CDU rutschte auf 39,0  Prozent ab. Mappus übernahm dafür die Verantwortung und kündigte  eine personelle und inhaltliche Neuausrichtung seiner Partei an.  Seine persönliche Zukunft ließ er offen. Auch sein Koalitionspartner FDP verlor deutlich, schaffte aber  mit 5,3 Prozent knapp den Wiedereinzug in den Landtag. FDP-Chef  Guido Westerwelle äußerte sich "schwer enttäuscht". Parteivize  Rainer Brüderle kündigte an, die FDP werde am Montag auch über  personelle Konsequenzen beraten. FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang  Kubicki legte im Berliner "Tagesspiegel" Bundestags-Fraktionschefin  Birgit Homburger, die auch Landesparteichefin in Baden-Württemberg  ist, den Rücktritt von der Fraktionsspitze nahe.

    Im neuen Stuttgarter Landtag erhält die CDU 60 Sitze, die Grünen  36, die SPD 35 und die FDP sieben. Damit hat Rot-Grün zusammen 71  Mandate, das sind vier mehr als CDU und FDP zusammen.

    Ebenso wie Westerwelle machte auch CDU-Generalsekretär Hermann  Gröhe die Atomkatastrophe in Japan für das Wahlergebnis  mitverantwortlich. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte,  Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Landtagswahl in  Baden-Württemberg zur Schicksalswahl ausgerufen, "und das wird  jetzt auch ihr Schicksal besiegeln". Die Niederlage im konservativen Stammland Baden-Württemberg  ist ein schwerer Schlag für Merkel, die sich auch im Wahlkampf  stark engagiert hatte. Es ist nach Hamburg und Nordrhein-Westfalen  der dritte Machtverlust für die CDU in einem Bundesland binnen  eines Jahres.

    In Rheinland-Pfalz verlor die SPD Hochrechnungen für ARD und ZDF  zufolge rund zehn Prozentpunkte, behauptete sich aber mit 35,7 bis  35,8 Prozent knapp vor der CDU. Diese verbesserte sich mit  Spitzenkandidatin Julia Klöckner auf 35,3 Prozent. Beck bedauerte  die Verluste seiner Partei, sprach aber von einem "klaren  Regierungsauftrag". Er kündigte Gespräche mit den Grünen über ein  Regierungsbündnis an. Klöckner freute sich über ein "wunderbares  Ergebnis".

    Die Grünen zogen nicht nur nach fünf Jahren wieder in den  Mainzer Landtag ein, sie erzielten mit 15,3 bis 15,4 Prozent auch  ein Rekordergebnis. Die FDP scheiterte mit 4,2 Prozent klar an der  Fünf-Prozent-Hürde. Im Landtag kann die SPD mit 42 Mandaten  rechnen, die CDU mit 41 und die Grünen mit 18. Die Linke verpasste in beiden Bundesländern mit jeweils zwei bis  drei Prozent klar den Einzug in den Landtag. Parteichef Klaus Ernst  wertete dies als "bedauerlich".

    Mögliches Fragezeichen hinter Bauprojekt Stuttgart 21

    Sollte Grün-Rot die Regierung übernehmen, steht hinter dem umstrittenen Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 wieder ein großes Fragezeichen. Beide Parteien wollen eine Volksabstimmung über das Vorhaben organisieren.

    Die Wechselstimmung war nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen gewaltig. Die Hauptgründe für den Wahlausgang sehen die Forscher im Land. Als Gründe führen sie an: Starke Imageverluste von CDU und FDP im Land, eine magere Regierungsbilanz, ein wenig beliebter Ministerpräsident, sein Kurswechsel in Sachen Atomkraft und seine Ansichten zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Die Niederlage für die Südwest-CDU ist auch ein Debakel für Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich stark in den Wahlkampf eingeschaltet hatte. Der 44-jährige Mappus hatte erst am 10. Februar 2010 das Amt von Günther Oettinger übernommen, der EU-Kommissar in Brüssel wurde. afp/dpa

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