Das neue Jahr ist noch keine zwei Wochen alt, da gibt es in der schwarz-gelben Koalition wie innerhalb der FDP schon wieder Krach. Führende Liberale drohten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sogar indirekt mit dem Bruch der Koalition, sofern diese sich weiter für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in den 17 Staaten der Euro-Zone starkmacht. Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki stellte sich jedoch demonstrativ gegen seine eigene Parteispitze.
Merkel hatte sich nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy am Montag offen für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf Ebene der Euro-Staaten gezeigt, sollte es im größeren Kreis der EU-Mitglieder nicht möglich sein. Eine Einführung der Steuer in allen EU-Staaten gilt als unwahrscheinlich, weil Großbritannien einen solchen Schritt vehement ablehnt.
FDP warnt Merkel vor Kurswechsel bei Finanztransaktionssteuer
Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms warnte Merkel eindringlich vor einem Kurswechsel beim Thema Börsensteuer. Koalitionsabsprachen könnten „nur gemeinsam verändert und nicht einseitig aufgekündigt werden“, sagte er dem Handelsblatt. Sollte sich die CDU nicht daran halten, wäre die Funktionsfähigkeit der Koalition „in ihrem Kern“ berührt.
Auch FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler sprach sich kategorisch gegen einen Alleingang der Euro-Länder ohne den wichtigen Finanzplatz London aus. „Ich bleibe dabei: Eine solche Steuer muss für alle EU-Länder gelten, nicht nur für die Euro-Staaten.“ Andernfalls führe eine derartige Steuer zu Wettbewerbsverzerrungen und belaste den Finanzstandort Deutschland.
Dagegen distanzierte sich der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Kubicki von seiner eigenen Parteispitze und sprach sich für die Einführung der Abgabe aus. „Die Finanztransaktionssteuer muss kommen.“ Er halte es nicht für klug, in dieser Frage einen Konflikt mit der Union aufzubauen.
Im Gegensatz zur FDP-Spitze befürworten alle anderen Parteien von CDU/CSU über SPD und Grüne bis zur Linkspartei die Erhebung der Steuer, um die Banken an den Kosten der Krise zu beteiligen. Selbst die Union drängt auf die Einführung. „Ja, sie wird kommen“, sagte CDU/CSU-Vizefraktionschef Michael Meister.
Italien droht Herabstufung der Kreditwürdigkeit
Die 17 Euro-Länder im Vergleich
Österreich: Laut Prognosen steigt die österreichische Staatsverschuldung 2011 auf 73,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, seit 2008 im Amt, steht in der Kritik. Allerdings nicht so sehr wegen der Schuldenkrise, sondern wegen Korruptions- und Untreuevorwürfen.
Spanien: Mit einer Gesamtverschuldung von voraussichtlich 68,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes scheitert auch Spanien an den Maastricht-Kriterien. Der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero scheiterte an der Schuldenkrise. Er wird durch den konservativen Mariano Rajoy ersetzt.
Zypern: Mit einer Schuldenquote von 62,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes scheitert das kleine Land nur knapp an der Maastricht-Hürde von 60 Prozent. Dimitris Christofias ist seit 2008 Staatsoberhaupt und Regierungschef der Inselrepublik, die im Jahr 2004 Mitglied der Europäischen Union wurde.
Slowenien: Auf 42,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden sich die slowenischen Schulden 2011 voraussichtlich belaufen. Damit bleibt das Land im vom Maastricht-Vetrag vorgegebenen Rahmen. Bei den Wahlen im Dezember 2011 dürfte der sozialdemokratische Regierungschef Borut Pahor dennoch sein Amt verlieren.
Slowakei: Die Slowakei gehört mit prognostizierten 44,8 Prozent Verschuldungsquote auch 2011 zu den stabileren Euro-Staaten. Ministerpräsidentin Iveta Radicová kündigte im Oktober vorgezogene Neuwahlen an. Nur unter dieser Bedingung wollte die Opposition der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zustimmen.
Portugal: Portugal ist mit geschätzten 101,7 Prozent Staatsverschuldung einer der Wackelkandidaten unter den Euro-Ländern. Pedro Passos Coelho ist seit Juni 2011 Premierminister. Er folgte auf José Sócrates, der im März nach einer gescheiterten Abstimmung über das Sparpaket seiner Regierung zurückgetreten war.
