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Islamischer Staat: "Jihadi John" ist der Reklameheld der IS-Terroristen

Islamischer Staat

"Jihadi John" ist der Reklameheld der IS-Terroristen

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    Mohammed Emwazi, der bei der Terrorgruppe Islamischer Staat als "Jihardi John" berüchtigt ist, in einem IS-Propagandavideo.
    Mohammed Emwazi, der bei der Terrorgruppe Islamischer Staat als "Jihardi John" berüchtigt ist, in einem IS-Propagandavideo. Foto: Eis/mcp/ma/rix/ljm/dan, AFP

    Zuletzt lebte "JIhadi John" im Westen Londons. Dort, wo die Sozialwohnungsblöcke in einer Landschaft schicker Gebäude mit Luxusapartments wie Fremdkörper wirken, verbrachte Mohammed Emwazi seine letzten Jahre in Großbritannien, bevor er zu einem der meistgesuchten Männer der Welt wurde.

    Es war eine Zeit, in der der junge Muslim ein ganz gewöhnlicher Teenager war. Keiner der Nachbarn, Freunde und Lehrer dachte daran, ihn einmal als Mörder in schwarzer Kleidung und Sturmhaube in Propagandavideos der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) auftreten zu sehen. Mittlerweile ist der als „Jihadi John“ bekannte Islamist das Symbol der barbarischen Grausamkeit der Miliz.

    IS: Ständig neue Details aus dem Leben des Terroristen

    In der vergangenen Woche wurde der britische Staatsbürger, der 1988 in Kuwait geboren wurde und sechs Jahre später mit seinen Eltern ins Königreich auswanderte, von Medien enttarnt, auch wenn die britischen Geheimdienste und das FBI behaupten, schon länger von der Identität des Mannes gewusst zu haben. Aus ermittlungstaktischen Gründen wurde sie geheim gehalten.

    Nun kommen ständig neue Details aus dem Leben des Terroristen ans Licht. „Er schien ein netter Junge zu sein“, sagte ein ehemaliger Freund britischen Medien. Bodenständig und bescheiden sei er gewesen. Einer, der Fußball mochte und mit jedem befreundet war. Zudem habe er „eine Vorliebe für stylische westliche Kleidung“ gehabt, wird ein anderer Freund zitiert.

    "Jihadi John" war als Schüler "ruhig und halbwegs fleißig"

    Auch Jo Shuter, die frühere Rektorin der Schule, auf die Emwazi ging, sah in ihm keinen Grund zur Beunruhigung. Es habe keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass sich der „ruhige und halbwegs fleißige“ Schüler radikalisieren würde.

    Doch Mohammed Emwazi, der im Jahr 2009 sein Informatikstudium an der University of Westminster abschloss und danach als Verkäufer für ein IT-Unternehmen in Kuwait arbeitete, machte eine furchterregende Karriere. Während sein letzter Chef ihn noch als „besten Angestellten, den wir je hatten“ beschrieb, bezeichnete ihn der IS-Aussteiger Abu Ayman in der BBC als „kalten Einzelgänger“, der sich von den anderen ausländischen Terroristen abhob. Obwohl die Briten unter ihnen immer „zusammen herumhingen“, grenzte sich Emwazi ab. Er wollte in den Enthauptungsvideos auftauchen, etwa jenem von vergangenem August, das den Mord an dem US-Journalisten James Foley zeigen soll, sagte Ayman in dem BBC-Interview. Seine britischen IS-Mitstreiter veröffentlichten auf sozialen Medien wie Twitter und Instagram Schnappschüsse des „Fünf-Sterne-Dschihadisten“, wie er von ihnen genannt wurde.

    Vater von Emwazi weist Vorwürfe zurück und droht mit Anwalt

    Der Vater von Mohammed Emwazi hat die Vorwürfe gegen seinen Sohn zurückgewiesen. "Es gibt nichts, das beweist, was in den Medien zirkuliert, besonders über Videoclips, die meinen Sohn Mohammed beschuldigen und ihn als angeblichen Henker von Daesch darstellen", sagte Dschassem Emwazi der kuwaitischen Zeitung "Al-Kabas" von Mittwoch unter Verwendung der arabischen Abkürzung für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Nichts belege, dass sein Sohn tatsächlich "Jihadi John" sei.

    Das ist die Organisation IS

    IS ist eine islamistische Organisation. Sie hat das Ziel, einen Islamischen Staat zu errichten. Dieses Kalifat soll die Länder Syrien und Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien miteinander vereinen.

    IS steht für Islamischer Staat. Gebräuchlich ist auch die Abkürzung ISIL, das steht für Islamischer Staat im Irak und in der Levante oder ISIS für Islamischer Staat im Irak und in Syrien.

