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Korea-Konflikt: Nordkorea lässt nicht mit sich reden

Korea-Konflikt

Nordkorea lässt nicht mit sich reden

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    Grenzübergang zwischen Nord- und Südkorea: USA und China haben Pjöngjang zur Mäßigung aufgerufen.
    Grenzübergang zwischen Nord- und Südkorea: USA und China haben Pjöngjang zur Mäßigung aufgerufen. Foto: Jeon Heon-Kyun/ Archiv (dpa)

    Nordkoreas Propaganda hat heute wieder Großkampftag. Mit Massenaufmärschen, Sondersendungen und öffentlichen Tränen wird Pjöngjangs Regime den 101. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il Sung feiern. Ist auch der seit Wochen geschürte Konflikt mit Südkorea und den USA Teil der Inszenierung, mit der Diktator Kim Jong Un sich des Erbes seines Großvaters würdig zeigen will?

    Folgt der Konflikt den Mustern der Vergangenheit, dürfte die Eskalation ihren Höhepunkt nunmehr erreicht haben. Die Möglichkeiten verbaler Drohungen hat Pjöngjang weitgehend ausgereizt und mit der Stilllegung der süd-nordkoreanischen Industriezone Kaesong demonstriert, dass es bereit ist, sich den Disput bares Geld kosten zu lassen. Als nächste Stufe der Provokation bleiben nur noch militärische Schritte: etwa der Beschuss von südkoreanischem Territorium oder ein neuer Raketen- oder Atombombentest.

    Mit einem militärischen Schlag ginge Kim ein hohes Risiko ein

    Doch damit würde Nordkorea ein gewaltiges Risiko eingehen. Das Regime hat seine Nachbarn nicht nur so stark herausgefordert wie seit vielen Jahren nicht mehr, sondern durch den Konflikt vereint wie nie zuvor. Die Großmächte USA und China bemühen sich unter ihrem neuen Außenminister John Kerry und Wang Yi um eine Annäherung und könnten das Thema Nordkorea zum Testballon einer neuen Kooperationsbereitschaft machen. Ein Schulterschluss zwischen dem Erzfeind und dem letzten Freund wäre für Pjöngjang fatal.

    Wenn am Hof des Jungtyrannen Kim Jong Un noch immer die gleichen Strategen das Sagen haben wie unter seinem 2011 verstorbenen Vater, wird Nordkorea wohl nicht in diese Falle tappen. Obwohl das Regime das Image der Unberechenbarkeit pflegt, hat es in der Vergangenheit häufig bewiesen, dass es bei aller Skrupellosigkeit äußerst rational agiert. Eine vollkommene Isolation oder gar ein Krieg wären für Nordkoreas Herrscher politischer Selbstmord. Stattdessen ist zu erwarten, dass Nordkorea in den kommenden Wochen einmal mehr versuchen wird, sich mit wirtschaftlichen und politischen Zugeständnissen eine Entspannungspolitik abkaufen zu lassen.

    Nach jeder Eskalationswelle folgte ein Dialog

    Der amerikanische Korea-Experte Victor Cha kam in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass seit Anfang der 1980er jede Eskalationswelle nach etwa sechs Monaten eine Phase des Dialogs nach sich zog. Dabei habe der Norden stets etwas bekommen, was er brauchte. Was genau Kim diesmal bezwecken will, ist umstritten. Bei früheren Konfrontationen erkaufte sich Nordkorea regelmäßig Hilfslieferungen. Dem verarmten Land, in dem weite Teile der Bevölkerung an Mangelernährung leiden, fehlt es an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten. Auf die Bedürfnisse ihres Volkes nehmen Nordkoreas Herrscher allerdings nur dann Rücksicht, wenn die Versorgungslage so brenzlig ist, dass ihr eigener Machterhalt bedroht sein könnte. Das scheint derzeit nicht der Fall zu sein.

    Wahrscheinlicher scheint deshalb, dass Pjöngjang vor allem politische Ziele verfolgt. Mit der Massenmobilisierung der vergangenen Monate hat die Führung das Volk wieder einmal hinter sich zu vereinen versucht. Westliche Diplomaten gehen davon aus, dass Kim mit seinen Provokationen Washingtons Aufmerksamkeit erlangen und direkte Verhandlungen erzwingen wolle. Gespräche mit den USA wären für den jungen Herrscher ein politischer Erfolg, mit dem er intern seine Position stärken könnte.

    Atomare Abschreckung ist eine politische Lebensversicherung

    Sollte Kims Sinn tatsächlich nach Verhandlungen stehen, kann er auf Gesprächsangebote der USA und Südkoreas zurückgreifen. Dort zeigt man sich kontaktoffen, will aber zunächst den ernsthaften Willen zur Einstellung des Atomprogramms sehen. Die USA wollen Nordkorea nicht als Nuklearmacht akzeptieren. Ein derartiges Zugeständnis ist für Kim allerdings schwer möglich. Die atomare Abschreckung ist für das Regime eine politische Lebensversicherung. Und solange der Konflikt weitergeht, zahlen auch die USA und China einen Preis: Dass das kleine Nordkorea den Großmächten auf der Nase herumtanzt, zeigt Washington und Peking auf unangenehme Weise die Grenzen ihres Einflusses auf.

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