Der Name ist, so könnte man meinen, Programm genug: Alexander Graf Lambsdorff. Doch der Neffe des berühmten "Marktgrafen" Otto, der von 1977 bis 1982 in der sozialliberalen Koalition und anschließend bis 1984 in der christlich-liberalen Regierungsallianz die Wirtschaftspolitik prägte, weiß, dass die Marke Lambsdorff nicht mehr zieht, sondern stets neu erarbeitet werden muss.
Seit zehn Jahren sitzt der neue Lambsdorff im Europäischen Parlament. In diesen Wochen führt der 47-Jährige eine in ihrem Selbstvertrauen erschütterte FDP in die Europawahl, die nach dem Scheitern an der Hürde zum Bundestag wieder auferstehen will.
Alexander Graf Lambsdorff hat in Bonn in Washington studiert
„Der marktwirtschaftliche Ansatz der FDP unterscheidet uns von SPD und Grünen, der rechtsstaatliche von der Union, die in Europa mit Viktor Orban und Silvio Berlusconi paktiert“, umreißt er die liberale Position.
Lambsdorff punktet, manchmal sogar gegen den Trend für die eigene Partei. Der gebürtige Kölner studierte in Bonn und Washington und legte dort seine Masterprüfung mit einer Arbeit über faschistische Gruppen im Europa der 20er Jahre ab.
Einen weiteren Master erwarb er sich an der renommierten Georgetown University in Washington mit einer Arbeit über Handels- und Finanzfragen. Eine seiner Lehrerinnen war die spätere US-Außenministerin Madeleine Albright. Er arbeitete bei der Unternehmensberatung McKinsey, wechselte für die Friedrich-Naumann-Stiftung ins estnische Tallinn, wurde Diplomat, kehrte nach Washington zurück, dann nach Bonn, ehe er nach Straßburg ging.
Vom Diplomaten wurde Lambsdorff zum Politiker
Dort profilierte er sich als Außenpolitiker: Wahlbeobachtung in Afrika, Mitglied der Delegation für China, Besuche in der Ukraine, Russland und anderen Ost-Staaten. Ein Diplomat, der Politiker wurde, das gibt es nicht oft. Verbindlich ist er geblieben, aber mit klarer, unmissverständlicher Sprache. „Die große Koalition der Schnüffler ist am Ende“, schrieb der Chef der FDP-Gruppe im EU-Parlament zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen die Vorratsdatenspeicherung.
Doch das Geschäft des verheirateten, zweifachen Vaters, der sich im normalen Umgang übrigens ganz ohne Adels-Allüren mit „Herr Lambsdorff“ ansprechen lässt, ist hart. Dabei gehört er in der Europäischen Volksvertretung längst zu den Schwergewichten, geachtet, respektiert und als Gesprächspartner von allen Fraktionen gesucht.
Für seine Hobbys (Sport, Lesen, Reisen) bleibt nicht viel Zeit. Dabei träumt der Fan von Mozart, Beethoven, Bach und Blues-Musik auch in diesen hektischen Wahlkampf-Tagen oft von seinem Lieblingsurlaubsziel: „eine kleine Insel vor Spanien“.