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SPD: Peer Steinbrück zieht sich aus Politik zurück

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Peer Steinbrück zieht sich aus Politik zurück

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    Peer Steinbrück zieht sich aus der vorderen Reihe der Politik zurück.
    Peer Steinbrück zieht sich aus der vorderen Reihe der Politik zurück. Foto: Maurizio Gambarini dpa

    "Meine Karriere wird ein geordnetes Ende finden." So wird Peer Steinbrück zitiert. Der 66 Jahre alte Wahlergebnis der SPD.

    Peer Steinbrück übernimmt politische Verantwortung

    Steinbrücks Aufreger

    Seit Beginn seiner Kandidatur hat Peer Steinbrück immer wieder mit pointierten Aussagen für Aufsehen gesorgt - der SPD-Kanzlerkandidat selbst findet manches über Gebühr zugespitzt. Die Partei fragt sich, ob das Land nicht andere Probleme habe, als auf vermeintliche Fettnäpfchen zu lauern. Im Kontext gesehen wirken einige Aussagen weit weniger spektakulär.

    NEBENVERDIENSTE: «Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt. Ich glaube, dass eine gewisse Privatheit gelten muss.» (Steinbrück am 6.10.2012 im Deutschlandfunk auf die Frage, ob es nicht einen gläsernen Abgeordneten geben muss, der alles offen legt.)

    «Ich werde mich dafür einsetzen, die Transparenzregeln des Deutschen Bundestags so zu verschärfen, dass alle Abgeordneten bis auf den letzten Cent angeben müssen, von wem und wofür sie in welcher Höhe für eine Nebentätigkeit bezahlt worden sind.» (Steinbrück nach allgemeiner Kritik an seinen hohen Nebeneinkünften am selben Tag in einer persönlichen Erklärung.)

    PINOT GRIGIO: «Schon zehn Euro Erhöhung würden den Staat eine Milliarde kosten. Und man weiß dann auch nicht, wo das Geld hingeht. Zehn Euro sind ja auch zwei Schachteln Zigaretten, zweieinhalb Bier oder zwei Pinot Grigio. Also zwei Gläser Pinot Grigio. Denn eine Flasche, die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen.» (Steinbrück nach Angaben der «Bild»-Zeitung» am 3.12.2012 bei einer Veranstaltung in Berlin mit Blick auf eine Kindergelderhöhung.)

    KANZLERGEHALT: «Nein. Dieses Gefühl gab es nie. Im Übrigen finde ich allerdings, dass manche Debatte über die Bezahlung unserer Abgeordneten bis hin zur Spitze der Bundesregierung sehr schief ist. Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin. Abgeordnete des Bundestags arbeiten fast sieben Tage die Woche, durchschnittlich zwölf bis 13 Stunden. Sie sind gemessen an ihrer Leistung nicht überbezahlt. Manche Debatte, die unsere Tugendwächter führen, ist grotesk und schadet dem politischen Engagement. (...) Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig - gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt.» (Steinbrück am 30.12.2012 in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» auf die Frage, ob er sich als Abgeordneter unterbezahlt fühle und ob die Kanzlerin zu wenig verdiene.)

    CLOWNS IN ITALIEN: «Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben.» (Steinbrück am 26.02.2012 bei einer «Klartext»-Veranstaltung in Potsdam zum Wahlausgang in Italien in Anspielung auf Silvio Berlusconi und den Berufskomiker Beppe Grillo.)

    UMGANG MIT RUSSLAND: «Zweifellos. Aber in bilateralen Gesprächen und nicht auf dem Marktplatz. Sonst verspielt man Zugänge, um praktische Fortschritte zu bewirken.» (Steinbrück in einem am 26. März 2013 veröffentlichten Zeit-Online-Interview auf die Frage, ob man die Russen nicht auf Demokratiedefizite und Menschenrechtsverletzungen hinweisen müsse. An dem Tag gab es Razzien bei deutschen Stiftungen in Russland, das Interview war aber bereits zuvor geführt worden.)

