Gleich zwei FDP-Poitiker haben am Wochenende ihren Unmut über Parteichef Philipp Rösler geäußert. Der FDP-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner, hat seine Kritik an der Berliner Parteiführung erneuert. "Nach außen sollten wir uns in Berlin auf professionelles, störungsfreies Regierungshandeln konzentrieren", sagte Lindner der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Wenn sich die FDP mit ihrem Grundsatzprogramm zum Ziel schuldenfreier Haushalte bekennt, begrüße ich das sehr." Die Entschuldung müsse Vorrang haben vor Entlastungen.
Auch Kieler FDP-Chef enttäuscht von Philipp Rösler
Auch hat sich der schleswig-holsteinische FDP-Vorsitzende Heiner Garg tief enttäuscht über Parteichef Philipp Rösler geäußert. Als Bundesvorsitzender sei Rösler ein ganz anderer Mensch geworden, sagte Garg dem Hamburger Abendblatt (Montag). Röslers Lockerheit und seine Authentizität, die alle an ihm so gemocht hätten, scheine er verloren zu haben.
Kritik an Rösler: "Ein anderer Mensch geworden"
Das ist Philipp Rösler
Philipp Rösler wurde wahrscheinlich am 24. Februar 1973 in Khán Hyng, einem vietnamesischen Dorf südlich von Saigon, geboren. Er war gerade neun Monate alt, als er von einer norddeutschen Familie adoptiert wurde. Bis dahin hatte er in einem katholischen Waisenhaus gelebt.
Als sich seine Adoptiveltern trennten, blieb er bei seinem Vater, einem Hubschrauberpiloten, Berufssoldaten und Fluglehrer der Bundeswehr. Die Mutter wanderte nach Südamerika aus.
1992 machte Philipp Rösler an der Lutherschule Hannover sein Abitur. Anschließend wurde er Sanitätsoffizieranwärter bei der Bundeswehr, bevor er an der Medizinischen Hochschule Hannover schließlich Humanmedizin studierte. 2002 promivierte er zum Dr. med.
Rösler trat 1992 der FDP bei. Seit 1996 gehört er zum Landesvorstand der FDP Niedersachsen. Im selben Jahr wurde er Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Niedersachen. Er behielt das Amt bis 1999.
Im Jahr 2000 trat er durch seine Taufe der römisch-katholischen Kirche bei. Seit 2008 zählt Rösler zur Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Von 2000 bis 2004 war Philipp Rösler ehrenamtlicher Generalsekretär der FDP Niedersachsen. Ab 2003 verdingte er sich als Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Niedersachsen und als Mitglied im niedersächsischen Landtag.
Seit 2002 ist er mit der Ärztin Wiebke Rösler verheiratet. Das Paar hat am 28. Oktober 2008 die Zwillingstöchter Grietje und Gesche bekommen. Die Familie lebt in Isernhagen in der Nähe von Hannover.
Im Februar 2009 wurde er schließlich Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie stellvertretender Ministerpräsident in Niedersachsen. Acht Monate später übernahm er das Gesundheitsministerium und im Mai 2011 das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
Philipp Rösler ist Bundesvorsitzender der FDP und seit Mai 2011 der Stellvertreter von Angela Merkel.
2006 suchte Rösler zum ersten Mal sein Geburtsland auf. Laut eigener Aussage entsprach er damit dem Wunsch seiner Frau, die "gern wissen wollte, woher ich komme".
"Auch seine Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen, vermisse ich immer mehr", sagte der Kieler Gesundheitsminister, der zugleich stellvertretender Ministerpräsident ist. Wegen dieser Eigenschaften habe Rösler bei seiner Wahl als herzlicher und menschlicher Hoffnungsträger der Partei gegolten. Ich würde mir wünschen, dass er diese Eigenschaften wieder mehr nach außen kehrt. Damit wäre sicherlich ein großer Schritt nach oben getan."
Neuer FDP-Leitbegriff "Wachstum" sorgt für Unmut
In Schleswig-Holstein finden am 6. Mai Landtagswahlen statt, die FDP muss befürchten, an der Fünfprozenthürde zu scheitern. Erst vor kurzem hatte Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki die Berliner Parteispitze scharf kritisiert und war dabei auch mit dem neuen, von Rösler geprägten Leitbegriff "Wachstum" hart ins Gericht gegangen. Zurückhaltend äußerte sich Christian Lindner zu diesem Thema. "Zweifellos ist das ja auch eine wichtige Frage", sagte er. "Grundsatzprogramme haben in einer Partei eine Funktion nach innen."
Christian Lindner betonte ferner inhaltliche Übereinstimmungen mit der SPD. "In Nordrhein-Westfalen gibt es die interessante Konstellation, dass sich in manchen Aspekten der Industriepolitik einerseits SPD und FDP nahestehen, andererseits CDU und Grüne. Das finde ich bemerkenswert", sagte Lindner der FAS. Zwar habe die FDP immer noch Gemeinsamkeiten mit der Union. "In NRW gibt es andererseits eine sozialliberale Tradition", fügte Lindner hinzu. Er kündigte an, auf einem Landesparteitag am 6. Mai gegebenenfalls eine Koalitionsaussage zu treffen. afp/dpa