Pünktlich mit dem Gongschlag saßen die Vertreter auf ihren Sitzen im Berliner Abgeordnetenhaus und machten dabei auch optisch auf sich aufmerksam. In einer leuchtend orangefarbenen Latzhose und blau-weißem Kopftuch stiefelt ein Vertreter zur Wahlkabine, um den Parlamentspräsidenten zu wählen. Claus Gerwald ist sein Name und er ist einer von 15 Abgeordneten der Piratenpartei, die am 18. September mit 8,9 Prozent der Wählerstimmen erstmals in ein deutsches Landesparlament eingezogen sind.
Waren die Grünen vor knapp 30 Jahren noch mit Sonnenblumen in den Deutschen Bundestag eingezogen, konnte man die leger gekleideten Piraten nun an den vielen Laptops in ihren Bankreihen erkennen. Fleißig twittern die Piraten, was sie bei ihrer ersten Plenarsitzung erleben: "Showtime!", schreibt Christopher Lauer kurz vor dem Beginn. Und sorgen dann sogleich für die erste Debatte unter den Abgeordneten. Die Piraten beantragten sogleich, die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses zu ändern. Die kleineren Fraktionen würden benachteiligt, meinen sie.
19-jährige Piratin lenkt Aufmerksamkeit auf sich
Unterdessen genießt die 19 Jahre alte Piratin Susanne Graf besondere Aufmerksamkeit. Als jüngstes Parlamentsmitglied verliest sie für die Konstituierung die Namen eines großen Teils der Parlamentsmitglieder und ist Beisitzerin des Präsidenten. Mit orangefarbenem Röckchen über schwarzen Strumpfhosen und Oberteil steht die junge Frau im Plenarsaal und verteilt Stimmzettel für den Wahlgang. "Manche haben mich behandelt wie ein kleines Mädchen", berichtet sie hinterher. (AZ/dpa)