Deutschland bremst Europa in Sachen Klimaschutz aus. Zum zweiten Mal hat die Bundesrepublik am Montag den Versuch der EU-Mitgliedstaaten gestoppt, neue Abgas-Grenzwerte für Pkw ab 2020 zu erlassen.
„Es geht nicht darum, ob wir einige Tage früher oder später abstimmen“, sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) schon vor Beginn der Verhandlungen mit seinen Kolleginnen und Kollegen in Luxemburg.
Freude für die Auto-Hersteller
Am Ende durften sich die Auto-Hersteller freuen: Die eigentlich geplante Beschlussfassung der neuen Auflagen wurde verschoben. Berlin hatte in den vergangenen Wochen erfolgreich bei den Partnern interveniert. Vor allem die deutschen Konstrukteure der Premium-Wagenklasse tun sich mit den Brüsseler Plänen hart. Dennoch wurde beschlossen, dass ab 2015 Neufahrzeuge nur noch 130 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenen Kilometer ausstoßen dürfen. Gerechnet wird der Flottendurchschnitt jedes Herstellers. Im Vorteil sind Auto-Bauer, die viele Kleinwagen bauen. Französische und italienische Hersteller sind damit fein raus.
Bonus für Gefährte mit geringerem Schadstoff-Ausstoß
Schon im Jahr 2020 will die EU nur noch Neuwagen zulassen, die höchstens 95 Gramm ausstoßen. Wer Elektro-Fahrzeuge oder andere Gefährte mit geringerem Schadstoff-Ausstoß anbietet, bekommt einen Bonus (genannt „Super-Credit“), darf also bei schweren Autos über den 95 Gramm liegen. Doch die Kanzlerin stoppte diese strengen Auflagen bereits im ersten Anlauf.
Gestern scheiterte auch der zweite Versuch. Denn Merkels Emissäre waren in der Zwischenzeit nicht untätig. Sie legten einen eigenen Entwurf vor, der den Herstellern große Freiheiten lassen würde: Demnach soll der künftige Grenzwert von 95 Gramm ab 2020 zunächst nur für 80 Prozent einer Fahrzeugflotte gelten. Der Rest müsste erst 2024 folgen.
Gleichzeitig bemühte sich Berlin, die EU-Partner in London und Paris auf seine Seite zu ziehen. Der britischen Regierung bot man an, bei der strikten Bankenregulierung nachzugeben. In Paris offerierte man im Gegenzug für eine Unterstützung der deutschen Position bei den Abgas-Grenzwerten Rückendeckung bei der Reform des Emissionshandels.
Kritik aus den Reihen der Mitgliedsstaaten
Der Kuhhandel funktionierte, eine Mehrheit war bei den Umweltministern in weiter Ferne. „Es ist dreist, dass die vermeintliche Klimakanzlerin Merkel eine fertige Abmachung immer wieder verschiebt“, schäumte der Vorsitzendes des Umweltausschusses im Europäischen Parlament, Matthias Groote (SPD). Eine zweite Lesung werde immer wahrscheinlicher und dadurch ein späteres Inkrafttreten jeder Neuregelung. Auch aus den Reihen der Mitgliedstaaten wächst die Kritik. Schwedens Umweltministerin Lena Ek nannte das Verhalten Merkels „gefährlich“.