    GETRENNTER SPORTUNTERRICHT VON JUNGEN UND MÄDCHEN: «Wenn die Schulen es einrichten können, dann sollten sie es machen. Ich würde da Rücksicht nehmen auf religiöse Überzeugungen. Mir ist die Problematik aus den familiären Schilderungen meiner Frau sehr geläufig. Es läuft dann meistens darauf hinaus, dass die Eltern eines Mädchens islamischen Glaubens einfach eine Krankheitsmeldung machen, damit sie nicht teilnehmen muss. Eh das so gehandhabt wird, würde ich versuchen, Lösungen zu finden, um den religiösen Überzeugungen Rechnung zu tragen.» (Bei einer «Klartext»-Veranstaltung am 3. April 2013 im Berliner Tempodrom mit Blick auf die Forderung eines muslimischen Vaters, nach Geschlecht getrennten Schulsportunterricht anzubieten.)

    Eine Woche vor der Bundestagswahl 2013 posiert Peer Steinbrück auf dem Cover des SZ-Magazins - mit gerecktem Mittelfinger. Die eindeutige Geste ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. In den sozialen Netzwerken tauchen Bild-Montagen und Spott-Fotos auf. (dpa/AZ)

    In einer bewegenden Rede habe Peer Steinbrück die politische Verantwortung für das Wahlergebnis übernommen, hieß es. Die SPD war am vergangenen Sonntag auf 25,7 Prozent der Stimmen gekommen. Steinbrück verfehlte damit sein Wahlziel einer rot-grünen Mehrheit. Er kündigte aber nach der Wahl an, bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union noch der SPD angehören zu wollen und sein Bundestagsmandat anzunehmen.

    Steinbrück: Bei großer Koalition wolle er kein Ministeramt

    So kurios war der Bundestagswahlkampf 2013

    Viele fanden den Wahlkampf vor der Bundestagswahl 2013 inhaltlich langweilig. Doch jenseits der Auseinandersetzungen der Parteien gab es immer wieder Aufreger:

    DER RASENDE GABRIEL: SPD-Chef Sigmar Gabriel hält ein generelles Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen aus Sicherheitsgründen für sinnvoll. Von seinem Chauffeur ließ sich Gabriel selbst aber kürzlich mit 180 Sachen zu einem Wahlkampftermin bringen, wie Reporter bemerkten. Obwohl keine Geschwindigkeitsbegrenzung vorlag, zahlte Gabriel selbstkritisch 500 Euro an die Verkehrswacht.

    DIE NPD-FAMILIE DER FDP: Die FDP bebilderte in einem Fernsehfilm das Versprechen einer guten Zukunft mit einer durch eine sommerliche Allee radelnden Familie. Dumm nur, dass auch die rechtsextreme NPD in einem Film mit derselben Familie Werbung machte. Beide Parteien hatten die Bilder bei einer Agentur gekauft.

    BRÜDERLES NIX-RAUSKOMMT-LIBERALE: FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle versuchte in einer Fernsehdebatte, das Wort Wahlversprechen zu definieren: «Wenn man viel sagt, Erwartungen hat und nix rauskommt.» Das Publikum assoziierte die Beschreibung aber anders und rief im Chor «FDP» - der FDP-Spitzenmann konnte immerhin darüber lachen.

    WAHLWERBUNG MIT RENTNER RÜTTGERS: Nordrhein-Westfalens früherer Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist längst Politik-Rentner. Doch in Mönchengladbach feierte der CDU-Mann ein überraschendes Comeback. An mehreren Stellen standen Plakatwände, auf denen «unser Ministerpräsident» für die CDU warb. Die Plakate stammten noch von der Landtagswahl 2010, die zuständige Firma hatte sie nicht überklebt.

    MERKEL-RAUTE WIRD SIMPSONS-RAUTE: Die CDU sorgte am Berliner Hauptbahnhof mit einem gigantischen Plakat mit der als Merkel-Raute bekannt gewordenen Handhaltung ihrer Parteichefin Angela Merkel für viel Aufsehen. Im Internet nahmen viele das Motiv zum Anlass für Spott. In einer satirischen Umgestaltung verpasste etwa ein Nutzer dem bösartigen Atomkraftwerksbetreiber Montgomery Burns aus der US-Comicserie «Die Simpsons» die Hände - eine Anspielung auf Merkels vor der Atomkatastrophe von Fukushima atomfreundliche Haltung.

