Wenn Bundesinnenminister Thomas de Maizière heute offiziell die sogenannte Polizeiliche Kriminalstatistik präsentiert, wird ein Hauptaugenmerk auf die Frage der Straffälligkeit von Flüchtlingen gerichtet sein. Die Statistik weist dieses Jahr die Gruppe mit dem Aufenthaltsstatus Asylbewerber, Duldung, Kontingent- oder Bürgerkriegsflüchtling oder unerlaubter Aufenthalt unter der Bezeichnung „Zuwanderer“ aus. Und wie die Welt am Sonntag vorab aus der Statistik berichtete, ist die Zahl der als Tatverdächtige von der Polizei ermittelten Zuwanderer im vergangenen Jahr um 53 Prozent auf 174440 gestiegen. Diese Zahl ist vor allem auch Ausdruck der seit 2015 stark gestiegenen Flüchtlingszahl.
Um einen Vergleich mit der übrigen Bevölkerung zu ermöglichen, sind Straftaten, wie unerlaubte Einreisen, die nur Zuwanderer begehen können, nicht berücksichtigt. Laut der Statistik fielen Zuwanderer bei einigen Straftaten besonders auf, schreibt die Zeitung. So stellen sie demnach beim Taschendiebstahl 35 Prozent der Tatverdächtigen. Bei Wohnungseinbrüchen elf Prozent. Und bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie Vergewaltigung und sexueller Nötigung sind es jeweils 14,9 Prozent.
Insgesamt liegt der Anteil der Flüchtlinge an allen bei sämtlichen Straftaten ermittelten Tatverdächtigen bei 8,6 Prozent, obwohl der Anteil an der Gesamtbevölkerung bei deutlich weniger als zwei Prozent liege. Dass der Kriminalitätsanteil von Zuwanderern zunehmen würde, sei nach dem Flüchtlingszustrom nicht überraschend, erklärt der Wiesbadener Kriminalpsychologe Rudolf Egg. Denn ein Teil der als Flüchtlinge ins Land gekommenen Menschen besitze aufgrund seiner Alters- und Sozialstruktur „ein Bündel von Risikofaktoren“. Egg zählt auf: junge alleinstehende Männer, ohne Familie, schlecht integriert, mit geringer beruflicher Perspektive und möglicherweise ohne Bleibeperspektive. Viele Taten beträfen zudem Migranten untereinander.
„Junge Männer begehen eher Straftaten als ältere Frauen, das ist überall so“, sagt auch Dominic Kudlacek vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. Sie seien oft allein eingereist und es fehle an sozialer Kontrolle. Es sei wichtig, offen über die Zahlen zu sprechen und deutliche Grenzen aufzuzeigen, sagte der Sozialwissenschaftler. „Normverstöße müssen konsequenter bestraft werden. Es ist klar, dass ein Jugendlicher sich nicht an die Regeln hält, wenn er mitbekommt, dass ein anderer mit beispielsweise 15 Identitäten das 15-Fache an Geld nach Hause schicken kann.“
Auch unter allen Jugendlichen wachsen die Probleme: Der Anteil Jugendlicher an Gewaltverbrechen wie gefährlicher und schwerer Körperverletzungen sei um zwölf Prozent auf 22646 Tatverdächtige gestiegen. Dies trug mit dazu bei, dass nach jahrelangem Rückgang die Gewaltkriminalität seit 2016 um 6,7 Prozent gestiegen sei. (dpa, AZ)