Judith Könsgen ist Leiterin der Friedhofsveraltung "Unser Hafen" der Deutschen Friedhofsgesellschaft. Auf zwei Friedhöfen in Deutschland können sich Menschen nun mit ihrem Haustier bestatten lassen. Im Interview erklärt Könsgen, worauf die Friedhofsverwaltung dabei achtet.
Frau Könsgen, auf dem Friedhof „Unser Hafen“, den Sie in Brauchbach bei Koblenz und in Essen eröffnet haben, kann man sich mit Haustier bestatten lassen. Warum bieten Sie das an?
Judith Könsgen: Während das Grab früher die Funktion hatte, für die Hinterbliebenen ein Ort der Begegnung zu sein, soll es heute eher Ausdruck des eigenen Lebensstils sein. Deshalb gibt es immer mehr Spezialisierungen von Friedhöfen. Für naturverbundene Menschen gibt es zum Beispiel Waldfriedhöfe. Eine andere Weiterentwicklung ist eben die gemeinsame Beisetzung von Mensch und Tier.
Aber warum gerade mit dem Haustier?
Judith Könsgen: Seit Jahren verändert sich der Bezug des Menschen zum Haustier. Das Tier bedeutet ihm etwas, es ist sein sozialer Partner, sein tierischer Lebensbegleiter. Manche Menschen wollen deshalb mit dem Tier, mit dem sie so viele tolle Erlebnisse geteilt haben, beerdigt werden. Für ältere Menschen, für die das Haustier für längere Zeit der einzige Bezugspunkt war, kann es zudem etwas Tröstliches sein, den letzten Weg nicht alleine gehen zu müssen.
Bestattung mit Haustier: "Vom Pferd bis zum Gecko alles möglich"
Im Juni dieses Jahres wurden die zwei ersten Gemeinschaftsfriedhöfe eröffnet. Wurde dort schon jemand beerdigt?
Judith Könsgen: Ja, in Braubach haben wir zwei Beisetzungen gehabt. Bei der ersten wurde eine Frau mit ihrem kurze Zeit zuvor verstorbenen Hund begraben. Dass der Bedarf für diese Art Friedhof vorhanden ist, zeigen die vielen Anfragen und auch die vielen Kommentare, die wir auf unserer Facebook-Seite erhalten.
Kann man mit jedem Haustier begraben werden?
Judith Könsgen: Ja, vom Pferd bis zum Gecko ist alles möglich. Der Friedhof ist aber ein Urnenfriedhof – das heißt, Mensch und Tier werden eingeäschert. Das geschieht getrennt im Human- und im Tierkrematorium.
Kann man sich auch mit mehreren Haustieren bestatten lassen?
Judith Könsgen: Ja. Wir haben zwei verschiedene Grabarten. Das „Freundschaftsgrab“ bietet Platz für sechs Urnen, das „Familiengrab“ für zwölf.
Angenommen, das Herrchen stirbt vor seinem Haustier. Was passiert dann mit dem tierischen Freund?
Judith Könsgen: Man sollte frühzeitig klären, wer sich um das Tier kümmert, wenn man tot ist. Und diese Person sollte auch den Wunsch kennen, dass das Tier, wenn es dann auch stirbt, mit in dem Gemeinschaftsgrab beerdigt werden soll. Das sollte man nicht nur im Testament festsetzen, weil dieses meist erst nach der Beisetzung geöffnet wird.
Zu Kritik an gemeinsamem Grab: "Klare Unterschiede zwischen Mensch und Tier"
Und wenn das Tier vor dem Herrchen stirbt...
Judith Könsgen: Dann kann es entweder bereits beigesetzt werden oder man bewahrt die Urne zu Hause auf. Ganz so, wie man es möchte. Ein Gemeinschaftsgrab können sich Interessierte schon zu Lebzeiten kaufen, ohne dass die Ruhezeit bereits angebrochen wird. Die beginnt mit der ersten Beisetzung.
Wie gestaltet man ein solches Gemeinschaftsgrab?
Judith Könsgen: Bei dem Freundschaftsgrab übernimmt die Deutsche Friedhofsgesellschaft die Bepflanzung und Gestaltung und auch die Grabpflege. Da gibt es keine individuellen Möglichkeiten der Gestaltung. Es handelt sich um eine Art Gräberfeld, an dessen Rand Trauerstehlen vorhanden sind, an die die Namen der Verstorbenen angebracht werden können. Ein Familiengrab kann man hingegen frei gestalten, auch mit einem Grabstein und einer Grabumrandung.
Kann man sich auch ohne Haustier auf Ihren Friedhöfen begraben lassen?
Judith Könsgen: Auch das geht. Aber wir würden niemals den gemeinsamen Mensch-Tier-Friedhof in einen herkömmlichen Friedhof integrieren. Manche Menschen sind zwar sehr tierlieb, wollen aber vielleicht trotzdem dort ihre letzte Ruhe finden, wo Tiere nicht beigesetzt werden. Das muss man respektieren. Es soll sich niemand gestört fühlen.
Gibt es auch Kritik an diesem Friedhofsmodell?
Judith Könsgen: Ein Vertreter der katholischen Kirche hat kritisiert, dass wir Mensch und Tier auf die gleiche Stufe stellen würden. Aber das stimmt nicht, wir machen da klare Unterschiede. Die Abschiedszeremonie für das Tier findet zum Beispiel nicht in einer Kirche statt.
Interview: Claudia Hamburger