    STEINBRÜCK ALS «LUSER»: Im Wahlkampf wandern Politiker gerne, das Erklimmen von Berggipfeln bringt oft schöne Bilder. Das dachte sich auch Steinbrück. Allerdings ließ der sich von der bayerischen SPD ausgerechnet auf den Berg Lusen einladen. Bei dem großen Abstand des Herausforderers auf die Kanzlerin fühlten sich da Manche an das englische Wort «lose» erinnert - also ans Verlieren.

    TRITTIN GEHT BADEN: Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin wollte auf der Werra in Hessen mit Mitstreitern bei einer Paddeltour Wahlkampf machen. Das Boot kenterte allerdings und Trittin ging baden - Bildaufnahmen dokumentierten den Reinfall. Statt über das von den Grünen geforderte Verbot von Salzeinleitungen in den Fluss zu sprechen, ging es danach ausschließlich um das unfreiwillige Bad. Immerhin trug der Grüne vorbildlich eine Rettungsweste.

    NAHLES SCHIEFER GESANG: Oft ist es schwer, mit einer Bundestagsrede Aufmerksamkeit zu bekommen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles schaffte es sogar, tagelang zum Gesprächsthema zu werden - allerdings immer mit Spott: Nahles sang das Gute-Nacht-Lied für ihre zweijährige Tochter. Es ist die von Pippi Langstrumpf bekannt gewordene Textzeile «Ich mache mir die Welt, wide wide wie sie mir gefällt», die Nahles an die Politik Merkels erinnert. Allerdings sang die SPD-Frau diese so schräg, dass es mehr Mitleidsbekundungen für ihr Töchterchen gab als Zustimmung zur Kritik an Merkel.

    »STINKEFINGER»-PEER: Dass Steinbrück gerade am Anfang seiner Wahlkampagne ein paar unglückliche Aussagen machte, räumt er inzwischen selbst ein. Die über ihn hereingebrochene, teils beißende Kritik konterte er gegen den Rat seines PR-Beraters im Magazin der «Süddeutschen Zeitung» mit dem ausgestreckten Mittelfinger. Für die Kritiker war der «Stinkefinger» neues Futter.

    Peer Steinbrück war von 2002 bis 2005 nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und von 2005 bis 2009 Bundesfinanzminister und stellvertretender SPD-Chef. Seit 2009 hat er kein Parteiamt mehr. Im Dezember 2012 wurde der gebürtige Hamburger zum Kanzlerkandidaten gekürt. Im Wahlkampf hatte er bereits angekündigt, dass er für ein Ministeramt in einer großen Koalition nicht zur Verfügung stehe.

    Als einstiger Unterstützer der Reform-Agenda 2010 von Kanzler Gerhard Schröder hatte Steinbrück in der Partei zeitweise keinen leichten Stand. Im Wahlkampf ließ er sich aber trotz seiner Forderung nach "Beinfreiheit" für ein eher linkes Wahlprogramm einbinden. Nach anfänglichen Pannen fasste Steinbrück im Endspurt vor dem Bundestagsvotum Fuß und beeindruckte auch die eigenen Genossen mit unermüdlichem Einsatz.

    SPD-Parteikonvent beschließt Bereitschaft zu Sondierungsgesprächen

    Derweil hat die SPD ihre Bereitschaft zu Sondierungsgesprächen  mit der Union über eine Regierungsbildung erklärt. Das beschloss der Parteikonvent am Freitagabend in Berlin gemäß einer zuvor vom  SPD-Vorstand abgegebenen Empfehlung. Über einen möglichen  Koalitionsvertrag soll demnach aber die Basis in einem  verbindlichen Mitgliedervotum entscheiden.

    SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sagte nach den Beratungen, der  Beschluss wurde von den 200 Delegierten des Konvents mit fünf  Gegenstimmen und drei Enthaltungen angenommen. "Die SPD ist zu  Gesprächen bereit", sagte Gabriel. Dabei gehe es um  Sondierungsgespräche, falls Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu  einlade. Im Lichte der Ergebnisse werde dann entschieden, ob die  SPD zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen bereit sei. Am Ende  möglicher Koalitionsverhandlungen werde es ein bindendes  Mitgliedervotum geben, sagte der SPD-Vorsitzende nach den  vierstündigen Beratungen. dpa/afp/AZ

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