Niederlande: Die Verbindlichkeiten wachsen bis zum Ende dieses Jahres voraussichtlich auf 63,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Aus den vorgezogenen Neuwahlen Ende 2010 ging der Liberale Mark Rutte als Sieger hervor. Seine Regierung wird vom Rechtspopulisten Geert Wilders toleriert.
Malta: Der Inselstaat im Mittelmeer wird seine Schulden im laufenden Jahr nach bisherigen Prognosen bei 68 Prozent des Bruttoinlandsproduktes halten. Bereits seit mehr als sieben Jahren ist Lawrence Gonzi Regierungschef Maltas. Unter seiner Führung trat das Land im Mai 2004 der Europäischen Union bei.
Luxemburg: Mit einer Gesamtverschuldung von etwa 17,2 Prozent der Wirtschaftsleistung in 2011 ist Luxemburg eines von nur fünf Ländern, die die Kriterien des Maastricht-Vertrages einhalten. Auch politisch ist das kleine Land ein Hort der Stabilität. Jean-Claude Juncker ist bereits seit 1995 Premierminister.
Italien: Seit Monaten wird über Rettungsgelder für Italien spekuliert. Die Staatsschulden steigen 2011 auf geschätzte 120,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach langem Tauziehen trat Ministerpräsident Silvio Berlusconi zurück. Nachfolger Mario Monti bildete eine Übergangsregierung.
Irland: Irland hatte als erstes Land Rettungsgelder in Anspruch genommen. Die Staatsschulden steigen in diesem Jahr auf schätzungsweise 112 Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt). Regierungschef Brian Cowen stürzte über die Schuldenkrise. Seit März 2011 ist Enda Kenny irischer Ministerpräsident.
Griechenland: Mit einer dramatischen Schuldenquote von 157,7 Prozent der Wirtschaftsleistung bringt Griechenland die Euro-Zone in die größten Schwierigkeiten. Seit November 2011 ist Lucas Papademos Regierungschef. Er löste Giorgos Papandreou ab, der wegen seines harten Sparkurses massiv unter Druck geraten war.
Frankreich: Die französische Staatsverschuldung steigt weiter. In 2011 wird ein Wert von 84,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwartet. Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat in der Krise an Rückhalt verloren. Bei den Wahlen 2012 droht ihm der Machtverlust.
Finnland: Auf 50,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes schätzt die europäische Statistikbehörde Eurostat die finnische Staatsverschuldung in 2011. Der konservative Ex-Finanzminister Jyrki Katainen ist seit Juni 2011 Ministerpräsident. Er löste Mari Johanna Kiviniemi nach nur einem Jahr im Amt ab.
Estland: Estland ist der Musterschüler unter den Euro-Ländern. Die Staatsschulden fallen 2011 voraussichtlich auf 6,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der diplomierte Chemiker Andrus Ansip lenkt seit 2005 als Premierminister die Geschicke des nordeuropäischen Staates, der 2004 der EU beitrat.
Deutschland: Deutschland gilt als Stabilitätsgarant in Europa. Mit einer Schuldenquote von 82,4 Prozent der Wirtschaftsleistung verstößt aber auch die Bundesrepublik gegen die Stabilitätskriterien. Angela Merkel (CDU) ist seit 2005 Bundeskanzlerin. Ihre Koalition hat seit der letzten Wahl deutlich an Zuspruch verloren.
Belgien: Mit prognostizierten 97 Prozent Staatsschulden in Relation zur Wirtschaftsleistung gehört Belgien zu den Sorgenkindern. Seit Juni 2010 gibt es in Brüssel keine gewählte Regierung – ein unrühmlicher Weltrekord. Die Hoffnungen, dass sich daran bald etwas ändert, erhielten im November 2011 einen empfindlichen Dämpfer.
Kurz vor dem neuen Gang an den Anleihemarkt bekommt Euro-Sorgenkind Italien einen Schuss vor den Bug. Während die Ratingagentur Fitch Frankreichs Top-Bonität entgegen anderslautenden Spekulationen für 2012 nicht in Gefahr sieht, droht sie Italien mit einer Herabstufung. Die Drohung kommt für Rom mehr als ungelegen, denn Italien muss sich in nächster Zeit große Mengen an frischem Geld besorgen, um auslaufende Anleihen zu bedienen. mit afp, dpa