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Tempolimit: Mindesttempo 100 auf Autobahnen: Macht das auch in Deutschland Sinn?

Tempolimit

Mindesttempo 100 auf Autobahnen: Macht das auch in Deutschland Sinn?

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    Die Schweizer greifen bei Rasern hart durch - nun sollen Schleicher von der linken Spur verschwinden.
    Die Schweizer greifen bei Rasern hart durch - nun sollen Schleicher von der linken Spur verschwinden. Foto: Patrik Tschudin/dpa

    Mautkosten in Europa

    Autofahrer werden in vielen europäischen Ländern auf Autobahnen zur Kasse gebeten. Die Systeme sind unterschiedlich. Einige Beispiele:

    FRANKREICH: Die Autobahnen sind von einigen Ausnahmen abgesehen gebührenpflichtig. Der Tarif hängt von der gefahrenen Strecke ab. So fällt beispielsweise für die 465 Kilometer von Paris nach Lyon für Autos eine Maut von etwa 33 Euro an.

    ITALIEN: Fast alle Autobahnen sind mautpflichtig. Auch hier richtet sich der Preis nach der Entfernung. Die 450 Kilometer lange Strecke von Rom nach Bari kostet etwa 33 Euro.

    ÖSTERREICH: Eine Jahresvignette kostet für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen rund 83 Euro, zwei Monate schlagen mit etwa 25 Euro zu Buche, zehn Tage kosten 8,50 Euro.

    SCHWEIZ: Für die Jahresvignette für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen werden 33 Euro fällig.

    SLOWAKEI: Für zehn Tage kostet die Vignette für Autos 10 Euro, für einen Monat 14 und ein Jahr 50 Euro.

    SLOWENIEN: Eine Sieben-Tage-Vignette ist für 15 Euro erhältlich, für einen Monat kostet sie 30 und für ein Jahr 110 Euro.

    DEUTSCHLAND: Im März 2015 hat der Bundestag die Pkw-Maut für deutsche Autobahnen und Bundesstraßen beschlossen. Ausländer können entweder eine Zehn-Tages-Vignette oder eine Zwei-Monats-Vignette erwerben. Die Preise liegen - je nach Gültigkeitsdauer und Motorgröße sowie Schadstoffausstoß - zwischen fünf und 30 Euro. Für in Deutschland registrierte Fahrzeuge wird ein jährlicher Betrag erhoben, der sich auf maximal 130 Euro beläuft.

    Es klingt spektakulär: Wer nicht mindestens 100 km/h schnell ist, darf von 2016 an nicht mehr die linke Spur auf Autobahnen in der Schweiz nutzen. Deutsche Politiker nutzen die Vorlage und bringen das Thema auch hierzulande auf die Agenda: Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD), warf in der Tageszeitung Die Welt die Frage auf, "ob wir ein Mindesttempo von 100 km/h auf der linken Spur bei dreispurigen Autobahnen einführen können". Er habe den Eindruck, "dass sich viele Pkw-Fahrer in Deutschland ein Überholverbot für Lkw auf deutschen Autobahnen wünschen" würden.

    Bei genauem Betrachten entpuppt sich die neue Regel in der Schweiz als weit weniger aufsehenerregend, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn schon bisher durften dort nur Fahrzeuge die linke Spur nutzen, die mindestens 80 km/h schnell fahren können. Die Neuregelung bedeutet also nicht, dass Nutzer der linken Spur tatsächlich mindestens 100 km/h fahren müssen - sondern theoretisch dazu in der Lage sein müssen.

    Schweiz: Mindesttempo soll Verkehrsfluss verbessern

    Der Gedanke hinter der Entscheidung des Eidgenössischen Bundesrats ist die Verbesserung des Verkehrsflusses. Konkret sollen Güterverkehr, Reisebusse und ausladende Reisemobile die linke Spur nicht blockieren. Das macht in der Schweiz durchaus Sinn. Die Autobahnen des Alpenstaates haben etliche Steigungen, zudem ist der Anteil des Güterverkehrs durch den Charakter der Schweiz als Transitland hoch.

