Dass die Einwohnermeldeämter persönliche Daten von Bürgern herausgeben, war bisher kaum jemandem bewusst. Doch es ist tatsächlich so. Im bayerischen Meldegesetz ist festgelegt, dass die verschiedensten Einzelpersonen bei den Meldebehörden Daten von Bürgern abrufen können. So kommen zum Beispiel Adressbuchverlage, aber auch Parteien und Werbefirmen an Daten.
Ins Bewusstsein ist diese Praxis erst so richtig mit dem neuen Meldegesetz gerückt. Die Regelung, vor gut zehn Tagen
, macht es Bürgern noch schwerer, sich gegen die Herausgabe ihrer Daten zu wehren. Nach massivem Protest sollen die neuen Einschränkungen, die von CSU und FDP gefordert worden waren, nun doch nicht verwirklich werden. Damit wird es für uns Bürger weiterhin möglich sein, die Herausgabe unserer Daten durch die staatlichen Behörden zumindest einzuschränken.Meldeämter: Diese Daten können Sie sperren lassen
Widersprechen kann man bei den Meldeämtern der Herausgabe von Daten
- im Zusammenhang mit allgemeinen Wahlen (Auskunft an Parteien und andere Träger von Wahlvorschlägen),
- über Alters- und Ehejubiläen (Auskunft an Presse, Rundfunk, Parteien, Wählergruppen, Mitglieder parlamentarischer Vertretungskörperschaften und Bewerber für diese),
- für die Herausgabe von Einwohnerbüchern Ihrer Gemeinde oder ähnlichen Nachschlagewerken,
- für Zwecke der Direktwerbung,
- an das Bundesamt für Wehrverwaltung für die Zwecke der Übersendung von Informationsmaterial zum Wehrdienst
Der Widerspruch ist kostenlos und mündlich oder schriftlich möglich. Gründe muss man für die Einrichtung einer sogenannten Übermittlungssperre nicht nennen.
Widerspruch gegen Internetauskunft möglich
Außerdem hat man das Recht, einer elektronischen Melderegisterauskunft über das Internet zu widersprechen. Auch dafür benötigt man keine Begründung.
Musterbrief und Formular für Widerspruch
Das missglückte Meldegesetz - eine Chronologie
28. Juni: Der Bundestag verabschiedet das neue Meldegesetz. Darin eingeschlossen: Eine kurzfristig von CSU und FDP eingebrachte Änderung, nach der sich Bürger nicht mehr so einfach gegen die Weitergabe ihrer Daten wehren können.
An der Abstimmung nehmen nur 27 Abgeordnete teil - zeitgleich läuft das EM-Halbfinale Deutschland-Italien.
In Pressemitteilungen kritisieren Oppositionspolitiker - darunter die Nördlinger SPD-Abgeordnete Gabriele Fograscher - die Neuregelung. Das große Medienecho bleibt aber zunächst aus.
In den nächsten Tagen berichten mehrere Fachportale wie heise.de und Blogs wie netzpolitk.org über den geschwächten Datenschutz im Meldewesen.
05. Juli: Die SPD kündigt an, das vom Bundestag beschlossene neue Meldegesetz im Bundesrat doch noch stoppen zu wollen.
6. bis 8. Juli: Die Neuregelung schlägt jetzt immer höhere Wellen in den Medien.
8. Juli: Auch Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht nun Nachbesserungsbedarf beim neuen Meldegesetz. «Nach dem Beschluss des Bundestags sehe ich hier noch Diskussionsbedarf», sagt sie der «Berliner Zeitung».
9. Juli, vormittags: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lehnt vorschnelle Kritik an dem vom Bundestag verschärften Meldegesetz ab. Der Datenschutz werde dadurch gegenüber der jetzigen Rechtslage verbessert, sagt er vor den Medien.
9. Juli, vormittags: CSU-Chef Horst Seehofer kündigt an, das vom Bundestag verschärfte Meldegesetz zu stoppen. «Wenn das stimmt, was ich bisher weiß, dann wird Bayern dem nicht zustimmen», sagt er.
9. Juli, später Vormittag: Die Bundesregierung distanziert sich vom Meldegesetz. Man gehe davon aus, dass es im parlamentarischen Verfahren wieder verändert werde.
9. Juli, nachmittags: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich rechnet nach eigenen Angaben fest damit, dass der Bundesrat das umstrittene Meldegesetz zumindest in Teilen entschärft.
6. September: Der Innenausschuss des Bundesrates plädiert dafür, dass der Vermittlungsausschuss von Länderkammer und Bundestag sich den Entwurf noch einmal vornimmt und korrigiert.
Um der Weitergabe seiner Daten durch die Meldeämter zu widersprechen, gibt es ein spezielles Formular. Dieses können Sie hier abrufen (pdf-Format) und müssen es dann an Ihr Meldeamt schicken.
Um bei Firmen gegen die Verwendung von persönlichen Daten zu widersprechen, kann man Musterbriefe der Verbraucherzentralen nutzen. Die Verbraucherzentrale Bayern stellt einen Musterbrief für Auskunftsersuchen und Widerspruch hier zum Download bereit.