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Griechenland: Griechische Tragödie: Ein Land ist chronisch pleite

Griechenland

Griechische Tragödie: Ein Land ist chronisch pleite

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    Pleiteland: Griechenland. dpa
    Pleiteland: Griechenland. dpa

    Griechenland steht still. Zum dritten Mal in diesem Jahr hat ein Generalstreik das Land lahmgelegt. Büros blieben geschlossen, Fähren liefen nicht aus. Tausende versammelten sich auf den Straßen, es gab schwere Ausschreitungen. Ein weiteres unrühmliches Kapitel in dieser griechischen Geschichte, von der keiner weiß, wie sie ausgeht.

    Was man jedoch weiß: Inzwischen nimmt sich die Wissenschaft der griechischen Tragödie an und kommt zu dramatischen Ergebnissen. So fanden die britischen Historiker Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff heraus, dass Griechenland seit 1820 praktisch jedes zweite Jahr zahlungsunfähig war. Eine Ursache dafür sei die kaum ausgeprägte Fähigkeit der Hellenen, Staat und Gesellschaft als unabhängige Institutionen zu begreifen, sagen die Wissenschaftler. Und diejenigen, die in Griechenland politische Macht ausüben, tun dies mit einem Absolutismus und einer Selbstbedienungsmentalität, die für das übrige Europa unverständlich ist.

    Tatsächlich sitzen in jedem anderen Land eigenverantwortliche Statistikbehörden über den amtlichen Zahlen. In Athen ist das anders. In den letzten Jahrzehnten zwang die jeweils amtierende Regierung die nationalen Statistikexperten dazu, stark frisierte Zahlen zu veröffentlichen. Als der gewaltige Schwindel rauskam, setzte allerdings kein durchgreifendes Umdenken ein – eben weil das Gefühl für ein Gemeinwesen, für das jeder mitverantwortlich ist, in Griechenland nur gering ausgeprägt ist. Nach Schätzungen der Athener Wirtschaftszeitung Elefterotypia machen Schattenwirtschaft und Steuerhinterziehung rund 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Anders gesagt: Würde der Staat die ihm zustehenden Steuern systematisch einsammeln, hätte er bis zu 30 Milliarden Euro mehr in der Kasse. Stattdessen führt Griechenland vor allem bei einer Statistik: der Korruption.

    2009 setzte „Transparency International“ Athen auf Platz eins der am meisten von Bestechlichkeit betroffenen Staaten in Europa. Hinzu kam eine lange Jahre völlig verfehlte Wirtschaftspolitik. Bis zum Eingriff der EU kaufte Griechenland für jährlich 14 Milliarden Euro U-Boote, Fregatten und Hubschrauber ein. Sechs Prozent des Staatsetats waren für Rüstung reserviert. Dagegen investierten Staat und Unternehmen nur 0,5 Prozent in Forschung und Entwicklung, was der griechischen Wirtschaft einen hoffnungslosen Rückstand auf dem Weltmarkt einbrachte. Wenn man dort überhaupt auftauchte.

    Dabei hätte alles so viel besser werden können. Als Griechenland 1981 in die EU aufgenommen wurde, öffnete man in Brüssel die prall gefüllten Fördertöpfe für den Agrar- und den Regionalbereich. Zeitweise flossen bis zu 30 Milliarden innerhalb von zwölf Monaten nach Athen. Doch der Abstand zu den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft verringerte sich nicht. Stattdessen mussten die Brüsseler Prüfer zusehen, dass viel Geld versickerte in Olivenplantagen, auf denen seit Jahren kein Grashalm mehr wächst. An Schafbauern, die nicht einmal wussten, was ein Schaf von einem Esel unterscheidet. Oder in öffentliche Einrichtungen, die schon seit Langem geschlossen waren.

    Kein Wunder, dass sich inzwischen viele EU-Bürgerinnen und Bürger fragen, was denn eigentlich mit den bisherigen 110 Milliarden geschehen ist, wenn nun bereits tatsächlich weitere 120 Milliarden nötig sind.

    Diese Frage werden die 26 Staats- und Regierungschefs der EU Ende nächster Woche ihrem griechischen Kollegen Giorgos Papandreou ebenso stellen. Bevor sie das nächste Hilfspaket verabschieden.

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