Mit erneuerbaren Energien kennt Peter Ramsauer sich aus – seine Familie betreibt im oberbayerischen Traunwalchen ein Wasserkraftwerk. An der Energiewende hat der frühere Verkehrsminister, der heute dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages vorsitzt, allerdings noch einiges auszusetzen. Er fürchtet vor allem eine schleichende Abwanderung von Unternehmen.
Das Kabinett hat die Reform der Ökostromförderung beschlossen. Wie teuer kommt diese Entscheidung Wirtschaft und Verbrauchern zu stehen?
Ramsauer: Wie teuer es am Ende wird, kann Ihnen im Augenblick noch niemand sagen. Das Problem beginnt schon damit, dass die Ausnahmeregeln für die Umlage, mit der Strom aus erneuerbaren Energien gefördert wird, im aktuellen Entwurf noch gar nicht enthalten sind und später irgendwie noch hineinoperiert werden müssen. Hier wird ein Gesetz mit heißester Nadel gestrickt. Als Vorsitzender des federführenden Ausschusses wehre ich mich dagegen, dass im Kabinettsbeschluss ein wesentlicher Teil des Gesetzentwurfes fehlt. Bei einer solchen Reform geht Präzision vor Tempo, das Parlament darf sich von der Regierung nicht unter Druck setzen lassen.
Strom wird durch die Energiewende nicht billiger. Wo ist die Schmerzgrenze erreicht?
Ramsauer: Es kommt darauf an, wo man sie ziehen will. Wenn ich mich mit dem Hammer auf den Daumen haue, und der Schmerz lässt nach, ist das zunächst einmal ein gutes Gefühl, aber es ist noch immer ein Schmerz. Doch Spaß beiseite: Die überhastete Energiewende war eine Panikreaktion auf Fukushima, gleichzeitig wurde der Eindruck vermittelt, als sei sie zum Nulltarif zu haben – anstatt den Menschen ehrlich zu sagen, dass sie mit steigenden Strompreisen, einer wachsenden Abhängigkeit von Gasimporten und einer höheren Kohlendioxidbelastung durch die Kohlekraftwerke verbunden sein würde. Das ist der Preis für die Energiewende.
Mehr als 2000 Unternehmen sind von der Umlage ausgenommen oder zahlen nur einen kleinen Beitrag. Sollen Branchen wie die Chemie- oder die Stahlindustrie durch die Energiewende aus dem Land getrieben werden?
Ramsauer: Wir stehen bei den Energiepreisen in einem scharfen internationalen Wettbewerb. In Deutschland steigen die Energiekosten auf breiter Front. Bei langfristigen Standortentscheidungen haben deutsche Unternehmen oder ausländische Unternehmen, die in Deutschland investieren wollen, dadurch einen Standortnachteil. Das führt zu schleichenden Abwanderungsprozessen, zumal die Politik ja noch weitere Folterwerkzeuge ausgepackt hat. Denken Sie nur an die steigenden Sozialkosten oder die Auswüchse bei der Frauenquote.
Ihr Parteichef Seehofer will den Ausbau der Netze stoppen. Sie sagen, mit einem solchen Moratorium stünde auch der Fahrplan für den Atomausstieg zur Disposition. Verabschieden wir uns zu schnell von der Atomenergie?
Ramsauer: Wir können wie geplant bis zum Jahr 2022 aussteigen, das ist machbar. Die Frage ist nur, unter welchen Bedingungen und zu welchen Preisen. Ich kann nicht sagen, wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Es ist allgemein gewollt, dass wir alle Kernkraftwerke abschalten, also müssen wir auch alle Folgen tragen. Die neuen Trassen müssen deshalb kommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.