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Protestaktion: Kulturkampf in Israel

Protestaktion

Kulturkampf in Israel

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    Ultraorthodoxe Juden protestieren in Kleidung, die an NS-Konzentrationslager erinnern soll.
    Ultraorthodoxe Juden protestieren in Kleidung, die an NS-Konzentrationslager erinnern soll. Foto: Foto: dpa

    Tel Aviv/Jerusalem Ultraorthodoxe Juden haben ihre Behandlung im jüdischen Staat mit dem Holocaust verglichen und damit empörte Reaktionen ausgelöst. Avner Schalev, Leiter der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, sagte am Sonntag: „Dieser Missbrauch des Holocausts ist inakzeptabel und verstößt gegen grundlegende jüdische Werte.“

    Teilnehmer einer Kundgebung in Jerusalem hatten sich am Samstagabend in schwarz-weiß gestreifter Kleidung gezeigt, die an die Häftlingskluft in Konzentrationslagern der Nazi-Zeit erinnern sollte. Auch kleine Kinder trugen einen sogenannten gelben Judenstern, in dessen Mitte das Wort „Jude“ geschrieben war. Sie hoben dabei die Arme, als müssten sie sich ergeben.

    Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, die Demonstranten hätten mit ihrem Verhalten „eine rote Linie überschritten“. „Häftlingskleidung und gelbe Judensterne, auf denen auf Deutsch „Jude“ steht – das sind erschütternde und schreckliche Dinge“, hieß es in einer Mitteilung des Ministers. Die streng religiöse Führung müsse energisch gegen solche Phänomene vorgehen. Auch Schalev verurteilte das Verhalten der Demonstranten scharf. Sie verletzten die Gefühle von Holocaust-Überlebenden und das Gedenken an die Judenvernichtung.

    Die Demonstranten wollten mit ihrer provokativen Kundgebung gegen ihre „Verfolgung durch die nichtreligiöse Mehrheit“ protestieren. Der offizielle Anlass für die Demonstration war der bevorstehende Haftantritt eines streng religiösen Mannes, der ein Geschäft für elektronische Musikausrüstung in Jerusalem verwüstet hatte, weil dies zu unzüchtigem Verhalten verleite.

    Religiöse Fanatiker fordern Geschlechtertrennung

    Ein weiterer Grund für den in den letzten Wochen eskalierenden Streit zwischen den Bevölkerungsgruppen ist die von einer Minderheit der ultraorthodoxen Juden geforderte Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit. Frauen werden von religiösen Fanatikern unter anderem auf Schildern aufgefordert, vor den Synagogen auf die andere Straßenseite zu wechseln. Sie sollen in Bussen und Straßenbahnen hinten sitzen, sich im Supermarkt getrennt an der Kasse anstellen sowie bei Wahlen getrennte Wahlurnen benutzen. Dagegen formiert sich zunehmend Widerstand in der liberalen Mehrheitsbevölkerung und sogar in ultraorthodoxen Kreisen.

    Ein Demonstrant, der einen Judenstern trug, sagte zur Begründung der Proteste: „Diese Lage, in die wir geraten sind – dass ein unschuldiger Religionsstudent für zwei Jahre ins Gefängnis gehen muss –, ist genau wie damals die Lage der Juden während des Holocausts.“ Ein Holocaust-Überlebender äußerte sich im Gespräch mit dem israelischen Rundfunk entsetzt über solche Ansichten. „Weiß er überhaupt, was während des Holocausts passiert ist?“, fragte er. „Hat jemand seine Mutter oder seinen Vater verbrannt oder seine Tochter vergewaltigt?“ (dpa)

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