    Kommt das Mindesttempo nun auch nach Deutschland? Muss es gar nicht, denn es existiert bereits. Grundsätzlich dürfen nur Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h oder mehr eine Autobahn benutzen. Und auch ein Mindesttempo auf einzelnen Fahrspuren ist längst Praxis. Blaue Schilder mit weißer Schrift zeigen es auf Autobahnen an und sollen so beispielsweise an Steigungen zeitintensive Überholvorgänge von Lkw unterbinden.

    Deutschland: Richtgeschwindigkeit 130 km/h

    Was muss man im europäischen Straßenverkehr beachten?

    In Frankreich muss jeder Autofahrer einen Alkoholtest im Auto mitführen. Auch mindestens eine Warnweste muss im Gepäck sein. Auf französischen Autobahnen darf man in der Regel 130 Stundenkilometer fahren. Bei Regen sind aber nur 110 km/h erlaubt, Fahranfänger müssen 20km/h langsamer fahren.

    Wer auf der Fahrbahn sein Auto verlässt, muss in Italien eine Warnweste tragen. Auf Autobahnen und außerorts darf man nur mit Licht fahren. Für Fahranfänger gilt ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern. Ansonsten sind 130 erlaubt.

    Auch in Slowenien gibt es eine Tragepflicht für Warnwesten, wenn man sein Fahrzeug auf der Autobahn oder Schnellstraße verlässt. Auf Autobahnen darf man 130 Stundenkilometer schnell fahren.

    In Kroatien muss man von Ende Oktober bis Ende März mit Licht fahren. Wer sein Fahrzeug verlässt und sich auf der Straße oder auf dem Randstreifen aufhält, muss eine Warnweste tragen. Auf kroatischen Autobahnen sind 130 km/h erlaubt. Fahranfänger dürfen nur 110 Stundenkilometer schnell fahren.

    Österreich: Hier muss man eine Warnweste im Fahrzeug dabei haben und anlegen, wenn man sein Auto auf der Straße verlässt. Eine Lichtpflicht gibt es in Österreich nicht. Auch hier sind bis zu 130km/h auf Autobahnen erlaubt.

    Wer in der Schweiz unterwegs ist, braucht keine Warnweste. Auch eine Lichtpflicht gibt es nicht. Das Tempolimit auf Autobahnen beträgt 120 Stundenkilometer.

    Auch Spanien hat keine Lichtpflicht. Aber man muss beim Verlassen seines Fahrzeugs auf der Fahrbahn eine Warnweste tragen. Hier sind auf Autobahnen 120 Stundenkilometer erlaubt.

    In den Niederlanden gibt es weder Licht- noch Warnwestenpflicht. Schneller als 120 Stundenkilometer darf man aber nicht fahren.

    In Dänemark herrscht Lichtpflicht auf allen Straßen, eine Warnweste braucht man nicht. Die Geschwindigkeitsbegrenzung liegt auf Autobahnen bei 130 km/h.

    Tschechien hat eine Warnwestenpflicht, allerdings nur für dienstlich genutzte Fahrzeuge. Auf Autobahnen darf man 130 Stundenkilometer fahren. Eine Lichtpflicht gilt inner- und außerorts.

    „Ein grundsätzliches Mindesttempo wäre in Deutschland sehr schwierig umzusetzen,“ sagt Constantin Hack, Pressesprecher des Auto Club Europa (ACE). Dichter Verkehr oder widrige Witterung bremsen die Geschwindigkeit auf Autobahnen oft auf deutlich niedrigere Tempi als 100 km/h. Sind Autofahrer in solchen Situationen schneller unterwegs, so verletzten sie eine der Grundregeln der Straßenverkehrordnung (StVo), nämlich die Verpflichtung zur Einhaltung einer angebrachten Geschwindigkeit.

    Aktuell gilt in Deutschland ohnehin eine Richtgeschwindigkeit 130 km/h. Wer langsamer auf der Autobahn unterwegs ist, muss dafür einen triftigen Grund haben. Ansonsten kann eine Unterschreitung der Tempovorgabe auch als Nötigung ausgelegt werden.

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