Brandbrief: G7-Gipfel ist für viele Händler "wie die Pest"
Im Juni beginnt der G7-Gipfel 2015 auf Schloss Elmau. Die Läden leiden nach eigenen Angaben unter den vielen Polizisten und Vorbereitungen. Sie fordern Umsatzeinbußen zurück.
Man stelle sich vor: Eine Epidemie hat Garmisch-Partenkirchen heimgesucht. Die Straßen sind leer, Restaurants und Cafés haben am hellichten Tag geschlossen, hier und da steht ein Bewaffneter. Das klingt vielleicht nach einer Szene aus einem Horrorfilm, doch genau so beschreibt Michaela Nelhiebel derzeit ihre Heimat. Natürlich steckt keine Epidemie dahinter. Grund für dieses triste Bild ist der G7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen.
Am Sonntag, 7. Juni, startet das Treffen der "Gruppe der 7", doch schon jetzt seien die Straßen voll von Polizisten. "Seit zwei Wochen belegen sie rund 3000 Gästebetten", sagt Michaela Nelhiebel. Sie ist Vorsitzende der Werbegemeinschaft und betrachtet den G7-Gipfel und seine Folgen für Händler in Garmisch.
Belegte Betten sind eigentlich gut, aber die Gäste, die der G7-Gipfel in die Garmischer Betten bringt, sind aus Sicht der Werbegemeinschaft keine Guten. Sie bringen zwar Geld für die Übernachtungen ein, aber laut Nelhiebel zahlen sie keine Kurtaxe, gehen abends nicht essen und shoppen sowieso nicht. Am Pfingstwochenende werden 14.000 weitere Polizisten kommen.
G7-Polizisten werden mehr - Besucher werden weniger
Unterdessen würden die Besucher in Garmisch immer weniger. "Von Tag zu Tag werden die Straßen leerer", sagt Nelhiebel, "als wäre die Pest ausgebrochen". Immer neue Gerüchte und Nachrichten machen die Runde. 50 Strafverteidiger sind in die Bayernhalle gezogen, um die Demonstranten zu vertreten, die sich für den G7-Gipfel angekündigt haben.
Touristen tun sich so einen Aufruhr natürlich nicht freiwillig an. Aber auch Bürger aus Garmisch-Partenkirchen spüren die ersten Auswirkungen des G7-Gipfels. Sie müssen beispielsweise bei Ein- und Ausfahrten ihre Personalausweise zeigen. Michaele Nelhiebel hat ihren jetzt immer dabei.
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Braucht Garmisch-Partenkirchen den G7-Gipfel 2015 als Werbung?
Und warum das alles? Die Bayerische Staatsregierung hat den G7-Gipfel auf Schloss Elmau als Chance für die Region angekündigt, als eine "Empfehlung für den Tourismusstandort Bayern im Ganzen". Die Vorsitzende der Werbegemeinschaft ist anderer Meinung: "Wir haben Skispringen, wir müssen uns nicht so verkaufen."
Ganz im Gegenteil: Ihrer Meinung nach wird das Gipfeltreffen die ansässigen Betriebe Umsatz kosten. Schon jetzt hätten viele Restaurants geschlossen, weil einfach keine Besucher mehr kommen.
Wenn der G7-Gipfel erst mal richtig gestartet ist, würden weitere Läden schließen. Von der Werbegemeinschaft werden etwa die Hälfte der 150 Geschäfte schließen, erzählt Nelhiebel. Das müssten sie schon allein deshalb, weil Mitarbeiter von außerhalb nicht mehr zur Arbeit kommen könnten, sobald das Gipfeltreffen gestartet ist.
Der Veranstaltungskalender der Stadt bestätigt Nelhiebels Vermutung: Normalerweise ist er voll von Veranstaltungen, wie zum Beispiel "Musik am See". Doch Anfang Juni gibt es weder ein "BBQ auf der Seeterrasse" noch einen Kräuterrundgang. Auch Yoga im Kurpark scheint zu entfallen.
Werbegemeinschaft fordert mit einem Brandbrief Umsatzeinbußen zurück
Nun hat sich die Werbegemeinschaft mit einem Brandbrief an Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer und an einige Abgeordnete des Bayerischen Landtags gewandt. Sie wollen ein Zugeständnis, eine Art Wiedergutmachung für die Einnahmen, die ihnen verloren gehen.
Am Dienstag sollte diese Forderung im Bayerischen Landtag besprochen werden, doch die Tagesordnung war zu lang. Nelhiebel hofft, dass sie im Juni noch eine Antwort bekommt. "Wir wollen doch nur irgendeine Reaktion. So etwas wie: Wenn das und das passiert, könnte das und das die Entschädigung dafür sein."
Eine Mitarbeiterin des Landtags habe sie gefragt, wie man diese Umsatzeinbußen berechnen könnte. Man könnte die Umsätze aus verschiedenen Monaten vergleichen. So könnte man laut Nelhiebel auch herausfinden, ob der G7-Gipfel in den Wochen darauf positive Folgen für Garmisch-Partenkirchen hat. Bis sie vom Landtag etwas hört, wollen sie und ihre Kollegen "einfach weitermachen".
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