    Ihr Ziel verfolgen die Anhänger der Organisation mit militärischen Mitteln und brutalster Gewalt, darunter Bombenattentate, Folter, und Hinrichtungen von Zivilisten.

    IS kämpft an vielen Fronten. Die Terrorgruppe geht bewaffnet gegen die Regierungen in Syrien und im Irak vor, führt Krieg gegen schiitische Gläubige und vermeintliche sunnitische Kollaborateure.

    Die IS hat ihre Wurzeln in der Widerstandsbewegung gegen die Besetzung des Iraks nach dem Irakkrieg 2003.

    Die Gruppe profitierte 2013 vom Machtkampf der von Schiiten dominierten Regierung in Bagdad mit Sunniten und beherrscht inzwischen weite Teile des Iraks.

    Im syrischen Bürgerkrieg hat Isis vor allem im Nordosten des Landes die Kontrolle erlangt. Dort griff die Gruppe kurdische Städte an und massakrierten Zivilisten.

    In den besetzten Gebieten verordnen die Dschihadisten der Bevölkerung strenge Regeln. So sollen Frauen die Häuser nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Alkohol und Rauchen ist verboten, ebenso Veranstaltungen und freie Presse.

    Im April 2014 sagte sich IS von Al-Kaida los. Deren Führung habe sich von den Grundsätzen des "Heiligen Krieges" entfernt, hieß es.

    Wie viele Menschen sich IS angeschlossen haben, ist unklar. Schätzungen sprechen von bis zu 15.000 Kämpfern.

    Anführer der Bewegung ist seit Mai 2010 Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA führt ihn als einen der meistgesuchten Terroristen der Welt.

    IS wirbt im Internet aktiv um Kämpfer aus Europa. «Isis macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit», sagte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove. Die Islamisten hätten sogar Kameras auf ihre Kalaschnikows geschraubt, um ihre Operationen in Echtzeit im Internet zu übertragen.

    Finanziert wurde IS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen erzeugt, etwa mit dem Schmuggel von Öl.

    "Ich habe eine Botschaft an das kuwaitische Volk: Viele dieser Gerüchte sind falsch", sagte Dschassem Emwazi. Er habe einen Anwalt beauftragt, gegen die Vorwürfe vorzugehen. Der Anwalt Salem al-Haschasch kündigte seinerseits an, er werde am Sonntag Anzeige gegen jene erstatten, die in der Öffentlichkeit Vorwürfe gegen Dschassem Emwazi und seine Familie erheben. Auch in Großbritannien, wo zahlreiche Medien seit vergangener Woche Berichte über Mohammed Emwazi und seine Familie veröffentlichten, werde ein Anwalt die Interessen der Familie verteidigen. Dschassem Emwazi wurde laut "Al-Kabas" vom kuwaitischen Innenministerium ausführlich befragt und lebt derzeit an einem geheimen Ort.

    Ein "westlicher Reklameheld" für ISIS

    Doch wie konnte Emwazi zum makaberen Markenzeichen der brutalen Terrorgruppe, zum „westlichen Reklameheld von Isis“ werden? „Isis hat professionelle Psychologen“, erklärt Ayman, der die Miliz nach eigenen Angaben verlassen hat, nachdem ihm befohlen wurde, Frauen und Kinder umzubringen. „Sie wissen, wen sie von den Kämpfern auswählen müssen und wie sie sie berühmt machen.“ IS spiele mit ihm wie mit einem Klavier. „Er ist eine Berühmtheit, um unsere muslimischen Brüder in Europa anzulocken“, so Ayman. Auch wenn sich einige der Terroristen der Miliz anschlossen, weil sie Emwazi als Vorbild genommen hätten, so sei er nicht besonders gewesen. „Jeder hätte wie er werden können.“ Wie „Jihadi John“, der seinen Spitznamen von Gefangenen erhielt, weil er zu einer Gruppe von vier IS-Terroristen mit britischem Akzent – auch „Beatles“ genannt – gehörte.

    Derweil hält die Kritik am britischen Geheimdienst MI5 an. Bereits sechs Jahre bevor er im ersten Enthauptungsvideo auftauchte, waren den Behörden die radikalen Verbindungen von Emwazi bekannt. Er ist einer von hunderten Briten, die in die Region gereist sind, um für die Errichtung eines Kalifats zu kämpfen. E-Mails aus dem Jahr 2010 machen deutlich, wie er sich überwacht und bereits als „Todgeweihter“ gefühlt habe. Sogar an Selbstmord soll er gedacht haben, um der Überwachung durch den Geheimdienst zu entkommen. Trotzdem „fiel er durch das Netz“ des MI5 und habe nach Syrien fliehen können, monieren Kritiker. (mit afp)

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