Die Jobcenter und Arbeitsgerichte kommen der Arbeit nicht hinterher. Eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigt: Im November 2012 lagen 190.000 Widersprüchen und über 204.000 Klagen in Sachen Hartz IV vor. Davon konnten nur gut 60.000 Widersprüche bzw. knapp 12.000 Klagen abgearbeitet werden.
Wie die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen, lohnt sich der Aufwand für viele Hartz-IV-Empfänger: 35,2 Prozent der Widersprüche wurde im Oktober 2012 von den Jobcentern teilweise oder ganz stattgegeben. Bei den Klagen ist die Erfolgsquote sogar noch höher: 44,4 Prozent wurden von den Sozialgerichten stattgegeben.
Hatz IV: Kürzungen oft vorschnell verschickt
"Das liegt aber nicht in erster Linie an Versäumnissen der Arbeitsagentur", sagt Paul Ebsen, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit. Vielmehr seien 2012 aufgrund des guten Wirtschaftlage viele Arbeitslose zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Wenn diese nicht zum Termin erschienen, wurde das Arbeitslosengeld gekürzt. "Wenn aber im Nachhinein ein Nachweis vorgelegt wird, weshalb der Termin nicht eingehalten werden konnte, beispielsweise wegen eines Arzttermins, wird dem Widerspruch stattgegeben", erklärt Ebsen.
Tatsächlich sind nachgereichte Unterlagen der häufigste Grund für stattgegebene Widersprüche: In Bayern erhalten knapp 22 Prozent ihr Geld doch noch, wenn sie beispielsweise im Nachhinein ein Attest vorlegen, deutschlandweit sind es sogar 25 Prozent.
In Augsburg sind 793 Widersprüche und Klagen offen
Auch in der Stadt Augsburg kommen Monat für Monat mehr Klagen und Widersprüche hinzu als abgearbeitet werden können. Im November waren noch 624 Widersprüche und 169 Klagen offen. Dabei kamen allein in diesem Monat 222 Widersprüche hinzu, von denen nur 183 abgearbeitet werden konnten. Bei den Klagen wurden immerhin 27 abgearbeitet und nur 19 kamen neu hinzu.
Wie kann man diese hohen Zahlen künftig reduzieren? "Es ist nicht vorgesehen, dass in den Agenturen mehr Mitarbeiter eingestellt werden", sagt Ebsen. Vielmehr werde man versuchen, die Bescheide ab sofort genauer zu prüfen, bevor sie verschickt werden. "Das bedeutet zwar erst einmal mehr Arbeit, aber im Endeffekt sollte es sich auszahlen."
Außerdem sei nicht klar, ob die Zahlen tatsächlich zunehmen: "Der Bestand wird erst seit September 2012 ausgewertet. Wir haben also noch keine Vergleiche zu vergangenen Jahren", erläutert Armin Jäger, Mitarbeiter im Statistikamt der Bundesagentur für Arbeit.
Die meisten Widersprüche kommen aus Ostdeutschland
Er weist außerdem auf eine weitere Auffälligkeit hin: "In Ostdeutschland gibt es die meisten Widersprüche und Klagen." In dieser Statistik liegt Sachsen-Anhalt ganz vorne (14,2 % der Bedarfsgemeinschaften haben im November widersprochen), gefolgt von Brandenburg (13,2 %) und Sachsen (12,6 %). Im Jobcenter Ostprignitz-Ruppin in Brandenburg reichten im Oktober sogar 54,7 Prozent Widerspruch ein.
In Bayern widersprechen lediglich 4,8 Prozent, was unter dem bundesweiten Durchschnitt von 5,8 Prozent liegt.
Am häufigsten klagen oder widersprechen Hartz-IV-Empfänger wegen Aufhebung oder Erstattung (21,1%). Am zweithäufigsten (15,5%) geht es um die Anrechnung von Einkommen oder Vermögen sowie um Kosten für Unterkunft und Heizung (jeweils 15,5%).