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NSU-Prozess: Heer, Stahl und Sturm - Zschäpes Verteidiger im Mittelpunkt

NSU-Prozess

Heer, Stahl und Sturm - Zschäpes Verteidiger im Mittelpunkt

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    Die Angeklagte Beate Zschäpe (l) unterhält sich mit ihren Anwälten Wolfgang Stahl (l), Wolfgang Heer (r) und Anja Sturm.
    Die Angeklagte Beate Zschäpe (l) unterhält sich mit ihren Anwälten Wolfgang Stahl (l), Wolfgang Heer (r) und Anja Sturm. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Der erste Verhandlungstag im NSU-Prozess gehörte den Verteidigern - und es würde nicht überraschen, wenn Beate Zschäpes Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm auch bei der Fortsetzung an diesem Dienstag im Mittelpunkt stünden. Zwar hat das Gericht zwei Befangenheitsanträge aus dem Weg geräumt, doch die Anwälte der Hauptangeklagten haben weitere Anträge angekündigt.

    Das ist vor allem für die Angehörigen enttäuschend. Sie wünschen sich, dass das Gericht schnell zur Sache kommt - zur Anklage gegen Zschäpe und vier weitere Beschuldigten, zur Aufarbeitung der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). Doch es zeigt sich, dass Zschäpes Anwälte genau das tun, was sich jeder Beschuldigte wünscht: Sie kämpfen mit allen juristischen Mitteln für ihre Mandantin.

    Einmalige Chance aus Verteidigersicht

    Heer, Stahl und Sturm sind alle um die 40, sie haben schon einige Erfahrung gesammelt - das Zschäpe-Mandat könnte sie in den Anwalts-Ranglisten ganz nach vorne katapultieren. "Dies ist aus Verteidigersicht ein ähnlich bedeutendes Verfahren wie die RAF-Verfahren in den 70er Jahren", sagt Stahl. "Man hat in seinem Berufsleben nur einmal die Chance, an so etwas teilzunehmen."

    Die Kombination der drei Namen sticht ins Auge. Die britische Zeitung "The Guardian" übersetzte sie ihren Lesern sogar ("Storm, Steel and Army"). Politisch sind die drei Anwälte jeder Nähe zur rechten Szene unverdächtig - Stahl ist Mitglied der FDP, er nennt den ehemaligen RAF-Verteidiger und späteren Bundesinnenminister Otto Schily als Vorbild. Heer und Sturm sind in keiner Partei.

    "Das ist kein politisches Verfahren. Es geht darum, dass die Vorwürfe strafrechtlich untersucht werden", betont Wolfgang Heer. Der Anwalt aus Köln, mit 39 der jüngste der drei, hatte das Mandat zunächst allein übernommen. Mit Wolfgang Stahl hat er schon oft zusammengearbeitet - die beiden kennen sich aus dem Fachanwaltslehrgang.

    Das ist Beate Zschäpe

    Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.

    Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.

    Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.

    Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.

    Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.

    Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.

    Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.

    Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.

    Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.

    Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".

    Als dritte kam Anja Sturm ins Team. Drei aus der Staatskasse bezahlte Pflichtverteidiger sind außergewöhnlich - aber angesichts der gewaltigen Aktenmenge und der schweren Vorwürfe gegen Zschäpe wollte sich das Gericht wohl nicht dem Vorwurf aussetzen, den Grundsatz des fairen Verfahrens zu verletzen.

    Drei unterschiedliche Charaktere

    Temperamentsunterschiede zwischen den drei Anwälten wurden schon am ersten Prozesstag deutlich: Nachdem Stahl einen Befangenheitsantrag verlesen hatte, sprachen Nebenklagevertreter von Verzögerungstaktik - einer meinte, die Verteidiger würden "das Leid der Opfer verlängern". Heer und Stahl verbaten sich jede Kritik: "Ich weiß gar nicht, ob ich den Herrn noch als Kollegen bezeichnen kann", sagte Heer mit Blick auf einem Opferanwalt. Unter Juristen ist das hart an der Grenze zur Beleidigung.

    Anja Sturm ist im Ton verbindlicher. Es liege ihr fern, das Leid der Opfer nicht anzuerkennen, sagte die Berliner Anwältin. In der Sache machte sie aber keine Kompromisse: Es gehe nicht an, dass die Verteidigung "emotional gezwungen" werden sollte, Rechte ihrer Mandantin nicht geltend zu machen.

    "Als Verteidigerin reizt mich das Gefühl, einer der Übermacht des Staates ausgelieferten Person mit rechtlichen Mitteln beizustehen", sagt Sturm.. "Auch Frau Zschäpe befindet sich in einer solchen Position." Forderungen, die Hauptangeklagte solle zur Aufklärung der NSU-Taten beitragen, hält Sturm für eine Form der Vorverurteilung:  "Das suggeriert, sie könnte überhaupt etwas zu den einzelnen Tatvorwürfen sagen."

    Trotz Krankheit Mandat angenommen

    Vor drei Jahren erkrankte Sturm an Krebs - sie ging durch das ganze harte Programm, einschließlich Chemotherapie. Im Beruf zurückstecken wollte sie deshalb nicht. Auch wenn sie ihren Mann und ihre Kinder während des Prozesses nur wenig sehen wird, war es für die 43-Jährige schnell klar, dass sie das Mandat von Beate Zschäpe annehmen will. "Ich weiß, wie es ist, wenn man Brüche im Leben hat - wie das auch bei vielen Mandanten ist", sagt Sturm. "Ich bin keine Blinde, die von Farben spricht." dpa

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